20. Juni 2019

Business Intelligence / Analytics,

Risikomanagement

Erfolgsfaktor Mensch im Enterprise Risk Management – Teil 10: Hidden Profile

Erfolgsfaktor Mensch im Enterprise Risk Management – Teil 10: Hidden Profile


von Prof. Dr. Stefan Hunziker, Professor für Enterprise Risk Management und Internal Control, und Marcel Fallegger, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

Fokussiert sich Ihr Unternehmen auf die richtigen Risiken? Und schätzen Ihre Entscheidungsträger diese so ein, wie sie in Wirklichkeit sind? Diese Fragen gehören zum modernen Enterprise Risk Management (ERM). Dessen Aktivitäten sind nämlich anfällig für kognitive und gruppenspezifische Verzerrungseffekte. Welche dieser Verzerrungen Risk Manager verstehen müssen und wie sich diese in der Praxis effektiv reduzieren lassen, diskutiert eine zehnteilige Blogserie.

Entscheidungsträger stützen sich bei Risikoabwägungen oft auf eine Kombination aus Daten, Wissen und Erfahrung. Ob bewusst oder nicht, verlässt sich unser Gehirn dabei auf unbewusste psychologische Vorurteile. Letztere beeinflussen die Risikobeurteilung und haben damit wesentliche Auswirkungen auf die Erstellung und Abschätzung von Risikoszenarien. Verzerrte Szenarien können dazu führen, dass suboptimale oder gar fatale Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden.

In der heutigen VUCA-Welt stellen solche Verzerrungseffekte, wenn sie nicht aktiv gesteuert werden, selbst ein Risiko für Unternehmen dar. Im Rahmen dieser Blogserie stellen wir 10 für das ERM zentrale kognitive und gruppenspezifische Verzerrungen dar. Im zehnten und letzten Teil geht es um das Hidden Profile.

Was wird unter dem Hidden Profile verstanden?

Werden Risiken in Gruppen identifiziert, können gruppenspezifische Faktoren den ERM-Prozess beeinflussen. Unter anderem gelingt es Gruppen selten, alle verfügbaren und relevanten Informationen über Risiken auszutauschen. Dies betrifft insbesondere Informationen, die nur einzelnen Personen bekannt sind. Dieses Phänomen wird unter dem Begriff «Hidden Profile» diskutiert und basiert auf den Untersuchungen von Stasser und Titus (1985).

Die Forscher bildeten Gruppen aus vier Studierenden und gaben den Teams konvergente und divergente Informationen. Die Studierenden sollten mithilfe der erhaltenen Informationen zu einem korrekten Ergebnis kommen. Dies war jedoch nur möglich, wenn sie alle Informationen, die sie erhielten, mit den anderen Gruppen teilten. Es zeigte sich, dass zwar konvergente Informationen ausgetauscht und diskutiert wurden, unterschiedliche Informationen jedoch oft unerwähnt blieben.

Wie lässt sich dem Hidden Profile entgegenwirken?

Es gibt verschiedene Strategien, um das «Hidden Profile» zu reduzieren. Sich dieser Verzerrung als Risk Manager bewusst sein: Damit werden die Grundvoraussetzungen geschaffen, um das Phänomen gezielt zu verringern. Vermeiden Sie zudem Hierarchien: Vor allem Menschen mit niedrigem Status neigen dazu, ihr Fachwissen zurückzuhalten. Personen mit hohem Status sollten sich daher zunächst mit ihren eigenen Einschätzungen zurückhalten, um allen Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten mit der Gruppe zu teilen.

Zuerst suchen und sammeln, dann Informationen auswerten: Dadurch wird verhindert, dass Informationen, die von Bedeutung sein könnten, direkt abgewertet werden. Schliesslich gilt es auch die Expertise der Beteiligten transparent zu machen. Damit wird deutlich, dass aufgrund ihrer Fachkenntnisse unterschiedliche Meinungen zu erwarten sind. Darüber hinaus können die einzelnen Teilnehmenden direkt zu ihren Expertenbewertungen befragt werden.

Wo finde ich weitere Informationen zum Hidden Profile?

Eine umfassende Auseinandersetzung mit den wichtigsten Verzerrungseffekten im Risk Management wird zudem im Lehrbuch Enterprise Risk Management – Balancing Risk and Reward von Prof. Dr. Stefan Hunziker im Herbst 2019 bei Springer Gabler erscheinen.

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