8. Mai 2023

Studentische Beiträge

Real Estate Crowdinvesting: Hohe Renditen mit wenig Risiko – das funktioniert auch als Miteigentümer einer Liegenschaft nicht

Real Estate Crowdinvesting: Hohe Renditen mit wenig Risiko – das funktioniert auch als Miteigentümer einer Liegenschaft nicht
Crowdinvesting Volumen Schweiz 2012-2021. Quelle: Dietrich & Amrein, 2022

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Die Anbieter von Crowdinvestments in Immobilien locken Kleininvestoren mit hohen Renditeaussichten an. Welche Risiken tatsächlich hinter den Renditen stecken, bleibt oftmals auf den ersten Blick im Verborgenen.

Ein Artikel von Stephanie Kessler und Miryam Barmettler

Kleininvestoren werden gemeinsam Immobilieneigentümer

In den letzten Jahren ist die Immobilie als Anlagegruppe immer attraktiver geworden, da das Tiefzinsniveau nur noch wenig Alternativen geboten hat. Dieser Trend machte sich aber auch in den Immobilienpreisen bemerkbar und nur wenige Personen können sich den Traum einer direkten Immobilienanlage erfüllen. Genau dafür bieten die Crowdinvesting-Plattformen eine Lösung. Wie der Name sagt, werden mehrere Personen zusammengebracht, um ein Investment zu tätigen. Die Anbieter von Crowdinvesting-Plattformen suchen vielversprechende Objekte und bieten diese den Interessenten zum Kauf an. Bereits mit einem Investitionsbetrag von CHF 10’000 kann man Miteigentümer mit einer Vielzahl an Gleichgesinnten werden. Dabei werden den Miteigentümern auch im erhöhten Zinsumfeld reizvolle Renditen in Aussicht gestellt (Crowdli (a), online).

Crowdinvesting-Plattformen wie bspw. Crowdhouse.ch bieten den Miteigentümern einen Rundum-Service an. Sie akquirieren und reservieren die Liegenschaften, führen Gespräche mit Banken über die Fremdfinanzierungsanteile und -konditionen und bereiten die für den Erwerb der Liegenschaft erforderlichen Vertragsunterlagen vor. Basierend darauf können sich die Investoren für oder gegen ein Investment entscheiden. Während der Investmentdauer übernimmt Crowdhouse zudem die Bewirtschaftung und Verwaltung der Liegenschaft und zum Schluss wird eine Exitstrategie präsentiert (Vonghia & Lüdi, 2023).

Das Prinzip, in der Gemeinschaft in eine Immobilienanlage zu investieren, kennt man schon aus dem Bereich von Immobilienfonds. Auch dort werden die Vermögen zusammengelegt, um vor allem eine breite Diversifikation zu erreichen. Die Verwaltung der Immobilienanlagen wird von einem Fondsmanager gegen eine Gebühr übernommen. Der grosse Unterschied liegt im Mitbestimmungsrecht. Bei einem Crowdinvestment hat man als Miteigentümer ein Mitspracherecht. Bei den Immobilienfonds kann man keinen Einfluss auf Investment- / Desinvestmententscheide nehmen (Crowdli (b), online).

Die Community in der Schweiz wächst

In den letzten Jahren haben die Crowdinvestments einen regelrechten Aufschwung erlebt und ein Abflachen dieser Kurve ist nicht absehbar. Wie in der Abbildung 1 dargestellt, ist im Bereich von Real Estate im Jahr 2021 ein Betrag von CHF 142.2 Mio. zusammengekommen. Im Gegensatz zum Transaktionsvolumen sind die Anzahl der durchgeführten Transaktionen (Kapagnen) allerdings zurückgekommen. Das bedeutet, dass pro Kampagne ein höheres Investitionsvolumen gesammelt werden konnte. Der Teilmarkt von Immobilieninvestments über die Crowd entstand in der Schweiz erst im Jahr 2015. Aufgrund des noch sehr jungen Marktes ist das Volumenwachstum eher volatil. Ein Investor investiert im Durchschnitt rund CHF 110’000 (Dietrich & Amrein, 2022). Bei Crowdhouse liegt das durchschnittliche Gesamtinvestment bei rund CHF 300’000 pro Investor. Dieses Investment verteilt sich oftmals auf mehrere Immobilien (Vonghia & Lüdi, 2023).

Abbildung 1: Crowdinvesting Volumen Schweiz 2012-2021. Quelle: Dietrich & Amrein, 2022

Die Risiken sind nicht zu unterschätzen

Ein Blick auf die Startseite von Crowdinvesting-Plattformen wie beispielsweise vom Schweizer Marktführer Crowdhouse (Wild, 2022) erreicht umgehend die Aufmerksamkeit von potentiellen Investoren: 6 % durchschnittlich erzielte Eigenkapitalrendite. Im aktuellen Marktumfeld ist dies eine beachtliche Kennzahl. Doch wurde diese Rendite in der Vergangenheit erreicht und ist diese im aktuellen Marktumfeld noch realistisch? Und wo verbergen sich die Risiken?

Dies lässt sich am besten anhand eines realen Beispiels aufzeigen:

Aktuell werden Miteigentumsanteile an einem Neubau-Mehrfamilienhaus in Herzogenbuchsee mit einer erwarteten Eigenkapitalrendite von 5.6 % angeboten (Crowdhouse, 2023). Das Objekt soll zu rund zwei Dritteln fremdfinanziert werden mit einer SARON-Hypothek. Eine SARON-Hypothek besteht aus zwei Komponenten. Einerseits aus einer für die gewählte Kreditlaufzeit fixierten Kundenmarge und andererseits aus dem Basiszinssatz (SARON), der alle 3 Monate neu berechnet wird (Nidwaldner Kantonalbank, online). Innerhalb der letzten 12 Monate erhöhte sich der SARON um über 1.5 % (SNB, online). Sollte sich der SARON-Satz nun nochmals deutlich erhöhen, schmälert dies die zu erwartende Eigenkapitalrendite des Investments deutlich, wie das untenstehende Berechnungsbeispiel auf der Abbildung 2 zeigt.

Abbildung 2: Vergleich EK-Rendite bei aktuellem und steigendem Zinsniveau. Quelle: Eigene Darstellung

In der Vergangenheit wurden die meisten Crowd-Investments mit einer Festhypothek über die gesamte Dauer des Deals finanziert (Crowdhouse (a), 2022), was eine gewisse Kosten-Sicherheit gab. Da Festhypotheken im aktuellen Marktumfeld an Attraktivität verloren haben, werden die neuen Crowd-Investments oft mit SARON-Hypotheken abgeschlossen, was für den Investor ein deutlich höheres Kosten-Risiko mit sich bringt (Finews.ch, 2023).

Nebst dem Zinskosten-Risiko gibt es in der Berechnung der erwarteten Eigenkapitalrendite des Investments noch diverse weitere Risiken (Bestler, online). Da wäre zum einen das Vermietungsrisiko. Im oben aufgeführten Beispiel wurde ein Leerstandpuffer von 3 % eingerechnet. Das angebotene Objekt umfasst 16 Wohnungen. Wenn eine dieser Wohnungen leer steht, liegt die Leerstandziffer dieses Objekts bereits bei rund 6 %. Selbstverständlich steht eine Wohnung im Normalfall nicht dauerhaft leer, die Leerstandziffer kann jedoch je nach Marktlage und Umzugsfreudigkeit der Mieter pro Jahr stark variieren. Die einkalkulierten 3 % sind deshalb mit Vorsicht zu geniessen, erscheinen jedoch realistisch.

Zum anderen bergen die laufenden Unterhaltskosten des Objekts ein weiteres Risiko. Die im Beispiel-Szenario einkalkulierten Kosten beruhen auf einer Einschätzung nach Erfahrungswerten (Crowdhouse (b), online) und es gilt deshalb, diese ebenfalls kritisch zu hinterfragen. In der Praxis schwanken diese Kosten von Jahr zu Jahr stark. Bei einem neu erstellten Objekt wie dem vorliegenden Beispiel sollten die Unterhaltskosten grundsätzlich eher tief ausfallen, der eingesetzte Betrag erscheint somit nach bestem Wissen und Gewissen beziffert. Aber auch hier besteht keine Sicherheit und der Investor trägt das volle Kostenrisiko.

Schlussendlich gibt es noch das Verkaufsrisiko (Bestler, online). Die Kalkulationen basieren jeweils auf der Annahme, dass bei einem Verkauf das volle eingesetzte Eigenkapital wieder herausgelöst, respektive das Objekt im Minimum zum ursprünglichen Kaufpreis wieder verkauft werden kann. Ist dies nicht der Fall, verändert sich die Eigenkapitalrendite des gesamten Investments markant. Zu den Ausstiegsszenarien, den sogenannten Exits aus den Crowdinvests, sind leider erst sehr wenige Informationen verfügbar. Nach Ablauf der zu Beginn vereinbarten Deal-Laufzeit haben die Miteigentümer jeweils die Wahlmöglichkeit zwischen einer Refinanzierung und dem Verkauf des Objekts (Crowdhouse (a), online). Bis heute hat die Firma Crowdhouse insgesamt 11 Exits vollständig durchgeführt (Vonghia & Lüdi, 2023). Die ersten Erfahrungen mit diesen Exits seien gemäss Robert Plantak (2021), dem CEO von Crowdhouse, durchwegs positiv und die effektiv erreichten Renditen hätten sich im Rahmen der Prognosen bewegt. Konkrete Zahlen dazu wurden bisher keine veröffentlicht. Aufgrund der Preissteigerungen in den letzten Jahren ist es aber plausibel, dass diese Renditen effektiv erreicht werden konnten. Zu bedenken gilt es aber, dass sich die Marktlage zur Zeit stark verändert und nicht mit einer kontinuierlichen Preissteigerung gerechnet werden darf. Im Gegenteil, es könnte jederzeit auch zu einem Preisrückgang kommen.

Wer seinen Miteigentumsanteil während der Deal-Laufzeit veräussern möchte, kann dies am Sekundärmarkt tun. Dieser Verkauf dauert im Durchschnitt rund vier Wochen (Crowdhouse (c), online). Aber auch hier besteht das Risiko, dass das ursprünglich investierte Kapital nicht vollständig wieder herausgelöst werden kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die bei einem Crowdinvest-Angebot angegebene zu erwartende Eigenkapitalrendite zwar begründet und nicht exorbitant ist. Jedoch beinhaltet sie diverse riskante Annahmen und kann schlussendlich auch stark von der Erwartung abweichen. Dies sollte sich ein Investor auf jeden Fall bewusst sein und abwägen, wie viel Risiko er bereit ist einzugehen und ob er an den Erfolg dieses Objekts glaubt.

Crowdinvesting ist und bleibt trotz Wachstum auch in Zukunft ein Nischenmarkt

Obwohl der Crowdinvesting-Markt im Immobilienbereich in den letzten Jahren stetig gewachsen ist und voraussichtlich auch in Zukunft weiterwachsen wird (Dietrich & Amrein, 2022), bleibt er ein Nischenprodukt. Dies zum einen wegen des beschränkten Angebots auf dem Schweizer Immobilienmarkt und zum anderen wegen der hohen Mindestinvestmentgrösse im Vergleich zu beispielsweise einem Immobilienfonds-Anteilschein. Im Gegensatz zu Immobilienfonds bietet eine Direktinvestition in eine Immobilie jedoch den Vorteil, dass diese weniger stark mit dem weltweiten Aktienmarkt korreliert und somit auch weniger volatil ist. Zudem sind der emotionale Aspekt und das Gefühl der Sicherheit, ein im Grundbuch eingetragener Miteigentümer einer Schweizer Immobilie zu sein, Hauptargumente der Investoren (Vonghia & Lüdi, 2023).

Abzuwarten bleibt nun die Entwicklung des Marktwachstums von Crowdinvestments in Immobilien bei aktuell steigenden Fremdkapitalzinsen und damit verbunden allgemein sinkender Attraktivität von Immobilieninvestitionen. Entscheidend wird zudem auch sein, zu welchen Konditionen die zukünftigen Exits unter den veränderten Marktbedingungen abgeschlossen werden können und wie sich dies auf die Reputation von solchen Investments auswirkt. Es ist und bleibt als Investor auf jeden Fall unerlässlich, ein Crowdinvest analog jedem anderen Investment genaustens zu prüfen und sich nicht zu sehr von der zu erwarteten Eigenkapitalrendite locken zu lassen.

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