Ein neues Leben für Matratzen
Bisher sind Matratzen kaum recyclebar. Joel Hügli arbeitet an einem Prototyp und an nachhaltigen Designrichtlinien, die neue Massstäbe setzen könnten.
In der Schweiz werden jährlich bis zu eine Millionen Matratzen entsorgt. Nicht eine einzige davon wird recycelt. Mit diesem Zustand will sich der Berner Joel Hügli nicht abfinden. In Zusammenarbeit mit dem Hersteller Roviva und mit Unterstützung der Ikea Stiftung Schweiz arbeitet er daran, einen Prototyp herzustellen, dessen Materialien recycelbar sind. «Ein Produkt wird ökologischer, wenn es entweder in einer anderen Funktion neu genutzt oder wenn es repariert werden kann, um seine Lebensdauer zu verlängern», erklärt der 29-Jährige, «oder wenn seine Materialien recycelt werden können». Für seine Masterarbeit mit Schwerpunkt Produktdesign und Nachhaltigkeit hat er Interviews mit Rohstoffverarbeitern, Matratzenherstellern, Wäschereien, Endkunden und Betreibern von Kehrichtverbrennungsanlagen geführt und mit diesen Akteuren entlang der ganzen Wertschöpfungskette Lösungsansätze entwickelt.
Die Erkenntnis: Das Herstellen einer recyclingfähigen Matratze ist möglich. Es braucht aber besseres Produktdesign und passende Unterhalts- und Recyclingdienstleistungen. Die Matratzenhülle besteht meist aus mehreren Stoffen und könnte zum Beispiel wieder zu Fasern verarbeitet werden. Der Matratzenkern wiederum besteht entweder aus Schaumstoff, aus Federkernen, aus einem Hybrid aus beiden Varianten oder – zu einem ganz kleinen Teil – aus Latex, Wolle, Baumwolle, Rosshaar oder anderen Naturmaterialien. «Das Problem ist der grosse Materialmix und der Schaumstoff – hier ist ein Recyceln schwierig. Weil die Produkte miteinander verleimt und verklebt werden, ist es schwierig, sie nach Gebrauch auseinanderzunehmen und wieder zu verwerten.» Lediglich die Federkerne bestehen meist aus einer einfach trennbaren Kombination von Textil und Metall und könnten daher viel leichter wiederverwertet werden. «Die Matratzen, die in der Schweiz hergestellt werden, sind zwar von hoher Qualität, aber deshalb nur noch komplizierter miteinander verschachtelt und verklebt», sagt Hügli.
Sein Prototyp soll aus wenigen Materialien und Komponenten hergestellt werden, die weniger komplex zusammengefügt und leicht wieder voneinander getrennt und ersetzt werden können. Auf Schaumstoff-Module wird ganz verzichtet. So muss man etwa nach den empfohlenen acht bis zehn Jahren Nutzung nicht die Matratze wegschmeissen, sondern kann nur die obere Schicht ersetzen. «Wenn sie der Hersteller anpassen und reparieren könnte, würde das auch die Kundenbindung erhöhen», sagt Hügli. Nach Abschluss seines Masterstudiums möchte er als selbstständiger Produktdesigner weiter daran arbeiten, Matratzen nachhaltiger zu machen. Schon jetzt beschäftigt er sich mit einem 60-Prozent-Pensum in der Forschungsgruppe «Produkt und Textil» des Departments Design Film Kunst vor allem mit Nachhaltigkeits-Themen.
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