4. April 2022

Unternehmen

Der Einfluss von Megatrends auf Stadtquartiere und Finanzierungen

Der Einfluss von Megatrends auf Stadtquartiere und Finanzierungen

In jüngster Zeit werden in der Schweiz viele innovative Immobilien- und Quartiersentwicklungen angeschoben oder bereits realisiert. Die Vorteile sind vielfältig, für Nutzer wie Investoren. Letzteren bietet sich ein breites Spektrum an Nutzungskombinationen und ein hohes Diversifikationspotential. Gleichzeitig bieten neue Finanzprodukte ausreichend Finanzierungsmöglichkeiten für Immobilien, Immobilienprojekte und Quartiersentwicklungen.

Ein Artikel aus dem Schweizer Immobilienbrief

In den letzten Jahren konnte eine steigende Anzahl an Quartiersentwicklungen beobachtet werden. Diese weisen – je nach Ausprägung – ein breites Spektrum an möglichen Nutzungskombinationen auf und bieten Investoren ein hohes Diversifikationspotential. Gleichzeitig wird die Entwicklung von Standquartieren in besonderem Masse durch aktuelle Megatrends flankiert, unter anderem von Aspekten der Nachhaltigkeit oder der demographischen Entwicklung. Damit einher geht folglich die Frage, welche Stadtquartiere für Investoren geeignet sind, welche Kriterien ausschlaggebend für eine erfolgreiche Entwicklung sind und wie ein Auswahlprozess auf Quartiers- und Objektebene gestaltet werden kann. In diesem Zusammenhang ist ferner zu diskutieren, welche Bedeutung innovative Anlagegefässe wie beispielsweise der sehr stark wachsende Markt der privaten Immobilienfinanzierungen (Private Real Estate Debt) bei Investitionen zukünftig einnimmt.
An dieser Stelle setzte das Webinar der RICS und der Hochschule Luzern an, zu dem Prof. Dr. Michael Trübestein FRICS, Präsident der RICS Schweiz und Studiengangleiter des MScRE an der HSLU, eingeladen hatte und das von ihm moderiert wurde. Im Rahmen des Webinars präsentieren monatlich führende Vertreter der internationalen Immobilienwirtschaft die neuesten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis.

Quartiere und «Real Estate Debt»-Produkte

René Parmantier, CEO und Head of Private Debt der Corestate Bank GmbH, und Prof. Dr. Michael Trübestein FRICS beleuchteten zunächst die Bedeutung von Stadtquartieren und von passenden Investitionsstrukturen, gefolgt von einem Überblick zur aktuellen Finanzierungssituation.

Quelle: CORESTATE Research

Seit einigen Jahren unterliegt die Vergabe von Darlehen durch Banken zunehmenden regulatorischen Auflagen u.a. durch die Vorgaben einer risikoadjustierten Eigenkapitalhinterlegung, des Risk-Managements und der geschäftlichen Ausrichtung der Bank. In Summe führt dies zu steigenden Anforderungen und einer restriktiveren Vergabe von Darlehen. Folglich bieten alternative Finanzierungsmöglichkeiten respektive Finanzierungsprodukte Vorteile wie etwa im Rahmen eines speziellen «Real Estate Debt»-Gefäss.
Investitionen in Immobilien und Produkte mittels «Real Estate Debt» können eine attraktive Ergänzung im Anlageportfolio vieler Investoren darstellen. Dies spiegelt sich auch in der aktuellen Entwicklung mit sehr stark steigenden Kapitalzusagen in zahlreiche Anlagegefässen wider. Gleichwohl ist das Angebot vielfältig und eine zielführende Auswahl des passenden Anlageprodukts notwendig. Ferner stellen sich Fragen der Regulierung, der Strukturierung und der zukünftigen Entwicklungen des Marktes. In diesem Zusammenhang sind zahlreiche Fragen zu beantworten, so unter anderem, welche Möglichkeiten, Herausforderungen und Risiko- / Return-Profile vorhanden sind.

Diversifikation bei Investitionen in Quartiere

Im Anschluss befasste sich Mark Holz, Group Head of Research der Corestate Capital Group, mit der Nutzungsvielfalt von Quartieren. Durch komplementäre Nutzungsarten könnten unterschiedliche Akzente im Quartier gesetzt werden – und diese Nutzungsvielfalt sei auch für Investoren ein relevanter Faktor. Nicht nur, weil die Attraktivität der Quartiere die mieterseitige Nachfrage stärke, sondern auch weil eine Sektordiversifikation innerhalb eines Investments Risiken mindere, so Holz. Ein Stadtquartier verbinde somit in ökologisch nachhaltiger Weise die Interessen von Investoren und Projektentwicklern mit denen der kommunalen Ebene und der Mieterseite. Damit werde es – und dafür spreche auch die weiterhin grosse Pipeline an geplanten Quartiersentwicklungen – auch in Zukunft ein Erfolgskonzept bleiben, wobei das Auffinden von geeigneten Quartieren für Investitionen auf den individuellen Investitionskriterien der Investoren basiere.

Klassifizierung von Quartieren

Im Rahmen einer empirischen Erhebung wurden Quartiere detailliert untersucht. Corestate hat über 600 geplante respektive realisierte Stadtquartiere in Deutschland identifiziert, wovon ca. 300 in den A-Städten liegen. Diese wurden in einer aktuellen Studie gegenübergestellt und anhand von Kriterien zu Megatrends auf Investitionsmöglichkeiten bewertet. Die Quartiere unterschieden sich grundsätzlich nach Grösse und Ausrichtung, stellen die Corestate-Researcher fest:
• Klassisches Quartier mit 20.000 bis 400.000 qm: Nutzungsmischung aus den Kernnutzungsarten Wohnen, Büro und Handel
• Kleinquartier bis 20.000 qm: Nutzungsmischung aus den Kernnutzungsarten Wohnen, Büro und
Handel
• Mega-Quartier ab 400.000 qm: Gemischt genutzt grossflächige Stadtteil-Entwicklung
• Kommerzielles Quartier mit 20.000 bis 400.000 qm: Dominante kommerzielle Nutzung (>90%
kommerzielle Nutzung)
• Wohnquartier mit 20.000 bis 400.000 qm: Dominante Wohnnutzung (>90% Wohnnutzung)
• Vertikales Quartier ab 40.000 qm: Hochhaus mit Nutzungsmischung aus den Kernnutzungsarten Wohnen, Büro und Handel
• Neben den genannten Subkategorien, lassen sich weitere Sonderkategorien ableiten wie bspw. das Technologie- bzw. Innovationsquartier.
Dieses hat meist einen Campus-Charakter und befindet sich im Umfeld von Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Megatrends bei der Quartiersentwicklung

Als langfristige Wandlungsprozesse prägen Megatrends sowohl das Individuum als auch die Gesellschaft als Ganzes – und somit auch die Immobilienwirtschaft. Aktuelle Herausforderungen wie Nachhaltigkeit, Mobilität und soziale Themen erfordern ein übergeordnetes Gesamtkonzept, welches sich auf Quartiersebene besser planen und umsetzen lässt als auf Einzelobjektebene. Durch die Verbindung von Wohnen und Arbeiten, sowie sozialen und kulturellen Funktionen sind Quartiere Musterbeispiele des Konzeptes der Stadt der kurzen Wege.
Da Quartiere häufig im Zuge von Brachflächen-Revitalisierungen entstehen, fördern sie zudem die urbane Nachverdichtung und bieten neuen Wohnraum für unterschiedliche soziale Schichten und schaffen Arbeitsplätze. Dies ist häufig mit positiver Strahlkraft auf das Umfeld verbunden. Ein Konzept also, das auch von kommunaler Seite gefördert und gefordert wird. In Summe, so waren sich alle Teilnehmer des jüngsten HSLU-RICS-Webinars einig, stellen Quartiersentwicklungen spannende Opportunitäten für Investoren dar.

Quelle: Prequin

Assessment von Quartieren und Tourismus Ressorts

Birgit Hempel FRICS, Member, RICS Governing Council / Senior Director Real Estate Valuation, Genost Consulting GmbH, verdeutlichte in ihrem Referat die Kriterien der Bewertung von Investitionsmöglichkeiten, der detaillierten Bestandsaufnahme, Chancen- und Risikoanalyse in der Gegenüberstellung zur geplanten Finanzierungsstruktur, dem Projekt-Controlling sowie ferner das Spannungsfeld aus Equity und Debt-Strategien. Schliesslich wurde das Assessment anhand von drei Projektbeispielen in der DACH-Region kritisch analysiert.
Hierbei wurde in besonderem Masse der Bereich von Tourism Resorts / Village Centre / Branded Residences beleuchtet. Die Projektentwicklung von Tourismus-Ressorts kann in «new village centres» resultieren, die für Investoren durchaus eine attraktive Portfolioergänzung darstellen. An einem Projektbeispiel wurde ferner die wachsende Bedeutung von ESG im Rahmen der EU-Regularien erläutert.

Marktstruktur und Einsatz von «Debt»-Produkten

In seinem Impulsvortrag stellte Martin Bassermann, Chairman of the Board of Directors, HFS Helvetic Financial Services AG, anhand von ausgewählten Kennzahlen die Strukturen, Entwicklungen und Funktionsweisen der «Real Estate Debt» Märkte dar. Zunächst ist der Themenbereich sehr umfangreich und vielfältig und reicht von «Senior Loan-Financing» bis zu «Mezzanine Loans» mit besonderen Managementherausforderungen. Ferner ist zu unterscheiden, ob es sich um eine objektspezifische Finanzierung oder um ein Anlageprodukt handelt.

Wachstum im Bereich «Debt»

Gleichwohl ist ein Wachstum im Debt Bereich klar vorhanden: Gemäss einer Erhebung von Prequin stieg das Anlagevolumen im europäischen Private Real Estate Debt Bereich auf 75 Milliarden Euro in 2021. Fremdkapitalprodukte weisen dabei eine hohe Attraktivität auf: Produkte mit einer Senior Loan Strategie zielen, gemäss INREV, auf einen durchschnittlichen IRR in Höhe von 6,8 Prozent ab, risikoreichere Nachrangdarlehen auf einen durchschnittlichen IRR von 10,3 Prozent. Im Rahmen der Covid-19 Krise hat sich bei Banken in Europa die bestehende Tendenz der restriktiven Kreditvergabe fortgesetzt: Banken sind bei der Darlehnsvergabe weiter zurückhaltend, fokussieren sich auf bestehende Engagements, reduzieren RePo-Linien, d.h. sind mit sinkenden Renditen konfrontiert und die Kapitalgenehmigungen werden verlangsamt. An dieser Stelle öffnen sich die Opportunitäten für neue Institutionen aus dem Bereich «Debt». Hierbei ist eine kritische Auswahl der Ziele von Bedeutung und führt zum Erfolg: So liegt bspw. der Ausfall bei HFS bei 0 Prozent.

Webinare der RICS / HSLU

Die RICS und die Hochschule Luzern laden zu den weiteren Webinaren und Fachkonferenzen ein und freuen sich auf weitere Diskussionen:
• 07.04.2022: Review and Outlook on the Real Estate Markets: What are future challenges?
• 03.05.2022: Real Estate Investment and Asset Management for institutional investors: Empirical results and challenges
• 04.05.2022: Retail is dead – or not? Best practices.
• 01.06.2022: Change of the BVV 2: Effects of investments in Infrastructure
• 23.06.2022: Investments in Logistics
• 06.07.2022: Sustainability and the EU Taxonomie

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