Pigmente Prozesse Perspektiven
Im Raum für Farben an der Hochschule Luzern – Design Film Kunst wird Farbe gemischt, ausprobiert, hinterfragt. Studierende arbeiten mit traditionellen Techniken und neuen Materialien, riechen, sehen, spüren und tauchen in Prozesse ein, die Zeit brauchen. Werkstattleiter Ray Hegelbach begleitet sie dabei und will Raum schaffen für Austausch, Erfahrung und die Frage, wie Farbe mehr sein kann als ein Medium.

Ray Hegelbach leitet die Werkstatt «Raum für Farben».
Durch die deckenhohen Fenster fallen vereinzelte Sonnenstrahlen. Büchsen klappern, Malschürzen rascheln, leise Gespräche hallen durch den Raum. Der Duft von Leinöl, Holz und Farbpigmenten liegt in der Luft. Farbflecken bedecken die Arbeitsflächen – Spuren von Experimenten, Übungen, Ideen.
Hier, im Raum für Farben an der Hochschule Luzern – Design Film Kunst, können Studierende eigene Farben herstellen, traditionelle Maltechniken ausprobieren oder mit neuen Materialien forschen. Farbe ist nicht nur Medium – sie ist das Thema. Im Zentrum steht das Wissen um ihre Zusammensetzung, Geschichte, Wirkung und Anwendung. Und genau dieses Wissen will Werkstattleiter Ray Hegelbach weitergeben und zugänglich machen.
Von Luzern nach Oslo – und zurück
Ray kennt diesen Raum noch aus seiner eigenen Studienzeit. Zwischen 2006 und 2009 studierte er Illustration Fiction an der Hochschule Luzern und entdeckte dort die Malerei für sich. «Das Malerei-Modul mit Rachel Lumsden und Peter Rösch hat mir eine neue Welt eröffnet», erinnert er sich. Es zog ihn für ein Semester nach Wien an die Angewandte, später für zehn Jahre nach Oslo. Dort gründete er mit drei Kolleginnen eine Galerie, die schnell zu einem Knotenpunkt für den lokalen Kunstaustausch wurde. «Es war spannend, so tief in die skandinavische Kunstszene eintauchen zu können», sagt er.

2017 begann er dann im Studienbereich IDA (Interdisciplinarity in Design and Arts) der Hochschule Luzern – dem heutigen +Colabor – Malerei zu unterrichten. Ray erinnert sich: «Es war speziell, dasjenige Modul zu betreuen, das mich ursprünglich auf meinen Weg zur Malerei gebracht hatte. Ausserdem konnte ich zusammen mit meiner damaligen Dozentin Rachel Lumsden unterrichten.»
2024 übernahm Ray den Raum für Farben von Anita Wanner, die ihn über fünfzehn Jahre geprägt hatte. «Wir kommen aus unterschiedlichen Richtungen», sagt Ray. «Anita war Restauratorin, brachte also ein tiefes Fachwissen mit. Dadurch ging sie den Raum aus einer anderen Perspektive an, als ich mit meiner künstlerischen Praxis in der Malerei. Das hat mich beeindruckt und ich bin ihr extrem dankbar für ihre Expertise. Ihre Arbeit bietet eine fantastische Grundlage, um damit in neuen Formaten weiterzuarbeiten.»
Ray übernahm den Raum für Farben von Anita Wanner und entwickelt ihn seither
auf ihrer Grundlage weiter.
EIN RAUM WIE KEIN ANDERER
Was Ray am Raum fasziniert, ist seine Einzigartigkeit. «Keine andere Hochschule in der Schweiz bietet eine solch umfassende Pigmentsammlung. Darum sind wir Mitglied des Material-Archivs – das ist ein riesiger Schatz.» Das Material-Archiv ist ein Projekt mehrerer Schweizer Institutionen – eine analoge und digitale Brücke zwischen Materialwissen, Gestaltung und Forschung.
«Ein Pigment auf Leinen wirkt anders als auf Holz oder Papier. Wer das erleben will, muss es selbst mischen, auftragen, beobachten. Der Raum für Farben macht das möglich», erzählt Ray. Studierende kommen punktuell oder regelmässig, manche kurz, andere intensiv – aber immer aus Interesse.

Zwischen Pigmentgläsern und Leinwänden finden sich im Raum für Farben auch die von Ray gestalteten Poster der Gesprächsreihe Secret Recipes.
Ray möchte, dass der Raum noch mehr zu einem Ort des Austauschs wird. «Ich habe mich gefragt: Wie gestalte ich den Wissenstransfer?»
Die Antwort heisst Secret Recipes – eine offene Gesprächsreihe, bei der Studierende, Dozierende und Gäste ihre Farbrezepte oder Techniken teilen. Nicht frontal, sondern gemeinsam. Diskutieren, beobachten, ausprobieren. «Beim letzten Treffen mit dem Künstler Reto Müller war das gleich spürbar. Da entsteht etwas – ganz direkt, ganz analog.»
Dabei müssen die Gäste nicht unbedingt aus der Malerei kommen. Es geht vielmehr um ihre Arbeitsprozesse und wie sie die in der Werkstatt vorhandenen Materialien und Farben nutzen.
Doch Ray denkt weiter. «Ideal wäre, wenn wir den Raum ein wenig ausbauen könnten, um Platz für kontinuierliche Arbeit zu schaffen – denn Malerei ist ein Medium, das Zeit braucht.» Da der Platz begrenzt ist, würden viele Studierende den Raum vor allem für kurze, experimentelle Phasen nutzen, um anschliessend an anderen Orten weiterzuarbeiten. «Ich sehe Potenzial darin, wenn der Raum noch mehr als Atelier begriffen wird. Ein Ort, an dem man wirklich verweilen und sich vertiefen kann. Ein Ort, andem man seine Projekte über längere Zeit ausarbeiten kann.»

Für ihn ist klar:
Der Raum für Farben ist mehr als eine Werkstatt.
Es ist ein Erfahrungsraum.
Ein Ort, an dem Gestaltung körperlich wird, fassbar, forschend.
Und an dem sich eine Frage immer wieder neu stellt: Wie wollen wir mit Material, Wissen und Ideen umgehen?
Wer hier arbeitet, findet keine schnellen Antworten – aber viele spannende Prozesse. Und zwischen Pinselstrichen und Pigmentproben auch neue Perspektiven.
Der Raum für Farben bleibt in Bewegung –
wie die Pigmente, mit denen in ihm gearbeitet wird.
Material – Archiv
Materialien verstehen und verantwortungsvoll nutzen
Das Material-Archiv ist ein Netzwerk von zehn Schweizer Bildungs- und Kulturinstitutionen – darunter die Hochschule Luzern – Design Film Kunst. Es verbindet analoge Sammlungen mit der digitalen Wissensplattform materialarchiv.ch, die Informationen zu über 1500 Materialien, 140 Materialgruppen und zahlreichen Anwendungen bereitstellt.
Die Plattform bietet fundiertes Wissen zu Werkstoffen, ihrer Verarbeitung sowie ihrem gesellschaftlichen, gestalterischen und forschungsbezogenen Kontext. Die Inhalte werden von Fachpersonen geprüft, regelmässig überarbeitet und verständlich aufbereitet.
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