27. März 2023

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Nachhaltigkeit, Wohnungsnot, Bankenrettung: Ein Kommentar

<strong>Nachhaltigkeit, Wohnungsnot, Bankenrettung: Ein Kommentar</strong>

Von Christian Kraft, Hochschule Luzern

Vor 13 Jahren, im Jahr 2010, durfte ich als CS-Ökonom im KKL (Luzern) am Baukongress das Thema «Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell» präsentieren. Die Finanzkrise inklusive Rettung der UBS war gerade überstanden, der Ölpreis war auf hohem Niveau volatil und der Platz wurde aufgrund des starken Bevölkerungswachstums knapp. Unterschied zu heute: Die Zinsen sanken so schnell wie sie heute steigen. Das Baublatt zitierte den Beitrag damals so:

«Ähnliche Trends erkannte Christian Kraft, Senior Economist bei CS Economic Research. Der steigende Ölpreis helfe dem Umdenken auf die Sprünge, stellte Kraft fest. So seien etwa Wärmepumpen im Neubau auf dem Vormarsch. Auch wenn der Neubauanteil klein ist, zeigt dies ein Umdenken. Die Probleme und Chancen liegen aber im bereits vorhandenen Bestand. Energetische Sanierungen rentieren nur im Rahmen eines regulären Renovationszyklus. Einen weiteren Antrieb für nachhaltiges Bauen, vor allem was Neubauten betrifft, sieht Kraft in den knappen Bodenressourcen der Schweiz: «Bevölkerungswachstum, Firmenzuzüge, veränderte Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung und eine zunehmende Verkehrsbelastung in den Agglomerationen werden die Baubranche bei gleichzeitig steigendem Nachhaltigkeitsanspruch fordern». 

Was ist in der Zwischenzeit passiert? Wärmepumpen haben ihren Vormarsch im Neubau fortgesetzt, saniert wurde viel mit Gasheizungen. Der CO2-Ausstoss konnte reduziert werden, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern weniger. Der Platz wurde durch das RPG weiter limitiert, das Bevölkerungswachstum ist wieder hoch, in den Städten wird es eng. Die 2008 gerettete Bank muss eine andere Bank retten. Es gibt viele Parallelen aber u.a. einen gravierenden Unterschied: Die Zinsen sanken so schnell wie sie heute steigen.

Im konjunkturell und geldpolitisch attraktiven Umfeld konnten deshalb viele Herausforderungen angegangen werden. Institutionelle Eigentümer und Immobilienunternehmen haben zwischen 2000 und 2021 mehr als 250’000 neue Mietwohnungen (55% des Mietwohnungsbestandes seit 2000) mit überwiegend erneuerbaren Energien für mehr als 500’000 Menschen in der Schweiz gebaut, die meisten davon ab 2010 (BfS). Ohne diese Wohnungen wäre «Wohnungsnot» schon seit vielen Jahren ein medial inflationäres Thema. Sanierungen konnten ebenfalls von günstigen Finanzierungskosten und Anlageliquidität profitieren und die fallenden Zinsen stabilisierten die konjunkturell negativen Folgen der Finanz- und sich anbahnenden Eurokrise.

Die Unterstützung der sinkenden Zinsen fehlt heute und es braucht grosse Anstrengungen, die Fortschritte der letzten Jahre fortzusetzen oder gar zu beschleunigen. Dass der Platz regulatorisch weiter limitiert bleibt, dass zusätzliche Abgaben auf Aufstockungen und Erweiterungen in den Städten erhoben werden, dass einzelne Verordnungen das Bauen kumuliert erschweren und dass Nachbarn verständlicherweise kein Interesse an Dauerbaustellen «in ihrem Garten» haben, ist zusätzlich wenig hilfreich.

Ohne die Unterstützung des Marktumfeldes müssen alle involvierten Parteien stärker an einem Strang ziehen. Schuldzuweisungen und die Forderungen weiterer Einschränkungen mit empirisch belegten negativen Investitionsanreizen sind genauso kontraproduktiv wie einzelne Akteure, die auf das schnelle Geld mit Wohnraum abzielen und damit das Image der ganzen Immobilienbranche beschädigen. Deshalb ist weniger Polemik und mehr Pragmatismus gefragt, auch in einem Wahljahr.

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