«Manchmal reichen kleine Veränderungen.»
Mariana Meier wollte wissen, wie es den Assistenzärzt:innen im Spital wirklich geht – und hat eine Bachelorarbeit geschrieben, die den Nerv trifft. Sie verbindet Recherche, Gestaltung und konkrete Veränderungsvorschläge. Was als theoretisches Projekt begann, wird heute für dasKantonsspital Olten weiterentwickelt und könnte den Klinikalltag nachhaltig verbessern.

Zwischen Überlastung und Sinn
Im Zentrum der Arbeit standen qualitative Interviews, eine dreitägige Hospitation und ein interaktives Tagebuch, das die Ärzt:innen ausfüllten. «Zuerst war ich ziemlich nervös, ich wollte ihnen keine zusätzliche Last in ihrem ohnehin schon stressigen Alltag sein», erinnert sich Mariana. Ihr war klar: Der Klinikalltag ist geprägt von Multitasking, Zeitdruck und einer kaum planbaren Aufgabenflut. Viele berichteten, dass Dokumentationsarbeit am Computer oft mehr Raum einnimmt als der Kontakt zu Patient:innen.
Und trotz dieser Umstände sei die Begeisterung und Leidenschaft für ihre Arbeit sehr spürbar gewesen. Begeisterung für das Team, für das Lernen, für die sinnstiftende Arbeit mit Menschen. «Diese Ambivalenz war für mich sehr prägend», sagt Mariana. «Und sie zeigt, dass es nicht um radikale Veränderungen gehen muss, sondern um gezielte Entlastung und Raum für das, was Ärzt:innen Kraft gibt.»
Aus ihren Recherchen entwickelte sie neun konkrete Interventionen. Zu Projektbeginn dachte sie noch, dass diese Interventionen in der Theorie verbleiben würden – doch es kam anders.

Zwischen Erkenntnis und Wirkung
Heute arbeitet Mariana bei Nurana, einem Unternehmen mit dem Ziel, Arbeitsorte so zu gestalten, dass Menschen sich wohlfühlen, unterstützt werden und gemeinsam sinnstiftende Wirkung entfalten. Dort entwickelt sie ihr Projekt methodisch und inhaltlich weiter und kann ihre Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Olten fortsetzen. Geplant ist, die vorgeschlagenen Massnahmen tatsächlich umzusetzen. Dazu gehört etwa die Rolle des Runners, der in Spitzenzeiten administrative Aufgaben übernimmt. Weitere Massnahmen sind kurze Achtsamkeitspausen im Team oder Austauschformate wie ein interprofessionelles Café oder Co-Design-Workshops. «Meine wichtigste Erkenntnis war: Schon kleine Momente zum Durchatmen können einen grossen Unterschied machen. Wenn es denjenigen besser geht, die für andere sorgen, profitieren letztlich auch die Patient:innen.»
Parallel arbeitet Mariana auch bei Cometas, einem Unternehmen für E-Learning-Systeme. «Das Tolle ist: Die beiden Tätigkeiten beeinflussen sich gegenseitig. In der einen lerne ich viel über komplexe Systeme, in der anderen entwickle ich gestalterische Lösungen.»
Aus ihrem Bachelorprojekt hat sie auch für sich persönlich viel mitgenommen. «Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, aktiv auf Menschen zuzugehen, mit ihnen zu sprechen, sie wirklich zu verstehen. Beim nächsten Mal würde ich früher und gezielter auch Stakeholder aus Politik, Verwaltung und Management einbeziehen – dadurch lassen sich umfassendere Perspektiven gewinnen und praxisnähere Lösungen entwickeln.» Gleichzeitig sei sie sich heute ihrer eigenen Rolle bewusster: «Ich habe gelernt, mehr mir selbst zu vertrauen, und mich eher zu trauen, Dinge einfach anzustossen.»
Von der Einzelarbeit zur breiten Anwendung
Theoretisch kann der von Mariana entwickelte Recherche- und Gestaltungsprozess auch in anderen Branchen angewendet werden. Die Interventionen würden dabei unterschiedlich aussehen, doch der Zugang bliebe gleich: «Es geht darum, wie man den Bedarf erkennen und daraus gemeinsam mit den Beteiligten passende Massnahmen entwickeln kann.»

Design kann dabei eine zentrale Rolle spielen, gerade im Gesundheitsbereich, ist Mariana überzeugt: «Design hilft, zwischen den vielen beteiligten Akteur:innen zu vermitteln, Komplexität sichtbar zu machen und echte Beziehungen aufzubauen. Viele Entscheider:innen in der Politik wissen zum Beispiel schlicht nicht, wie der Alltag im Spital aussieht. Wenn wir diese Lücke schliessen können, ist viel gewonnen.»
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