11. Januar 2021

Studentische Beiträge,

Unternehmen

Die Lage der Wohnung ist für Digital Natives nicht kompensierbar

Die Lage der Wohnung ist für Digital Natives nicht kompensierbar

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Die Ansprüche der Digital Natives werden die Entwicklung und Ausrichtung im Wohnungsmarkt der Zukunft stark beeinflussen. Wohnungen an urbanen Lagen sind die beliebtesten Orte, an denen Digital Natives leben wollen. Trotz der verhältnismässig hohen Mieten in den Städten zieht es immer mehr junge Personen in die Zentren der Schweiz. Dies bietet ein grosses Potenzial für neue Wohnformen, wie Microapartments oder Co-Living.

Von Pascal Schnyder und Fabian Romano

Noch vor ein paar Jahren war das Einfamilienhaus auf dem Land für viele erstrebenswert. Dieser Trend hat mit den Digital Natives gedreht und qualitativ hochwertige Wohnungen in der Stadt wurden begehrenswert. Vernetztes Wohnen mit mehr Lebensqualität an zentralen Lagen ist im Schweizer Immobilienmarkt zu einem Modell mit überdurchschnittlichem Potenzial geworden.

Die Unterscheidung der Digital Natives

Grundsätzlich unterscheidet man bei den Digital Natives zwischen der Generation Y und der Generation Z. Zu der Generation Y gehören Personen, geboren zwischen 1980 und 2000, zu der Generation Z, Personen geboren zwischen 2000 und 2019.

Die Generation Y ist in der digitalen Welt aufgewachsen und hat die grössten Sprünge in der Technik miterlebt. Was sie jedoch von der Generation Z unterscheidet ist, dass sie noch von der analogen Welt und somit eine Welt ohne Smartphone kennen. Anders als bei der Generation Y bestimmt in der Generation Z die digitale Welt ihren Alltag. Die Ansprüche an die Wohnform der Zukunft werden sich daher auch innerhalb der Digital Natives nach Lage, Kosten und Wohnformen unterscheiden. (IMMOMIG AG, 2017)

Lage vor Kosten

In den nächsten Jahren müssen vermehrt Wohnungen in den Zentren erstellt werden, um den Bedürfnissen der Digital Natives gerecht zu werden. Mit der Reduktion der Wohnflächen pro Wohnungseinheit können die Kosten für die Mieter verringert werden. Somit können sich mehr Personen das Leben an zentralen Lagen leisten. Mehrere kleine Wohnungen erzielen einen höheren Ertrag als eine grosse Wohnung auf der gleichen Fläche. (Prof. Dr. Hans-Rudolf Schalcher, 2017)

Wohnliegenschaften werden am Markt vorbeigebaut

Das Angebot im Mietwohnungsmarkt übersteigt seit Jahren die Nachfrage. Immobilienentwickler sind vorsichtiger geworden, weshalb Baubewilligungsgesuche rücklaufend sind. Wie in Abbildung 2 ersichtlich, wird immer noch zu viel und am falschen Orten gebaut. In den ländlichen Gemeinden stehen die Wohnungen leer. Jedoch ist die Bautätigkeit vielerorts hoch. Die Bauaktivitäten in der Stadt sind derzeit leicht zunehmend. Diese reichen aber nicht aus, um die stark steigende Nachfrage auf dem Markt zu bedienen. In den Grosszentren fanden lediglich 11.7% von 2017-2019 der Bautätigkeit statt.

Eine Quadratmetermiete in der Stadt ist doppelt so hoch wie auf dem Land

Eine gleichwertige Wohnung in der Stadt kostet mehr als doppelt so viel wie eine auf dem Land. Allein der Unterschied von dem Stadtkern zu den peripheren Lagen ist erheblich. In Abbildung 3 ist ersichtlich, dass ein Quadratmeter in der Stadt Zürich rund 320.- im Jahr kostet. Wohingegen für den Quadratmeter in Buchs ZH «nur» 240.- gezahlt wird. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Städten Bern und Genf. In Basel haben die Gemeinden Riehen und Bettingen das gleiche Niveau wie die Stadt. Dies ist auf den grossen Druck der Stadt und das Mietgesetzt zurückzuführen.

Abbildung 2: Vergleich Quadratmeterpreise; eigene Darstellung (Daten von Fahrländer Partner AG)

Wandel der beruflichen Bedürfnisse führt zu Angebotsengpässen

Früher war die Berufslehre die meist getätigte Erstausbildung. Heute sind vielfach junge Leute nicht mehr für eine Lehre als Grundausbildung zu begeistern. Um sich langfristig finanziell absichern zu können, ist das Studium oftmals die verlockendere Alternative. Wie in Abbildung 4 ersichtlich, hat die Zahl der Leute mit Fachhochschul- oder Universität-Abschluss gegenüber jener, die eine Berufslehre absolvieren, stark zugenommen. (Veronica DeVore, 2014)


Abbildung 3: Studenten in der Schweiz nach Ausbildungs-Typus (swissinfo.ch)

Die heutigen jungen Leute denken, lernen und arbeiten anders als die Generation vor ihnen. Heute wachsen die Leute mit der digitalen Lebenswelt auf. Sie haben oftmals bereits viel von der Welt gesehen und die Einstellung zu Arbeit und Karriere unterscheidet sich stark von früher. Hinzu kommt, dass heute das Studieneintrittsalter deutlich niedriger ist. Dadurch steht den Absolventen im Anschluss an das Studium noch eine lange berufliche Zukunft bevor. (Antje Busch-Sperveslage, 2019)

Wie Studenten den Wohnungsmarkt in den Zentren überhitzen

Seit Einführung des Bologna-Prozesses 1999, erfreuen sich in der Schweiz immer mehr Hochschulen über ansteigende Teilnehmerzahlen. Mit den kontinuierlich ansteigenden Teilnehmerzahlen ist die Nachfrage nach Studentenwohnungen an den zentral gelegenen Campus stark angestiegen. Die Nähe zum städtischen Treiben führt dazu, dass die Wohnung an zentralem Standort bei ihnen an erster Stelle steht. Somit höhergestellt als die Ersparnisse, welche sie mit einem möglichen Umzug in periphere oder ländliche Gemeinden machen könnten. (Alexandra Kohler, 2018; Bundesamt für Statistik, 2020)

Die stetig wachsende Zahl der Studenten sowie die oben erläuterten Punkte des vorbeibauens am Markt und der überteuerten Quadratmeterpreise an zentraler Lage, führen künftig zu einem Engpass.

Neue Wohnformen an den Hotspots sind gefragt

Um hohe Leerstände zu vermeiden soll die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Schweizer Wohnungsmarkt nicht zu gross werden. Gleichzeitig sollen für den Trend der Individualisierung und Urbanisierung genügend Wohnungsmöglichkeiten in Stadtzentren geschaffen werden. Neue flexible und an gutem Standort gelegene Wohnungskonzepte sollen zusätzlich hierfür konzipiert und erstellt werden.

Wohnungen müssen den Marktbedürfnissen angepasst werden


Abbildung 4: Haushaltsgrössen in der Schweiz, eigene Darstellung (Daten von Thomas Rieder, Credit Suisse)
Abbildung 5: Zimmergrössen von Wohnungen; eigene Darstellung (Daten von Thomas Rieder, Credit Suisse)

Wie in Abbildung 4 ersichtlich, ist der Anteil der Haushalte nach Anzahl Personen mit einem Personenhaushalt von einer Person landesweit am höchsten. In der Stadt Zürich sind mit rund 75% rund dreiviertel der Haushalte mit einer oder zwei Personen belegt. Der Markt besteht jedoch, wie in Abbildung 5 zu erkennen ist, zu 65% aus Wohnungen mit drei oder mehr Zimmern. Die Stadt Genf kommt dem Bedürfnis von den rund 71% Ein- und Zweipersonenhaushalte, mit einem Angebot von rund 78% an Ein- bis drei Zimmerhaushalten schon viel eher entgegen. Klar ersichtlich ist in beiden Abbildungen, dass immer mehr Leute in Wohnungen mit weniger Zimmer wohnen wollen. Dies dürfte auf die überteuerten Quadratmeterpreise an guter Lage zurückzuführen sein.

Nur anpassungsfähige Wohnkonstruktionen sind konkurrenzfähig

Der Wohnungsmarkt von heute ist schnelllebiger denn je. Es ist anzunehmen, dass sich der gesellschaftliche Wandel in nächster Zeit noch weiter beschleunigt. Wie sich die Wohnbedürfnisse in 10 oder 20 Jahren präsentieren, ist heute noch nicht vorhersehbar. Anbieter sind daher gefordert, neue Wohnkonzepte, im Idealfall mit flexibler Nutzungsmöglichkeit, zu schaffen.

Potential im Schweizer Wohnungsmarkt wurde noch nicht ausgeschöpft

Heute zählt die Schweizer Wohnbevölkerung gemäss Bundesamt für Statistik rund 8.5 Mio. Einwohner. Mit einem Anteil von 46% fallen fast die Hälfte der Personen in die Kategorie der Digital Natives. 90% und somit rund 2.06 Mio. Personen aus der Generation Y leben in einem Mietverhältnis. Jedes Jahr ziehen rund 400’000 Haushalte in der Schweiz um.

Singlehaushalte sind schon seit den 90er Jahren die häufigste Wohnform in der Schweiz. Das Bundesamt für Statistik prognostiziert für die kommenden 30 Jahren einen weiteren Anstieg auf rund 1,7 Millionen Haushalte (Stand heute 1,3 Millionen). Der Wohnungsmarkt in der Schweiz reagiert bislang eher zögerlich mit entsprechenden Wohnangeboten.

Die Firma Halter AG versucht mit Microapartments dieses Wohnsegment abzuholen. Sie hat bereits erste Microapartments im Betrieb und wollen bis 2045 7’500 Einheiten auf den Markt bringen. Der Quadratmeterpreis dieser Wohnungen ist tendenziell noch höher, jedoch kostet die Wohnung in der Summe trotzdem weniger. Aus Kostengründen werden kleinere Wohnungen immer mehr gesucht. Bereits 44.5% der Haushalte in der Stadt Zürich sind Singlehaushalte und es werden immer mehr. (Halter AG, 2019)

Unternehmen wie die Firma Corestate würden nur zu gerne das Engagement in der Schweiz verstärken. Vor allem die Städte Genf, Zürich und St.Gallen sind bei ihnen in den Fokus geraten. Gemäss Movement Systems AG, liegt derzeit die Hemmschwellen beim Mangel an geeigneten Grundstücken und Bestandesliegenschaften. (Mariam Misakian, 2019)

Die 1a Lage ist bei Digital Natives Trumpf

Durch die steigende Anzahl an Singlehaushalten und dem Wunsch, kostengünstig in der Nähe des Arbeitsplatzes zu wohnen, sind neue Wohnformen in Stadtzentren gesucht. Die zunehmende Urbanisierung lässt den Bedarf an kleinen Apartments in Grossstädten weiter anwachsen. In möglichst kurzer Gehdistanz sämtliche wichtigen Utensilien besorgen, kulturell am Leben der Stadt teilnehmen und ein möglichst kurzer Arbeitsweg, hat für Digital Natives absolute Priorität. (Michael Schäfer, 2017)

Privaträumlichkeiten werden durch Gemeinschaftsräume ersetzt

Die hohen Kosten, der Wunsch des Zusammenlebens, sowie der Wunsch an zentralen Lagen zu wohnen machen das Microliving interessant. Nebst dem Microliving verspürt vorallem das Co-Living-Konzept über mächtig Aufwind. Ihnen beiden gemeinsam ist, dass die Wohnfläche aus Kostengründen möglichst klein gehalten werden soll. Bewohner des Co-Living-Konzeptes sind bereit, Räumlichkeiten wie Küche und Bad mit ihren Mitbewohnern zu teilen. Weiter dient das Co-Living Konzept der Wohngemeinschaftsform sich in den Gemeinschaftsräumen mit den Mitbewohnern beruflich zu vernetzen und auszutauschen. Gesucht werden daher Wohnungen, die spezifische Bedürfnisse abdecken, aber auch Möglichkeiten zur Beteiligung bieten. Der bewusste Verzicht auf Wohnfläche ist erkennbar. Die Wohnqualität ist lässt sich nicht mehr nur durch die Wohnfläche messen. Wertschöpfung generieren die Aneignungsräumlichkeiten sowie Angebote im Quartier. (K-H Goedeckemeyer, 2019; Nadine Brügger, 2018)

Abbildung 6: Co-living (www.jll.de)

Hohes Renditepotential bei schwer kalkulierbarem Risiko

Die Medici Living Croup gehört in Deutschland mit ihren rund 1300 Wohneinheiten zu den grössten Anbietern von Co-Living-wohnungen. Die jährliche Auslastung ihrer Wohnungen liegt im Schnitt bei rund 96%. Erfahrungswerte, wie sich der Wohnungsmarkt in Zukunft und ob dieser Trend bestehen bleibt, fehlen leider. Mit einem Investment in das heute noch eher neue, noch nicht vollkommen etablierte Geschäftsmodell können hohe Renditen erzielt werden. Schwer kalkulierbare Risiken führen jedoch dazu, dass sich viele Investoren die Finger am jungen Markt noch nicht verbrennen möchten. (Mariam Misakian, 2019)

Ausblick: Mögliche Ausrichtungsmöglichkeiten im Mietwohnungsmarkt

Schnelle Veränderungen und Anpassungen im Wohnungsmarkt auf die Bedürfnisse von potenziellen Kunden sind im heutigen Mietwohnungsmarkt von entscheidender Bedeutung. Investoren und Anbieter müssen nicht nur den Wohnungsmarkt von heute, sondern noch viel wichtiger den der Zukunft richtig deuten und Angebote massgeschneidert auf deren Bedürfnisse auf den Markt bringen.

Die Generation Z steht in den Startlöchern

Derzeit bedient der Wohnungsmarkt vor allem Wohnungen mit analoger Prägung und somit ausgerichtet auf die Generation Y. Jedoch kommt die Generation Z mehr und mehr ins Erwachsenenalter und stellt sich somit in die Startposition als potenzielle Kunde.

Die Generation Z ist mit dem Smartphone aufgewachsen und wird sicherlich Ansprüche im Wohnungssektor haben. Der Wunsch die Gebäudeautomation über das Smartphone bedienen zu können sowie die Unterstützung im Alltag wird im Wohnungsmarkt sicherlich zu Veränderungen führen.

Wie die Stadt in Zukunft aussehen wird

Immobilienexperten wie Engel und Völkers prophezeien, dass sich das Leben der Zukunft in sogenannten Ballungszentren abspielen wird. Wohnraum, Arbeitsplatz, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Bars und viele andere Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung sollen das Leben in Quartieren angenehm gestalten. Das klassische Büro könnte daher bald ausgedient haben.

Mit der Digitalisierung und der anstehenden Umstellung von physischen zu elektronischen Datengrundlagen befasst sich heute beinahe jedes Unternehmen sehr intensiv. Steigende politische Unsicherheiten und Umweltereignisse führen dazu, dass Leute vermehrt gezwungen werden, von zu Hause aus zu arbeiten. Haben sich die Leute einmal zu Hause installiert, könnte sich die neue Arbeitsweise vermehrt etablieren. Dadurch könnten sich Einsparpotentiale in den Büroflächen ergeben.

Der Angebotsdruck auf die Städte nimmt zu

Der Druck auf die Stadtkerne wird weiter steigen. Die Städte bieten mit ihren guten ÖV – Anschlüssen, den zahlreichen Verpflegungs- und Ausgangsmöglichkeiten sowie interessanten Arbeitgebern, genau was sich die Digital Natives wünschen. Die Gemeinden in der Agglomeration und der Peripherie können da meist nicht mithalten.

Demographischer Wandel bringt weiteres Kundenpotential mit sich

Nicht nur Digital Natives könnten spannende Kunden für die neuen Wohnformen Microliving und Co-Living sein. Geburtenstarke Jahrgänge der Nachkriegszeit könnten die Marktanfrage an solchen Wohnangeboten zusätzlich ansteigen lassen. Diese Generation sucht nach Autonomie und Individualität. Zudem möchten sie solange wie möglich selbstständig leben und sind bei guter Gesundheit. Aus diesem Grund gewinnt das Wohnen an zentraler Lage gerade in dieser Altersklasse enorm an Bedeutung. (Zemp, et al, 2018, S. 8)

COVID-19 schüttelt den Wohnungsmarkt durcheinander

Gerade in Zeiten des Lockdowns hat das Alleinwohnen gemäss Gottlieb Duttweiler Institut wieder an Attraktivität eingebüsst. Mit dem eingeschränkten Aktionsradius fühlte man sich stark eingeschränkt. Wohnen nahm einen viel höheren Stellenwert ein. So waren in dieser Zeitperiode Personen im Vorteil, welche in den eigenen Garten oder zu Verwandten auf das Land ausweichen konnten.

Die wesentliche Frage, welche sich hier stellt, ist, ob dies nur ein kurzfristiger Schock war oder dies langfristige Auswirkungen mit sich bringen wird. Wie sich der Markt entwickeln wird, wird sich in Zukunft zeigen.

Dieser Beitrag ist während eines Projektes der Studierenden des MAS Immobilienmanagement entstanden.

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