26. Juli 2017

Weiterbildung

Buchrezension: «Follower» von Eugen Ruge

Buchrezension: «Follower» von Eugen Ruge

Der Roman «Follower» taucht ein in die Zukunft von 2055. Der Hauptcharakter kämpft sich durch eine digitalisierte Welt, die vollständig die Kontrolle über den Menschen angenommen hat. Die Erzählweise – 14 Sätze in 14 Kapitel – ist einzigartig aber perfekt um die Hektik der digitalen Welt zu spüren. Das Buch ist nicht für jeden geeignet aber durchaus lesenswert.

*Quelle: http://ikm-hslu.ch/omm-blog, 17. April 2017.

Die Handlung

Die äussere Handlung des Romans ist überschaubar. Hauptcharakter der Geschichte ist der 39-jährige Nio Schulz. Zum Zeitpunkt der Geschichte – die im Jahre 2055 spielt – befindet er sich in China. Sein Auftrag ist es, die neuste Geschäftsidee seiner Firma zu vermarkten: True barefoot running, wahres Barfusslaufen. Doch auf dem Weg zu seinem Geschäftstermin, verschwindet er unterwegs vom Radar der Überwachungsbehörden.

Da der Zeitumfang im Roman auf einen einzelnen Tag im September 2055 beschränkt ist, spielt diese äussere Handlung aber keine allzu grosse Rolle. Viel wichtiger sind die Details und Erlebnisse von Nio Schulz an diesem Tag. Er lebt nämlich in einer Welt die von Big Data und hochtechnologischen Erfindungen geprägt ist. Für Nio Schulz ist dies Alltag. Für den Leser unserer Zeit eine komplett andere Welt. Digitalisiert, bewundernswert aber auch ungreifbar.

Stolpert man zu Beginn noch über den Zusatz des Buchtitels, ergibt sich sein Sinn ziemlich rasch. Vierzehn Sätze über einen fiktiven Enkel lautet die Ergänzung. Das Buch von Eugen Ruge umfasst nämlich vierzehn Kapitel wobei jedes Kapitel aus nur einem einzigen Satz besteht. Nur kurz wird diese Hauptgeschichte mit einer Vorgeschichte unterbrochen. Der Vorgeschichte vom Urknall über die wahre Lebensgeschichte des Autors E. Ruge bis hin zum fiktiven Enkel Nio Schulz. Womit sich der Kreis zum Hauptcharakter wieder schliesst.

Digital um jeden Preis?

Die gewählte Erzählweise – ein Satz pro Kapitel – erweckt beim Leser schnell die gewünschte Wirkung. Das Thema «Digitale Welt» wird so nicht nur gelesen sondern auch direkt spürbar. Die einzigartige Erzählweise gibt dem Leser ein deutliches Gefühl dieser hektischen Welt, einer Welt die ohne digitale Medien und technologisch hochentwickelten Wesen nicht mehr funktionieren würde. Alles spielt sich sekundenschnell ab und Nio Schulz weiss bereits mit seinen 39 Jahren nicht mehr, ob er dieser Welt folgen kann.

So ist zum Beispiel die Vorstellung der Sperrung seines persönlichen Accounts, eine Katastrophe für Nio Schulz:

«[…] was zur Folge hatte, dass sich in den nächsten Sekunden in Schulz’ Kopf das komplette Horrorszenario der Totalsperrung seine Accounts abspielte, […] um alles, was verlorenginge, […] nicht nur sein Kalender und seine Kontakte, sondern es war ein hochkomplexes und persönliches System, alle Apps und Settings, vom Begrüssungsjingle bis zur Nachrichtenübersicht, […] sogar die Aufwachstimmung F1, die er nie wieder rekonstruieren könnte, tauche in diesem Szenario auf […] [und das] kam ihm vor wie eine Amputation, als würde man ihm einen Teil seiner selbst abschneiden […]» (Buchzitat)

Dieses Gefühl der digitalen Ohnmacht und gleichzeitigen Bewunderung über den Fortschritt der Menschheit, wiederspiegelt sich im gesamten Buch. In diesem Szenario von 2055 ist es normal, dass Männer die Kinder zur Welt bringen oder dass eine Glass (eine Art digitale Brille) alle Tweets und Inbox Nachrichten direkt vor dem Auge wiedergibt. Gleichzeitig kämpft Schulz mit dieser unausweichlichen Informationsflut und der Überwachung des Systems.

Es stellt sich dem Leser bald die Frage: Soll die Digitalisierung um jeden Preis vorangetrieben werden? Ist diese Welt von Nio Schulz reine Fiktion oder mögliche Zukunft – oder gar ein übertriebenes Abbild von heute? Denn es gibt durchaus Parallelen zu unserer Gesellschaft und wirft Fragen auf, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen.

Für wen ist das Buch geeignet

Das Buch eignet sich klar für Fans von digitalen Zukunftsszenarien. Auch Lesern die ein neues, ganz anderes Leseerlebnis suchen, ist das Buch zu empfehlen. Es gibt den Einblick in eine überspitze Zukunftsversion von heute. Alles ist digitalisiert, Menschen sind mittels Gentechnologie leicht veränderbar und alles scheint selbstverständlich.

Allerdings ist es kein Buch, das sich als entspannende Lektüre für den Liegestuhl eignet. Dafür ist die gewählte Erzählweise zu fordernd und benötigt volle Aufmerksamkeit. Auch liefert das Buch keine Lösungsansätze, wie wir heute die Digitalisierung vorantreiben können – oder sollen.

Rezensionen mit anderen Ansichten zu «Follower»

An dieser Stelle möchte ich es nicht unterlassen, auf andere Buchrezensionen zum Roman von Eugen Ruge hinzuweisen. Diese eröffnen nochmals ganz neue Ansichten und Meinungen zum Buch:

Das Buch ist nicht für jedermann geeignet, aber durchaus lesenswert. Interessierte können das Buch unter anderem beim Orell Füssli Verlag direkt online bestellen.

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