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«Kryptowährungen werden noch weiter steigen»

«Kryptowährungen werden noch weiter steigen»
Kryptowährungen wie Bitcoin revolutionieren die Finanzwelt. Das dezentral verwaltete Geld ist aber nur ein Beispiel aus dem zukunftsträchtigen Fintech-Bereich.

von Yasmin Billeter

Prognosen von Expertinnen und Experten

Welche Neuerungen stehen im Bereich Finanztechnologie (Fintech) an? Der prominente Experte Spiros Margaris spricht in diesem Interview darüber, ob es in absehbarer Zeit keine Banken mehr geben wird – und welche Hoffnung er stattdessen in Fintechs setzt. Magisch sind für ihn im Fintech Fortschritte, welche die Gesellschaft vorwärtsbringen.

Herr Margaris, was ist in diesem Jahr im Bereich Fintech zu erwarten?

  • Es wird zu einer Konsolidierung in der Fintech-Branche kommen. Dies weil sich unter anderem der Wettbewerb um das Risikokapital verschärft und sich dieses auf weniger Investments fokussiert. Für Fintechs bedeutet dies, dass sie noch besser werden müssen. Auch das erfolgreiche Gründen von neuen Firmen wird schwieriger werden, da Investorinnen und Investoren höhere Ansprüche stellen.
  • Die grossen Fintechs werden jetzt noch marktbeherrschender: Zum Beispiel der Payment-Anbieter Stripe: Das Milliarden-Fintech strebt 2021 eine Bewertung von 75 bis 100 Milliarden an. Stripe ist einer der Schaufelverkäufer im Fintech-Zeitalter.
  • Die Fintech-Revolution steht noch am Anfang: in Europa sind wir im Kindergarten, in China in der Primarschule. Dies als Metapher für das Entwicklungspotenzial der Fintech-Branche.
  • Obwohl wir den Fintech-Markt kennen, kann es immer Überraschungen geben: Aus etwas Ähnlichem kann etwas anderes werden. Dies haben wir jüngst am Beispiel des Videoportals Tiktok erlebt: Tiktok ist ähnlich wie YouTube und doch anders – und erfolgreicher.

Und wie sehen Sie die Zukunft von Kryptowährungen wie Bitcoin?

Kryptowährungen und Bitcoin werden noch weiter steigen. Dies weil immer mehr Institutionelle wie Banken und Broker ins Geschäft einsteigen. Grosse Kursbewegungen wird es weiterhin geben – Volatilität liegt in der Natur des Investierens. Bei Digitalwährungen umso mehr. In einem bis drei Jahren sehe ich jedenfalls deutlich höhere Preise für Bitcoin und andere Kryptowährungen.

Was wird es in Ihrem Fachgebiet auch im kommenden Jahrzehnt noch nicht geben?

Dass Fintechs Banken komplett ersetzen, ist kurzfristig nicht zu erwarten. Fintechs benötigen Zeit für den Aufbau des Vertrauens, das Banken über Jahrzehnte – trotz allen Rückschlägen – aufgebaut haben. Es ist ähnlich wie beim Online-Shopping: Noch vor 20 Jahren konnte sich die Mehrheit nicht vorstellen, im Internet einzukaufen. Heute ist das ganz normal. Die Banken werden im nächsten Jahrzehnt substantiell schrumpfen. Viele werden aufgekauft oder verschwinden. Sicher ist, in zehn Jahren werden sie nicht mehr so aussehen wie heute.

Banken werden im nächsten Jahrzehnt substantiell schrumpfen.

Andere Nicht-Finanzdienstleister werden Finanzprodukte anbieten, sogenanntes «embedded finance». Zum Beispiel bietet Tesla heute schon eine Versicherung über sein eigenes Autoverkaufsprogramm an. Ein anderes Beispiel ist der amerikanische Einzelhandelsriese Walmart: dieser will und wird seinen Kunden Fintech-Lösungen anbieten. Die Möglichkeiten Finanzdienstleistung mit verschiedenen Industriezweigen zu kombinieren, sind noch ganz am Anfang. Jeder möchte eine «One-Stop-Shop-Destination» werden, mit anderen Worten: «Alles aus einer Hand». Das ist die Zukunft.

Worauf werden wir noch sehr lange warten müssen?

Dass wir keine Banken mehr haben. Doch in zehn bis zwanzig Jahren wird es sehr viel weniger Banken geben, da sich die Märkte an ein neues digitales Zeitalter angepasst haben. Die etablierten Finanzhäuser werden dann höchstens noch als sogenannte «dumb pipes» – also «dumme Leitungen» – in Erscheinung treten, über die andere ihre Umsätze machen.

Was ist der grösste Irrtum von Laiinnen und Laien in Ihrem Fachgebiet?

  • Dass für viele Fintech nur mit Blockchain assoziiert wird. Die einzige zurzeit erfolgreiche Anwendung von Blockchain im Fintech-Bereich sind Kryptowährungen. Ich betone hier, dass Blockchain ein riesiges Potential hat, aber noch keine Mainstream-Erfolgstory.

Ich bin kein Fan einer bargeldlosen Gesellschaft. Wenn wir es auf die Spitze treiben, werden wir ein Problem bekommen.

  • Dass Notengeld schlecht sei und eine «cashless society» wünschenswert. Ich bin kein Fan einer bargeldlosen Gesellschaft. Stellen Sie sich vor, wir hätten plötzlich keinen Strom für digitale Zahlungswege. Wenn wir dann kein Bargeld hätten, könnten wir uns keine Lebensmittel mehr kaufen. Es ist wie bei allem im Leben: Wenn wir es auf die Spitze treiben, werden wir ein Problem bekommen. Bargeld ist ein wichtiger Teil der Privatsphäre und wichtig, um zu überleben. Und ich darf hier nur kurz auf Covid-19 verweisen; denn wer hätte die Konsequenzen der Pandemie auf unser Leben so vorausgesagt. Ein grösserer Lieferausfall von Strom ist vielleicht für manche eine verrückte Annahme. Aber wir haben ja gesehen, dass Dinge passieren können, welche wir uns nicht hätten vorstellen können.

Was wird 2021 die grösste Knacknuss?

Die Konsolidierung der Fintechs in Zeiten von Covid-19: Die Corona-Krise wird die Konsolidierung in der Fintech-Branche zwar weiter vorantreiben. Die Leute werden aber weniger Geld haben, weniger ausgeben und weniger Fintech-Produkte und -Lösungen brauchen. Jene Fintech-Startups, die Lösungen und vor allem Einsparungen und Erleichterungen bieten, werden Marktanteile gewinnen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Thema und warum stehen Sie dafür ein?

Das ist die bisher schönste Frage! Fintech ermöglicht auch jenen Menschen den Zugriff auf Finanz-Produkte und -Lösungen, die bislang keine oder nur geringe Möglichkeiten dazu hatten. Zum Beispiel Menschen in Entwicklungsländern, die kein Bankkonto haben und Service benötigen, um ihr Geld zu transferieren. Es gibt auch arme Menschen in der entwickelten Welt, die «Unbanked» oder «Under-Banked» sind. Die aso keinen oder nur ungenügenden Zugang zu Finanzdienstleistungen finden. Und auch diese werden von Fintech-Lösungen profitieren.

Fintech wird dazu beitragen, die soziale Ungleichheit zu minimieren.

Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Dadurch, dass ich in der Schweiz aufgewachsen bin, wurde mir vieles ermöglicht. Deswegen möchte ich auch etwas zurückgeben. Für mich sind Dinge im Fintech magisch, die die Gesellschaft vorwärtsbringen. Ich glaube daran, dass Fintechs dazu beitragen werden, die soziale Ungleichheit zu minimieren. Und je mehr Menschen am Wohlstand teilhaben können, umso besser für uns alle. Ich glaube fest, dass dies das Vermächtnis von Fintech sein wird.

Zur Serie «Prognosen»: Expertinnen und Experten geben einen Ausblick auf Entwicklungen in ihrem Fachgebiet.
An unsere Leserinnen und Leser: Welche Prognosen machen Ihnen Freude oder Sorge? Welche Entwicklungen streben Sie im Bereich Fintech an?

Veröffentlicht: 18. Januar 2021

Spiros Magaris

Der Experte für Fintech: Spiros Margaris ist ein erfolgreicher Venture-Capital-Investor und Futurist. Er fungiert als Senior Berater für globale, innovationsfördernde Ökosysteme und aufstrebende Unternehmen: Darunter GENTWO, SparkLabs Group, mediastalker.ai, Canopy.rent und auch der F10 Fintech Incubator & Accelerator. Zudem ist Margaris in die Unicorns wefox Group und STC Pay involviert. Von Onalytica wurde er zur Nummer eins unter den internationalen Influencern in den Bereichen Fintech, Blockchain und Künstliche Intelligenz (Mai 2018) sowie zur Nummer eins unter den globalen Fintech-Influencern (Februar 2020) gekürt. Im August 2020 ernannte ihn Refinitiv (Thomson Reuters) zur globalen Nummer eins der «Finance Influencer». Er ist gefragter Keynote-Speaker auf internationalen Fintech- und Insurtech-Konferenzen und hielt auch schon einen TEDxAcademy Talk. Margaris war Keynote Speaker an der letzten Swiss Digital Finance Conference der Hochschule Luzern – Informatik.
www.margarisventures.com
Twitter: Spiros Margaris

Bilden Sie sich weiter: Diese Weiterbildungen bringen Sie in der Digitalisierung weiter:

Lesetipp: Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern publiziert jedes Jahr die IFZ Fintech Study. Die Studie bietet eine umfassende Übersicht zum Schweizer Fintech-Sektor.

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