20. Februar 2023

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Studentische Beiträge

Lebendige Quartiere – ein Ort des Zusammenspiels

<strong>Lebendige Quartiere – ein Ort des Zusammenspiels</strong>

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Der Zusammenhalt in der Gesellschaft und ein nachhaltiger Lebensstil. Zwei aktuell wichtige Themen, welche vor allem durch die Coronakrise, den Ukrainekrieg sowie die Energiekrise wieder mehr an Bedeutung gewonnen haben. Quartiere vereinen das Miteinander, Diversität und Zugehörigkeit. Ein Zusammenspiel von Bewohnern und Architektur. Ein Quartier soll vor allem eines sein: Lebendig, nachhaltig und die Zusammengehörigkeit fördern.

Ein Artikel von Bettina Koch und Sara Skumpija

Das lebendige Quartier und seine Vielfältigkeit

Das Quartier – ein Begriff der jeder schon einmal gehört hat. Aber was ist die genaue Definition eines Quartiers? Ein Quartier bezeichnet die räumliche Abgrenzung eines Wohngebietes, welche in seiner Lage, zentral oder peripher und in seiner Grösse an Einwohnerzahl unterschiedlich sein kann. Als zweiter Indikator spielt das sozialräumliche Verständnis eine zentrale Rolle. Ein Quartier wird als Ort bezeichnet, in dem die Bewohner gemeinsame Bezugspunkte aufweisen. Diese Bezugspunkte werden durch die sozialen Netze, Aktivitäten sowie Sozialstrukturen und Identitätsbezüge der Bevölkerung definiert. Ein weiteres Merkmal der Quartierdefinition ist, dass ein Quartier immer ein Teil eines grösseren Ganzen ist, ein Teil einer Stadt oder eines Dorfes (Gerber, 2017, S. 11).

Ein Quartier soll im bestmöglichen Fall ein Ort für Begegnungszonen sein und damit belebter machen. Ein Ort, an dem sich die Leute treffen. Das Ziel ist es, dass Begegnungszonen besser genützt werden, damit das Quartierleben gefördert wird und dadurch Strassenräume längerfristig belebt werden. Eine Massnahme dafür ist zum Beispiel das Einführen der Tempo-20-Zone. Daran knüpft das Modellvorhaben der Partnerstädte Bern und Zürich. Die Projektverantwortlichen «Fussverkehr Schweiz» und «Pro Juventute» wollen durch ausgewählte Begegnungszonen verschiedene Interventionen in den Bereichen Gestaltung, Ökologie und Soziokulturell bearbeiten (Bundesamt für Raumentwicklung ARE und Bundesamt für Energie BFE, 2014, Abs. 1).

Die Quartierentwicklung ist ein immer wichtigeres Thema. Da der Platz immer knapper wird und immer mehr Menschen in den städtisch geprägten Gebieten leben und arbeiten möchten. In den städtischen Gebieten lässt sich Arbeit, Freizeit, Bildung, Kultur, Dienstleistung und Einkaufsmöglichkeiten in einem vielfältigen Umfeld miteinander verbinden. Als immer wichtigere Qualität wird die Dichte und somit auf die fussläufige Erreichbarkeit von unterschiedlichen Dienstleistungen für viele Altersgruppen gesehen. Die Dichte der Erreichbarkeit betrifft nicht nur die ältere Generation, sondern auch die jüngeren Anspruchsgruppen. Dies, weil die jüngere Bevölkerung immer geringere ökonomische Ressourcen zur Verfügung haben. Deshalb ist das Phänomen der dichteren Erreichbarkeit der Ressourcen als eine Steigerung der Lebensqualität einzuschätzen (Hugentobler & Wiener, 2016, S.4-5).

Zusammenspiel Nachhaltigkeit & Quartierleben

Was macht ein Quartier nachhaltig? Gemäss Bundesamt für Energie setzt sich die nachhaltige Quartierentwicklung aus acht verschiedenen Komponenten zusammen. Die Komponente sind in der Abbildung «Nachhaltige Quartierentwicklung» zu entnehmen. Diese tragen gemeinsam zur nachhaltigen Entwicklung bei. Es werden die verschiedenen Anspruchsgruppen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Soziale und Ökologie im Gesamten betrachtet. Für die Schaffung eines nachhaltigen Lebensraums tragen weiter Themen wie Biodiversität, Langsamverkehr, Energieeffizienz, Verminderung des Ressourcenverbrauchs sowie eine funktionale wie auch soziale Durchmischung bei. Dazu gehören öffentliche Räume, die zur Begegnung und Entspannung einladen (Bundesamt für Raumentwicklung ARE und Bundesamt für Energie BFE, 2014, S. 8-9).

Abbildung 1: Nachhaltige Quartierentwicklung – (ARE & BFE, 2014)

Auch die Konsum- und Mobilitätsmuster der heutigen Generation haben sich verändert. Verschiedene Marktstudien zeigen auf, dass nachhaltige Lebensstile zunehmen. Die Menschen suchen ein Wohnumfeld, dass sich ökologisch wie auch wirtschaftlich als zukünftiger Lebensstil vereinbaren lässt. Dieser Trend zeigt sich auch an der Nachfrage an nachhaltig konzipierten Quartieren. Zu den verschiedenen Tätigkeitsfeldern wurden Kriterien festgelegt, welche die Bedürfnisse, Interessen und Präferenzen der Nachhaltigen Bevölkerung veranschaulichen. Folgende Tätigkeitsfelder beschreibt das Projekt: (Hugentobler & Wiener, 2016, S. 4-5).

Abbildung 2: Tätigkeitsfelder der Nachhaltigen Quartierentwicklung – (Hugentobler & Wiener, 2016, S. 4-5)

Auf Bundesebene hat sich die Schweiz bereits für die Nachhaltigkeit positioniert. Der Bundesrat bekannte sich zu der von der UNO verabschiedete Strategie zur nachhaltigen Entwicklung 2030 auf nationaler und internationaler Ebene und verpflichtet sich, die 17 globalen Ziele zu erreichen. Die Schweiz kann seit 2000 ihren Energieverbrauch durch erhöhte Energieeffizienz und durch Energiesparen stabilisieren. Der Bund hat ein Förderprogramm zur nachhaltigen Entwicklung gestartet. Das Programm dient zur Unterstützung von nachhaltigen Immobilienentwicklungen auf der lokalen Ebene. Jährlich können Projekte von öffentlichen und privaten Akteuren sowie auf kommunaler, kantonaler und regionaler Ebene eingereicht werden. So soll die Schweiz in der nachhaltigen Entwicklung gefördert und unterstützt werden (Bundesamt für Raumentwicklung ARE, 2022).

Green City – Ein Beispiel für ein lebendiges und nachhaltiges Quartier

Ein Beispiel, was als Vorzeige- Projekt von Zürich in Bezug auf Nachhaltigkeit bezeichnet wird: das Quartier Green City, wenige Bahnminuten vom Stadtzentrum Zürich entfernt. Wie der Name schon verrät, wurde das Quartier gemäss den Nachhaltigkeitsstandards entwickelt. Green City verbindet das Arbeiten, Wohnungen sowie nachhaltiges und umweltbewusstes Handeln. Die Gebäude wurden nach den neusten Energiestandards realisiert. Diese zeichnen sich durch die modernsten Energiestandards aus. Die Gebäude werden durch 100% erneuerbare Energie, mit Wärmepumpen (Erdsonden und Grundwasser), saisonalen Speicherung der Abwärme in den Erdsondenfelder und Strom aus der Photovoltaikanlage und durch Einkauf von Strom aus zertifizierten Energien versorgt. Gemäss Boris Diester, ist Greencity ein schweizweites Leuchtturmprojekt in Bezug auf die Nachhaltigkeit (Energie Schweiz, 2022).

Greencity ein Quartier, welches bestrebt ist, Wohnen, Arbeiten sowie nachhaltiges und umweltbewusstes Handeln zu vereinen, es zeichnet sich durch einen gemischten mietermix von Singles, Familien bis zu Senioren aus. Im Greencity Quartier sind verschiedene Angebote an Bäckereien, Restaurants, Kitas, Yogastudios zu finden (Greencity-Offices, online, 2022). Durch den Verein «Green City Spirit» wird das Zusammenleben gefördert. Es gibt verschiedene Angebot für Kinder und Familien (Green-City-Spirit, online, 2022).

Nachhaltig und divers – Die ABZ-Siedlungen

Ein weiteres Beispiel ist die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich, kurz ABZ, eine der grössten Baugenossenschaft der Schweiz. Die Genossenschaft beschäftigt sich mit der Quartierentwicklung in Bezug auf Mitwirkung und Engagement. Auf der Website der Genossenschaft beschreibt sie ihr Wirken wie folgt: «Eine stimmige Nachbarschaft – das bedeutet, sich im eigenen Umfeld wohlzufühlen und auf die gegenseitige Unterstützung von Nachbar/innen zählen zu können. Darum fördern wir das gemeinschaftliche Zusammenleben, etwa durch Begegnungsorte oder Konfliktberatung. Unter den Nachbar/innen etablieren wir eine Kultur, die Vielfalt zulässt, andere integriert und Rücksicht nimmt auf deren Bedürfnisse» (Allgemeine Baugenossenschaft Zürich, online, 2022). Die Bewohner wünschen sich von einem Quartier, dass sie sich wohl fühlen und ein gutes Angebot zum Beispiel Kinderkrippen, Nahversorgung etc. vorhanden sind. Auch Begegnungszonen sind den Quartierbewohnern wichtig sowie autoarme Siedlungen (N. Elte, 2022).

Wenn man Nathanea Elte, Präsidentin der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich fragt, was sie für Nachhaltigkeit machen und ob Nachhaltigkeit auch von den Bewohnern gelebt wird, sagt sie klar, dass man diese Frage nicht pauschalisieren kann. Nachhaltigkeit wird jedoch immer wichtiger. Bei einer Befragung durch die Baugenossenschafts-App Wink wurde das Thema ökologisches Handeln von den Bewohnern als besonders hoch bewertet. Die ABZ selbst möchte bis im Jahr 2030 eine Nettonull-CO2-Emmission erreichen. Die Geschäftsstelle setzt dies im Bau und Unterhalt seit Jahren aktiv um. Dazu soll aber auch das umweltbewusste Handeln der Bewohner gefördert werden. Zum Beispiel Biodiversität wird in den Aussenräumen gefördert. Die Grünflächen werden zusammen mit den Bewohnern oder mit Fachleuten aufgewertet. Durch diese kleinen Massnahmen wird das Thema sichtbar gemacht (N. Elte, 2022).

Die ABZ-Siedlungen sind dafür bekannt, dass sie bunt sind und eine durchmischte Mieterschaft haben. In den verschiedenen Begegnungszonen wie Treppenhäusern, Gemeinschaftsräumen, Waschsalons treffen sich die Bewohner. Auch haben die Bewohner die Möglichkeit, sich digital zu treffen und auszutauschen. Dafür wurde die Wink-App entwickelt. Mit dieser App haben die Bewohner die Möglichkeit Anlässe in der Siedlung zu veröffentlichen, Gleichgesinnte zu suchen oder einen Marktplatz zu eröffnen (Allgemeine Baugenossenschaft Zürich, online, 2022). Das Gemeinschaftsgefühl entsteht in den ABZ-Siedlungen auch dadurch, dass es in den meisten Siedlungen eine Siedlungskommission gibt. Diese sind für das gemeinschaftliche Leben in den Siedlungen zuständig und vertreten deren Interessen vor Geschäftsstelle und Vorstand. Auch gibt es viele Aktivgruppen wie zum Beispiel Urban Gardening oder eine Gruppe, die sich zum Mittwochkaffee trifft (N. Elte, 2022).

Lebendige Quartiere verbinden

Ein wichtiger Punkt von Quartieren ist das Zusammenspiel zwischen der Umgebung, der gemeinschaftsfördernden Architektur und den Bewohnern. So sieht das auch Nathanea Elte. Für sie ist ein lebendiges Quartier ein Ort, an dem sich Bewohner wohl fühlen. An dem sich Wohnen, leben und arbeiten vereinen lässt. Ein gutes Beispiel für N. Elte ist das Quartier Sihlfeld am Bullingerplatz in Zürich. Das Quartier wurde aufwendig saniert. Im Erdgeschoss waren vor der Sanierung eine Apotheke und ein Polsterer eingemietet. Durch das Café du Bonheur als neue Mieterin wurde ein Ort des Treffens erschaffen, welcher das Quartier lebendiger machte. Heute ist es ein Platz, an dem sich Personen treffen und verweilen (N. Elte, 2022).

Lebendige Quartiere fördern ein Zusammenspiel des Zusammenlebens in der Quartiergemeinschaft und der nachhaltigen Entwicklung. Dadurch entstehen und bestehen Gemeinschaften. Sie erschaffen Begegnungszonen, Vielfältigkeit sowie Zugehörigkeit. Lebendige Quartiere fördern aber vor allem eins: das Miteinander.

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