17. Januar 2022

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Studentische Beiträge

Grün und Blau für künftige Generationen – Städte im Wandel

Grün und Blau für künftige Generationen – Städte im Wandel

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Der Klimawandel ist längst keine Fantasie von Wissenschaftlern mehr. Er beschäftigt Bevölkerungsgruppen und Politik in aller Welt. Welche Massnahmen können wir heute umsetzen, um den künftigen Generationen eine nachhaltige Perspektive zu bieten? Die Immobilienwirtschaft beschäftigt sich derzeit mit unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten zur Hitzeminderung im urbanen Raum. So sind die Schaffung von Grünflächen, die Wahl der Baumaterialen sowie die Ausrichtung und Struktur von Gebäuden effiziente Möglichkeiten zur Verbesserung der klimatischen Verhältnisse.

von Jennifer Clas und Katja Hauser

Heisse Prognosen für die Städte

Statistiken des Bundes zeigen, dass in Städten bis zum Jahr 2050 mit Temperaturanstiegen von durchschnittlich rund drei bis fünf Grad gerechnet werden muss (SRF, 2021). Der Klimawandel, der in verschiedenen Städten noch als angenehme Mediterranisierung wahrgenommen wird, wird sich mit häufig auftretenden Hitzeperioden, Stürmen und anderen extremen Wetterereignissen auch im urbanen Raum von seiner unangenehmen Seite bemerkbar machen (Rat für Raumordnung, 2019, S. 11).

Gemäss Bundesamt für Statistik wird sich die Anzahl der Hitzetage (Tage mit Temperaturen über 30 Grad) in der Schweiz bis ins Jahr 2050 mindestens verdreifachen (SRF, 2021). In der Schweizer Metropole Zürich ist, gemäss dem mittleren Szenario von Wüest & Partner, bis 2060 mit rund 19 Hitzetagen zu rechnen (SRF, 2021). Das ist im Gegensatz zu den vergangenen 30 Jahren mit durchschnittlich sieben Hitzetagen pro Jahr erstaunlich viel.

Die Erhitzung der Städte hat viele Ursachen, ein wesentlicher Akteur sind diesbezüglich die Gebäude. Aktuell sind Immobilien für 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich (Credit Suisse, 2021). Höchste Zeit sich also mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Stadtbevölkerung leidet unter den Hitzeinseln

Aktuell lebt mehr als die Hälfte der weltweiten Bevölkerung in städtischen Gebieten. Der beobachtete Temperaturanstieg in Städten hat nicht nur direkte Auswirkungen auf den allgemeinen Klimawandel, sondern macht sich auch bei den Bewohnern und Nutzern von Städten bemerkbar. Wie sich ein paar Grad höhere Durchschnittstemperaturen in der Gesundheit niederschlagen können, hat die Sendung ‘Einstein’ mit dem Beitrag vom 25. Juni 2020 untersucht (SRF, 2020). Als Ergebnis wurden klare Einschränkungen in der Konzentration, Leistungsfähigkeit und im Wohlbefinden beobachtet.

Die Temperaturdifferenz zwischen ländlichen Gebieten und dicht besiedelten Gebieten kann bis zu 10 Grad betragen. In der Vergangenheit wurden viele Plätze mit Hartbelägen ausgebaut, was zu erstaunlich hohen Temperaturen von bis zu 70 Grad auf dem Asphalt führen kann (SRF, 2020). Der Kaltluftabfall über Nacht wird durch die Speicherung der Wärme im Mauerwerk oder Belag stark reduziert und dies führt über die Zeit zu sogenannten Hitzeinseln. Weiter wurde in den vergangenen Jahrzehnten der strukturellen und lüftungsorientierten Ausrichtung der Gebäude nachrangige Priorität zugeordnet. Heute verhindern deshalb viele Gebäude durch ihre Form oder ihre Höhe die natürlichen Kaltluftkorridore der Quartiere.

Unterschiedliche Handlungsansätze sind gefordert

Was braucht es, um die Auswirkungen der Klimaerwärmung in den Städten zu mildern? Die wohl schlechteste und egoistischste Möglichkeit wäre das Aufrüsten von Klimaanlagen in den Gebäuden. Damit ist tatsächlich aber nur kurzfristig geholfen. Klimaanalgen benötigen für den Betrieb viel Energie und geben ihre Abwärme in den Aussenraum ab, was kontraproduktiv wirkt und die Umgebungstemperatur weiter steigen lässt.

Es werden weitreichende Massnahmen in der Raumplanung und im Bausektor gefordert. Ganz grundsätzlich gesagt, braucht es mehr Grün und Blau anstatt Grau. Für die klimaangepasste Siedlungsentwicklung braucht es einerseits eine gute Durchlüftung und viel Grünflächen und Bäume, andererseits weniger dunkle Hartflächen, kühlende Wasserelemente und klimagerechte Baumaterialien.

Die Stadt Zürich hat sich mit den möglichen Handlungsfeldern genauer befasst und die notwendigen Handlungsansätze anhand der nachfolgenden Grafik dargestellt (Stadt Zürich, 2021).

Werden die diversen und weitreichenden Handlungsmöglichkeiten betrachtet, sticht der Begriff ”Hitzeminderung“ heraus. Dieser hat in jedem Projekt von der Architektur bis zur Siedlungsentwicklung einen hohen Stellenwert verdient. Nachfolgend werden die wichtigsten Optionen erläutert:

  • Grünflächen

Für die langfristige urbane Planung sind Grünflächen unumgänglich. Die Vorteile von begrünten Flächen, Wiesen und Pärken sind sehr vielseitig. Einerseits sorgen wasserdurchlässige Böden durch die Abgabe von Feuchtigkeit für einen kühlenden Effekt, andererseits dienen sie durch die Retentionsfähigkeit auch zur Vorbeugung von Überschwemmungen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich Grünflächen – im Vergleich zu Hartbelägen – nur geringfügig erhitzen und entsprechend weniger Wärme an die Umgebung abgeben.

  • Bäume

Die Bepflanzung mit Bäumen muss konkret geplant werden und soll nicht nur zur Dekoration von Projekten genutzt werden. Indessen ist es wichtig, dass auch die passende Baumart gewählt wird. So muss berücksichtigt werden, welche Bäume bei den künftigen hohen Temperaturen gut bestehen können und wie die Bäume zu genügend Wasser kommen. Gemäss Bericht von SRF sind insbesondere Baumarten aus dem Balkan, die das kontinentale Klima gut ertragen, zu berücksichtigen (SRF, 2018). Sie sind einerseits beständig gegen Kälte und Frost im Winter, überleben aber auch heisse und trockene Tage im Sommer gut.

  • Dach-, Fassaden- und Grundstücksbegrünung

Die Begrünung von Städten bietet viele Mehrwerte. So wird einerseits die Biodiversität gefördert, die Luft durch die Pflanzen befeuchtet und dadurch gekühlt, aber auch Sauerstoff produziert und Abgase werden gefiltert. Weiter binden die Grünflächen Feinstaubpartikel, bilden einen Wohnraum für Insekten und Vögel und spenden wertvollen Schatten. Auch für die Bevölkerung bietet die Begrünung direkte Mehrwerte, so zum Beispiel ein Erholungsraum zur Stressreduktion, bessere Schlafqualität und weniger Lärmimmissionen.

Dachbegrünungen schaffen durch ihre Retentionsfähigkeit einen klaren Mehrwert. Zudem verhindern sie die Reflexion von Sonnenstrahlen auf die Umgebung. Begrünte Fassaden arbeiten als Pufferzone und reduzieren so die Hitze, die ins Gebäude gelangt.

Mit raumplanerischen Massnahmen hat sich die Stadt Zürich im Rahmen der Verkehrs- und Siedlungsrichtpläne auseinandergesetzt. Dabei wurde erkannt, dass insbesondere bei Grünflächen und Begrünungen von Fassaden, Dächern und der Umgebung viel Potenzial liegt. Dies wurde zum einen mit der Zürcher Planungs- und Baugesetzrevision vom 2015 umgesetzt. Die Freiflächenziffer wurde zur Grünflächenziffer. Sie definiert die von einer Überbauung freizuhaltende Grundstücksfläche. Als Grünfläche gelten bepflanzte und natürliche Bodenflächen, die nicht versiegelt sind und nicht als Abstellfläche dienen (Griffel, 2017, S. 184).

  • Baumaterialien

Bei Baumaterialien sollten künftig Oberflächen verwendet werden, die die Wärme nicht über längere Zeit speichern, sondern direkt wieder abgeben. Ebenfalls ist der Dämmebene grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Einerseits ist sie entscheidend für einen geringen Energieverbrauch bezüglich Heizkosten, andererseits sorgt sie dafür, dass weniger Wärme ins Gebäudeinnere gelangt. Jedoch hat auch die Farbwahl einen grossen Einfluss auf die Oberflächentemperaturen. So wurde in einem Experiment der Sendung ‘Einstein’ getestet, wie sich eine weisse gegenüber einer dunkelroten Backsteinwand verhält (SRF, 2020). Die Auswirkungen des weissen Anstriches sind erstaunlich. So überlebte ein Eisblock mehr als doppelt so lange im Raum, wie wenn die Wand rot angestrichen war.

  • Die Struktur und Ausrichtung von Baukörpern

Bei neuen Projekten müssen bezüglich Ausrichtung und Struktur der Baukörper zwingend die örtlichen Wind- und Kaltluftkorridore berücksichtigt werden. Wird dieser Faktor vernachlässigt, so wird der Luftstrom unterbrochen. Dies führt dazu, dass die Bereiche hinter den Bauwerken nicht ausreichend belüftet werden. Ideal wäre, wenn sich die Gebäudekuben künftig gegenseitig mehr Schatten spenden und so für eine indirekte Kühlung sorgen, ohne dabei die natürlichen Kaltluftströme zu behindern.

In der nachfolgenden Grafik sind die natürlichen Kaltluftströme und der Einfluss der Gebäude dargestellt.

Barriere(-frei) zu klimagerechten Städten

Es bestehen diverse rechtliche und bauliche Aspekte, die harmonisiert werden müssen. Einerseits verhindern das ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) und der Heimat- und Denkmalschutz bei vielen innerstädtischen Gebäuden eine mögliche Fassaden- oder Dachbegrünung, andererseits wird die Begrünung von Verkehrs- / Parkflächen und öffentlichen Plätzen aufgrund von Sicherheitsvorschriften und Anforderungen an das hindernisfreie Bauens eingeschränkt. Indessen sind auf politischer und gesellschaftlicher Ebene noch einige Hürden zu nehmen. Aktuell sind diesbezüglich einige Instrumente in Bearbeitung. So werden kantonale Teilrevisionen von Planungs- und Baugesetzen geprüft und neue Massnahmenpläne ausgearbeitet.

Annahme der Richtpläne der Stadt Zürich

Ende November 2021 wurde vom Zürcher Stimmvolk die Siedlungs- und Verkehrsrichtpläne angenommen. Die Stadt Zürich will grüner werden und die Inhalte der Richtpläne sind gewiss nicht zurückhaltend. Es wurden Massnahmen definiert, die für die Bevölkerung und das Gewerbe grosse Auswirkungen mit sich bringen werden. So soll beispielsweise auf allen Strassen eine Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h eingeführt werden und ein Parkplatzabbau in der Stadt und der blauen Zone zugunsten von Grünflächen erfolgen. Zudem soll es künftig mehr Pärke, aber ebenso eine stärkere Verdichtung mit Hochhäusern geben. Wie und wann die Massnahmen im Detail umgesetzt werden, ist noch unklar.

Der Blick in die Zukunft verspricht Handlung

Aus Investorensicht könnte es interessant sein, der Bewertung von Grün- und Umgebungsflächen von Immobilien bereits heute mehr Wert beizumessen. Es ist denkbar, dass solche Eigenschaften auch bezüglich Rendite-/Risiko-Profil bei Immobilien künftig sehr wertvoll sind und die Attraktivität für Käufer und Mieter steigern. Zudem verfolgen immer mehr Immobiliengesellschaften das Ziel, klimaneutral zu sein und präsentieren ihren CO2-Absenkpfad. Auch bei Investitionen in Fonds kann heute schon ein hohes Interesse an Nachhaltigkeitskriterien beobachtet werden. Die Städte und die Bau- und Immobilienbranche haben sich die Alarmsignale zu Herzen genommen.

Für den beobachteten Temperaturanstieg sind vor allem die durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ironischerweise ist dies gerade eine gute Nachricht: Wir haben einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des zukünftigen Klimas und sind nicht machtlos gegen den Klimawandel (Nelles & Serrer, 2018, S. 120).

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