Artificial Intelligence & Machine Learning,

Nachwuchsförderung

Diesen Robotern zeigen wir’s!

Diesen Robotern zeigen wir’s!
Spannung am Robotik-Workshop an der PH Luzern: Hannah schickt ihren fahrenden Roboter in die Runde. Wird er das tun, was sie und ihre Kollegin Anja ihm einprogrammiert haben...?

Von Gabriela Bonin

Roboter zum Leben erwecken: Diese Beschäftigung beflügelte vor Kurzem über Tausend Zentralschweizer Teenager an Robotik-Workshops. Ein voller Erfolg für die Hochschule Luzern. Grund genug, diese Angebote im kommenden Jahr auszubauen. 

Ein Anblick, der die Herzen von Lehrpersonen höherschlagen lässt: 24 Jugendliche knobeln während eines ganzen Morgens konzentriert und gut gelaunt an kniffligen Aufgaben herum. Weder Geschwätz noch Gemaule ist zu vernehmen. Keiner der anwesenden Teenager verdreht die Augen oder schaut heimlich aufs Smartphone. Alle sind aufmerksam bei der Sache.

Die Jugendlichen kümmert es auch nicht, dass mehrere Videokameras auf sie gerichtet sind und dass ihnen rund 15 Erwachsene – Lehrer, Forscherinnen, Coaches und Medienschaffende – fortlaufend beim Programmieren über die Schultern schauen. Dabei blicken sie gebannt in die Bildschirme ihrer Laptops und tippen eifrig Befehle ein.

Die Departemente Technik & Architektur und Informatik spannen mit der PH Luzern zusammen

Wir befinden uns in der Roboter-Lernwerkstatt an der Pädagogischen Hochschule Luzern (PH Luzern), zurück im Herbst 2020: Die PH und die Hochschule Luzern bieten hier gemeinsam für 55 Zentralschweizer Schulklassen eine Lernumgebung zur Robotik an. Das Angebot war trotz Corona-Pandemie innert 14 Tagen ausgebucht.  Es ist interdisziplinär aufgebaut; beteiligt sind die PH Luzern sowie die Departemente Informatik und Technik & Architektur der Hochschule Luzern.  Die Workshops finden im Rahmen des RobertaRegioZentrums (RRZ) Luzern statt. Finanziert wird das Angebot von der PH Luzern, der Hochschule Luzern sowie mit Fördergeldern der Akademien der Wissenschaften Schweiz.

Zwei Schülerinnen, die daran teilnehmen, sind Anja und Hannah: Sie arbeiten wie der Rest der Klasse mit der Methodik des Paarprogrammierens. Man nennt dies auch «Pair Programming» oder «Tandemprogrammierung».

Das geht so: Eine Schülerin schreibt den Programmiercode, während die andere über die Problemstellung nachdenkt. Ausserdem kontrolliert sie den Code ihrer Kollegin. Fällt ihr ein Problem auf, bespricht sie dieses sofort mit ihrer Kollegin. So können die Schülerinnen allfällige Schwierigkeiten gleich gemeinsam lösen. Die beiden wechseln sich in diesen zwei Rollen ab. In der Welt der Berufsprogrammiererinnen und -programmierer kommt diese Arbeitstechnik als agile Vorgehensweise in der Softwareentwicklung zum Einsatz.

Agile Techniken von jung auf erlernen

Für Anja und Hannah scheint die Methodik indes vielmehr ein spannendes Spiel zu sein. Sie besprechen sich leise, lachen zwischendurch, denken nach, probieren aus, pendeln zwischen Bildschirm und Roboter. Bei Bedarf holen sie sich Ratschläge bei einem oder einer der Erwachsenen, die ihnen vor Ort beratend zur Seite stehen.

Sobald die Schülerinnen einige neue Befehle in ihren Laptop eingegeben haben, prüfen sie, ob ihr Roboter diese auf der für ihn bereitgestellten Bodenmatte ausführt. Er soll eine Route so abfahren, wie sie ihm Anja und Hannah einprogrammiert haben.

Zuversichtlich dranbleiben, bis es klappt

Einmal, zweimal, dreimal…: Immer wieder passen Anja und Hannah ihre Befehle an. Ihr Roboter gehorcht zunächst nicht. Egal. Die beiden Mädchen bleiben dran: «Komm, wir versuchen es noch einmal», sagt Hannah zu Anja, «es kommt schon gut!» Sie tüfteln so lange weiter, bis ihre Codes sitzen und der Roboter seine Aufgaben korrekt löst.

Gegen Ende des Morgens hört man in der Lernwerkstatt denn auch immer mehr Ausdrücke des Stolzes und des Jubels: «Yesss!», «So cool.», «Wir haben’s geschafft.», «Super.» Applaus. Lachen. Die Jugendlichen erfahren unmittelbar, dass sie über Fähigkeiten verfügen, von denen sie bislang noch kaum etwas wussten: Sie können programmieren. Ihre Roboter tun, was sie wollen. Für die meisten ist dies ein grosses Erfolgserlebnis.

«Ebenso berichten viele der Lehrpersonen, die an den 55 Workshops teilgenommen haben, von Aha-Erlebnissen», sagt Andrea Schmid, die verantwortliche Projektleiterin der Roberta-Lernwerkstatt an der PH Luzern: «Oft sind die Lehrpersonen positiv überrascht davon, wie sich ihre Schülerinnen und Schüler in den Robotik-Workshops bezüglich Arbeitsweisen, Auffassungsgabe und Umsetzungsoptionen verhalten.»

Auch Roland Christen ist von der Atmosphäre in dieser Lernwerkstatt begeistert: Er ist der Verantwortliche für die Jugendförderung im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) an der Hochschule Luzern – Informatik. An diesem Morgen in der Lernwerkstatt an der PH gibt er den Schülerinnen und Schülern Tipps. Gelegentlich beugt er sich auch über den Bildschirm, an dem Hannah und Anja arbeiten, und lobt die beiden: «Wow, super. Macht so weiter!»

Über sich selbst hinauswachsen

Die Klasse, die Hannah und Anja besuchen, ist eine zweite Klasse auf Niveau C der Sekundarschule Hitzkirch LU. Wer Niveau C besucht, erfüllt nur «grundlegende Anforderungen». Die Hälfte der Klasse hat einen Migrationshintergrund. Alles kein Hindernis in der Roboter-Programmierung: In dieser Lernwerkstatt zeigen die Teenager Durchhaltewillen, Kreativität und hohe Konzentrationsfähigkeit. «Ich bin sehr beeindruckt, wieviel Vorwissen sie schon haben», sagt Roland Christen, «und wie rasch sie das hier weiterentwickeln.»

Neue Träume wecken für Robotik-Berufe

Ihr Klassenlehrer Ivan Bründler hat ihnen denn auch in zweiwöchentlichen Informatiklektionen schon ein gewisses Grundverständnis vermittelt. Bald werden seine Schülerinnen und Schüler eine Lehre besuchen: Mit Sek-C-Abschluss ist dies zum Beispiel im Verkauf möglich, in der Logistik oder der Pflege.

Vorderhand gelangen sie also noch nicht gleich zu einem Beruf, der mit künstlicher Intelligenz, Robotik oder Machine Learning im direkten Zusammenhang steht. Aber ihr Selbstbewusstsein wird in solchen Lernwerkstätten gestärkt. Womöglich werden hier Träume geboren und neue Ziele gesetzt: Nach der Lehre vielleicht können sich die Jugendlichen über Weiterbildungen zu Programmiererinnen oder Informatikern mausern.

Je mehr Jugendliche, insbesondere auch junge Frauen, sich für Informatik-Berufe interessieren, umso besser kann die Branche ihrem Fachkräfte-Mangel entgegenwirken.

Herausragendes Feedback motiviert zu nächsten Taten

Daher soll der Erfolg der 55 Workshops, die das RobertaRegioZentrum (RRZ) im Herbst 2020 durchgeführt hat, weitere Kreise ziehen: «Wir werden diese Workshops künftig auch direkt bei uns an der Hochschule Luzern – Informatik in Rotkreuz anbieten», sagt Roland Christen, «die Nachfrage danach ist grösser als das Angebot».

Auch seien die Feedbacks der Lehrpersonen auf die vergangenen 55 Workshops laut Projektleiterin Andrea Schmid «überdurchschnittlich positiv» ausgefallen: «Wir erhielten Spitzenwerte für unser Fachpersonal. Die Qualität der Rückmeldungen war sehr hoch».  

Klar, dass die Roberta-Fachleute daher hochmotiviert bereits nächste Roberta-Lernwerkstätten fürs kommende Jahr anstreben: Christen denkt daran, die Robotik-Lernwerkstatt ab den Sommerferien 2021 in Rotkreuz als Freizeitangebot für Jugendliche durchführen. 

Lehrpersonen schulen – mit Multiplikationseffekt

Das RRZ Luzern und RRZ Zug führt Roberta-Schulungen für Lehrpersonen und interessierte Fachexpertinnen und -Experten in der Zentralschweiz durch. Roland Christen möchte per kommenden Herbst auch Schnupperkurse für Lehrpersonen in Rotkreuz anbieten: «Wenn wir die Lehrpersonen einschliessen, wird alles nachhaltiger», so Christen, «das hat Multiplikationseffekt».

Veröffentlicht am 21.12.2020

Folgen Sie uns für mehr Informationen! Ab Januar 2021 informieren wir neu auf Instagram unsere MINT-Aktivitäten.

An Robotik-Unterricht interessiert? Lehrpersonen können die Robotik relativ einfach ins Klassenzimmer holen. Auf der Plattform für Lehrpersonen «roteco» sind alle in der Robotik-Lernwerkstatt verwendeten Kursunterlagen kostenlos verfügbar. Sämtliche Unterlagen sind auch unter Creative Commons veröffentlicht. Das Thema Robotik wäre in Rotkreuz und Horw auch am nationalen Zukunftstag 2020 prominent zum Zug gekommen: Alle Angebote waren ausgebucht, mussten aber wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Baldmöglichst aber sollen Robotik-Workshops wieder möglich werden. Infos dazu erhalten Sie hier.

Nachwuchsförderung: Die Hochschule Luzern – Informatik engagiert sich aktiv in der Kinder- und Jugendförderung. Unter anderem unterstützt sie die internationale Initiative «Roberta® – Lernen mit Robotern». Dabei lernen Schülerinnen und Schüler mit zertifizierten «Roberta Teachers», wie Roboter und andere Hardware konstruiert und programmiert werden. Die Kinder und Jugendlichen entdecken so spannende Facetten der digitalen Welt.

Lehrpersonen begleiten: Mit dem Joint-Degree-Master-Studiengang in Fachdidaktik Medien und Informatik ist die Hochschule Luzern – Informatik seit 2018 zusammen mit der Universität Zürich und den Pädagogischen Hochschulen Luzern und Schwyz auch in der Ausbildung von Fachpersonen tätig.

Nächste MINT-Veranstaltung (sofern die Corona-Schutzmassnahmen und –Vorschriften dies erlauben): Im Rahmen von «MINT unterwegs» besuchen unsere MINT-Expertinnen und -Experten auch im kommenden Jahr mehrere Schulen im Kanton Luzern, um Kinder, Jugendliche und Lehrpersonen für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern Ausserdem findet im Mai 2021 die nächste World Robot Olympiad statt. Die Regionalausscheidungen sollen erneut am Departement Informatik in Rotkreuz stattfinden. Im Sommer 2021 will unser Departement zudem erneut Scratch-Workshops für die Ferienpässe Zug, Luzern und Nidwalden anbieten sowie neu auch Robotik-Workshops.

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