7. Dezember 2020

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Schweizer Bauforum: Nachhaltig bauen – Wunsch und Wirklichkeit

Schweizer Bauforum: Nachhaltig bauen – Wunsch und Wirklichkeit

Nachhaltiges Bauen im Reality-Check – was wurde geplant und was hat sich in der Praxis bewährt? Mit diesem Thema beschäftigte sich das Schweizer Bauforum 2020, bei dem 120 Bau- und Immobilienfachleute zu einer Online-Konferenz in die Suurstoffi in Rotkreuz eingeladen wurden.

Die Stadt Zürich muss ihre Anstrengungen «massiv verstärken», wenn sie das Ziel von Netto Null CO2-Ausstoss erreichen will, wie Katrin Gügler, Direktorin des Amtes für Städtebau der Stadt Zürich, am Schweizer Bauforum ausführte. Das fand am Mittwoch, 18. November 2020, in einer Online-Variante vor 120 Bau- und Immobilienfachleuten statt. Es wird veranstaltet vom Institut für Gebäudetechnik und Energie IGE und vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS).

Die Anforderungen an die Baubranche, den Ausstoss schädlicher Klimagase zu drosseln und den Energiebedarf zu senken, sind hoch. Trotz aller Massnahmen steigt der CO2-Ausstoss stetig weiter, wie Dietmar Eberle von Baumschlager Eberle Architekten feststellt. Die Klimaziele können nur erreicht werden, wenn die Branche eine drastische Evaluation der Mittel aus der Vergangenheit durchführt. «Im Bauen hat man sich Schritt für Schritt hochgerüstet», sagte Eberle, «es lohnt sich aber, einmal alles wegzulassen und dann zu schauen, was wirklich nötig ist.» Er plädierte dafür, sich auf einige wenige, aber grundlegende Kriterien zu konzentrieren und nannte Gesundheit, Komfort, das Nutzen lokaler und natürlicher Ressourcen sowie die Reduktion von Energieverbrauch, CO2-Emmission und von Erstellungs- und Betriebskosten. Unter dem Titel «2226» realisiert Baumschlager Eberle Architekten in der Schweiz, in Österreich und Deutschland aus Ziegelstein gemauerte Gebäude ohne Heizung, Kühlung und Lüftung.

Solche radikalen Schritte könnten die Lösung sein, dem stimmt auch Holger Wallbaum zu, Professor für Nachhaltiges Bauen an der Chalmers University of Technology in Göteborg und vorher lange an der ETH Zürich. Er zieht in seinem «Faktencheck Bau – Wunsch und Wirklichkeit» den Blickwinkel auf, schaut auf europäische und globale Dimensionen und attestiert der Schweiz, nach sehr fortschrittlichen Anfängen aktuell nicht genügend zu tun. Er formulierte drastisch: «Es geht nicht mehr um eine Transformation. Es geht nur noch mit einem radikalen Bruch.»

Peter Wellauer, Geschäftsführer der BETONSUISSE AG, sieht auch in Zukunft Potential für den Baustoff Beton. Er plädiert dafür, mit länger nutzbaren, regionalen Baustoffen zu bauen, weitsichtiger und intelligenter zu planen, um weniger Material und Energie zu verbrauchen und dabei den Rückbau einzuplanen, Stichwort: «Urban Mining». Diesem Ansatz folgte Losinger Marazzi AG in den Quartieren Greencity in Zürich-Manegg und Erlenmatt West in Basel. Nina Tammler und René Bäbler stellten die beiden «2000-Watt-Areale» als lebendige Quartiere vor.

Die Suurstoffi in Rotkreuz gilt als «Netto Null»-Areal. Dafür sorgen ein Anergienetz und Photovoltaik-Anlagen, wie Martin Jöri, Leiter strategisches Arealmanagement bei Zug Estates AG, in seinem «Praxisbericht Suurstoffi» ausführte. Zug Estates AG war Pionier in der Schweiz und musste deshalb zahlreichen Herausforderungen begegnen. Etwa wenn Planwerte in der Realität nicht eintrafen, das System nicht flexibel genug reagieren konnte oder Pflichtenhefte nicht klar formuliert waren. Jöri riet daher, Bauten und Anlagen immer vom Ende her zu denken und die Planung daran auszurichten.

Sarah Thury, Projektleiterin Strategy & Development, hat bei Wincasa AG die Aufgabe, den CO2-Ausstoss des bestehenden Immobilienportfolios zu reduzieren. «Die energetische Umrüstung des Gebäudeparks ist für den Erfolg der schweizerischen Energiewende zentral», sagt sie. Doch könne die Wincasa AG nicht auf standardisierte Lösungen setzen, sondern müsse spezifische Massnahmen für jedes einzelne Gebäude finden.

Peter Schmid von der Baugenossenschaft «mehr als wohnen» stellte klar, dass ein Investor viele Möglichkeiten habe, um eine Überbauung wie das Zürcher Hunziker-Areal zu einem lebendigen und auch sozial nachhaltigen Quartier zu machen. Berücksichtigen müsse man dabei insbesondere, dass die Struktur der Bewohnenden durchmischt sei. Das gelte nicht nur für Alter und Einkommen der Bewohnenden, sondern auch für die Zusammensetzung im Haus und den Mix verschiedener Wohnformen.

Das Schweizer Bauforum 2020 zeigte deutlich, dass «Weiter wie bisher» nicht genügt, dass es radikale Veränderungen braucht. Es zeigte aber auch, dass es durchaus schon viele gute Beispiele gibt, welche diese Anforderungen umsetzen.

Save the Date!

Am 24. November 2021 findet das 4. Schweizer Bauforum statt. Dort wird sich andeuten, ob die Branche die ehrgeizigen Klimaziele wird erreichen können. Weitere Informationen folgen demnächst!

Das Schweizer Bauforum 2020 im Web:

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