20. Oktober 2022

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Kennzahlen für ein aussagekräftiges Inflations-Controlling

Kennzahlen für ein aussagekräftiges Inflations-Controlling

Interview von Prof. Dr. Ulrich Egle, Dozent und Projektleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ an der Hochschule Luzern mit Prof. Dr. Ingo Cassack, Referent beim Seminar «Inflations-Controlling» am Mittwoch, 26. Oktober 2022 am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern in Rotkreuz.

Prof. Dr. Ingo Cassack ist seit März 2020 Professor für BWL, Rechnungswesen und Controlling an der Hochschule Zittau/Görlitz und dem Internationalen Hochschulinstitut (IHI) der TU Dresden. Ingo Cassack verfügt über langjährige Erfahrungen als CFO und Controller bei internationalen Unternehmen:

Prof. Dr. Ingo Cassack, Hochschule Zittau/Görlitz und Internationales Hochschulinstitut TU Dresden

Ulrich Egle: Die Inflation treibt die Kosten der Unternehmen auf Höchststände. Doch nur wenige können die Preise ausreichend an die Kunden weitergeben. Mit welchen Massnahmen kann man aus Deiner Sicht und mit Deiner langjährigen Erfahrung gegensteuern?

Ingo Cassack: Es ist in der Tat eine vielschichtige Herausforderung. Nach Jahren der hohen Preisstabilität bringt die Inflation Aufgaben ins Blickfeld, die länger nicht im Fokus standen. Primäreffekte sind Preiserhöhung auf der Einkaufseite, Schwankungen bei Wechselkursen und Zinssteigerungen. Insgesamt lässt sich eine Erhöhung der Unsicherheit feststellen.

Im Vertrieb sollten zeitnah Preiserhöhung durchgeführt werden. Generell gilt, dass Preissenkungen einmalig und dann in grossen Schritten und (inflationsbedingte) Preiserhöhungen regelmässig (z. B. halbjährlich) in kleineren Schritten durchgeführt werden sollten. Auch sind «Eckprodukte», die einfacher vergleichbar sind, natürlich sensibler zu bepreisen, als stark differenzierte Produkte oder Dienstleistungen.

Auf der Einkaufseite stecken viele Unternehmen natürlich noch in dem Dilemma, dass die Verfügbarkeit noch nicht wieder vollkommen hergestellt ist. Zur Vermeidung von hohen Kostensteigerungen ist eine Entwicklung von neuen Lieferanten strategisch wichtig. Kennzahlen zur Anzahl von Lieferanten für wichtige Vorprodukte können in ein Cockpit eingebaut werden. Bei «Single Sourcing» können dann konkrete Massnahmen erfolgen. Sonst zahlen Unternehmen für harte, kurzfristige Verhandlungen mit geringeren Preissteigerungen mittel- und langfristig einen hohen Preis.

Ulrich Egle: Wie navigiert man als Controller ein Unternehmen erfolgreich durch die Inflation?

Ingo Cassack: Viele multinationale Unternehmen können sich dabei aus einem breiten Erfahrungsschatz bedienen. Ich habe als junger Leiter Controlling Führungserfahrung in Südamerika gesammelt. Die Herausforderungen der Inflation waren dort immer mehr oder weniger präsent. Ich bin sicher, dass das Wissen zur Steuerung in vielen grösseren Unternehmen vorhanden ist. Und auch kleinere Unternehmen können von den Erfahrungen aus Brasilien, Argentinien, Südafrika lernen.

In Brasilien war und ist es üblich in Verträgen Inflationsindizes einzubauen. Diese Kennzahlen können aus meiner Sicht auch gut in Mitteleuropa z. B. für personalintensive Dienstleistungen genutzt werden. Wartungsverträge können z. B. für Deutschland einen offiziellen Verbraucherpreisindex nutzen (z. B. gemäss Statistisches Bundesamt).

Aus meiner Sicht gehört auch die Wechselkursentwicklung gerade bei exportabhängigen Unternehmen (wieder) als Kennzahl in jedes Cockpit. Eine Hedging-Policy kann so z. B. festlegen, dass rollierend 80% des «Exposures» abzusichern sind. Einige Unternehmen nutzen dabei eine Quotierung (z. B. jedes 3. Quartal zum 5. Arbeitstages des Monats), um Ausschläge zu vermeiden. Dieses Vorgehen erscheint mir sehr rational und pragmatisch.

Natürlich muss ein Unternehmen vorher zunächst für das Ist und die Planung berechnen, wie hoch das Exposure bzw. die Nettobelastung ist. Dies stellt für einige Unternehmen oft schon eine Herausforderung dar, wenn z. B. Dollar-Kosten und Dollar-Umsätze sehr stark schwanken. Aus meiner Erfahrung gilt hier aber: «Lieber ungefähr richtig, als gar nicht».

Ulrich Egle: Wo setzt Du Deinen inhaltlichen Schwerpunkt beim Seminar «Inflations-Controlling»?

Ingo Cassack: “What gets measured, gets done.” Aus meiner Sicht geht es beim Inflations-Controlling darum, Kennzahlensysteme gezielt zu ergänzen. Natürlich sind oft primäre Effekte im Vordergrund. Wie können Preise erhöht sowie Personal- und Einkaufskosten „im Griff“ gehalten werden. Daneben geht es aber auch um sekundäre Effekte. Die Inflation führt zu Wechselkursveränderungen. So können die Gewinne in Fremdwährung gleich hoch wie geplant sein, aber durch eine Translation in eigener Währung niedriger ausfallen. Dies gilt es durch Sensitivitätsanalysen proaktiv aufzuzeigen. Anhand meiner langjährigen internationalen Erfahrung möchte ich den Teilnehmenden konkrete Beispiele beim Umgang mit der Inflation aufzeigen. Ich freue mich auf den Austausch mit den Teilnehmenden.

Ingo, vielen herzlichen Dank für Deine spannenden Antworten. Wir freuen uns sehr auf weitere interessante Ausführungen beim Seminar «Inflations-Controlling» am Mittwoch, 26.10.2022 am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ in Rotkreuz.

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