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Acht Dinge, die Sie über das digitale Universum wissen sollten

Acht Dinge, die Sie über das digitale Universum wissen sollten

Die Digitalisierung ist in aller Munde – manchmal positiv, manchmal negativ belegt. Doch was bedeutet Digitalisierung?

Mit einem Wort kann man die Digitalisierung als «Entmaterialisierung» beschreiben. Denn bei der Überführung aus dem realen, analogen Universum in eine digitale Repräsentation, das digitale Universum, geht das physische Objekt verloren. Die Eigenschaften bleiben jedoch erhalten. Das klingt recht theoretisch. Deshalb hier ein paar Beispiele:

  • Das Scannen eines Dokuments überführt ein beschriebenes Blatt in seine digitale Repräsentation; zum Beispiel ein PDF.
  • Das CAD-Modell eines Tisches kann die Eigenschaften bezüglich Dimension oder Textur eines realen Tisches besitzen, ist jedoch in einer rein elektronischen Form vorhanden.

Gartner hat in seinen «Top 10 Strategic Technology Trends 2017» den Begriff des Digital Twin geprägt. Dieser bezeichnet das digitale Abbild realer Objekte, wie Flugzeuge, Gebäude, usw. in einem digitalen Universum mit allen Einzelheiten und Funktionalitäten. Verfolgt man diesen Gedanken weiter, so wird einem bewusst, dass seit den letzten Jahrzehnten neben dem realen Universum ein digitales Universum mit anderen Naturgesetzen am Entstehen ist.

Im Folgenden sind acht Dinge beschrieben, die Sie über das digitale Universum wissen sollten. Dabei handelt es sich nicht um Science Fiction. Oft ist es mehr eine Frage der Vollständigkeit und Auflösung der digitalen Welt.

Zwischen den Universen

Reales und digitales Universum sind miteinander verbunden. Der Austausch fand lange Zeit über Monitor und Tastatur statt. Dies hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Betrachtet man die Interaktion aus Sicht eines Menschen, so nimmt dieser die reale Welt mit seinen fünf Sinnen (Sensoren) wahr und agiert in ihr mit seinem Körper (Aktoren). Das digitale Universum bietet mittlerweile für alle diese Sinne und Aktoren spezifische Schnittstellen (Interfaces):

  • Sehen = Monitore sowie Augmented- und Virtual-Reality-Brillen
  • Hören = Lautsprecher und Spracherzeugung
  • Riechen und Schmecken = Geruchs- und Aromastoffe
  • Tasten = Datenhandschuhe oder VR-Bewegungsplattformen
  • Bewegung = Bewegungstracking wie Kinect oder 3D Manipulatoren

Aber auch die andere Richtung, die Interaktion des digitalen Universums mit dem realen, ist auf allen Sinnen und Aktoren abgebildet:

  • Sehen = Kameras und Scanner
  • Hören = Mikrofone und Spracherkennung
  • Riechen und Schmecken = Internet of Things (IoT) Sensoren mit spezifischen Analysemöglichkeiten
  • Tasten = Künstliche Haut und weitere Sensoren
  • Bewegung = Roboter oder Drohnen

Damit sind beide Universen eng miteinander verbunden und greifen bereits heute stark ineinander.

Das denkende Objekt

Menschen, Tieren und Pflanzen wird Intelligenz zugesprochen. Dinge besitzen keine Intelligenz. Im digitalen Universum ändert sich dies plötzlich. Dank dem Internet of Things können Objekte ihre Umwelt wahrnehmen und selbst handeln. Durch Algorithmen und künstliche Intelligenz können zum Beispiel Gebäude «denken». Sie nehmen Veränderungen mittels ihrer Sensoren wahr und können darauf reagieren. Der Fahrstuhl etwa bemerkt, dass ein Fehler vorliegt und bestellt selbständig den Servicetechniker.

Leben im digitalen Universum

Das digitale Universum besteht jedoch nicht nur aus Objekten. Seit der virtuellen Welt Second Life oder dem Film Avatar wissen viele, dass ein Avatar einen Menschen in einer anderen Welt repräsentiert. Je genauer Sehen, Fühlen und die anderen Sinne durch Schnittstellen zum digitalen Universum nachgebildet werden, desto realitätsnäher werden wir uns dort bewegen können. Ein hoher Grad an Immersion, dem Eintauchen in eine virtuelle Welt, ist heute bereits durch Virtual Reality, Body Suites und Sprachverarbeitung möglich.

Scotty beam me up

Viele von uns kennen das Beamen aus Star Trek und es gab sicher schon Situationen, in denen man sich gewünscht hätte, diese Möglichkeit zu haben. In der realen Welt wird das wohl auf absehbare Zeit nicht der Fall sein. Im digitalen Universum ist es allerdings heute schon Realität. Zugegeben, es ist noch nicht das völlige Eintauchen an einen anderen Ort. Dank Virtual Reality-Brillen kann aber beispielsweise ein Urlaubsdomizil bereits vor dem eigentlichen Urlaub erkundet werden (Beispiel Expedia). Auch Google Street View kann uns an fremde Orte oder Museen versetzen.

Die Zeitmaschine

Die Zeit ist in unserem Universum eine feste Konstante. Anders im digitalen Universum. Wir können uns zeitlich sehr einfach in die Vergangenheit bewegen. Digitale Aufnahmen können jederzeit abgerufen werden. So bietet Google Earth Timelapse heute schon die digitale Zeitreise. Der technologische Fortschritt zeigt sich in der immer besseren Auflösung der Satellitenaufnahmen über die letzten Jahre: Je neuer die Bilder, desto höher fällt die Qualität aus. Für einzelne Websites bietet die Wayback Machine des Web Archive die digitale Zeitreise.

Für die Vergangenheit ist das relativ einfach möglich. Was ist mit der Zukunft? Spätestens seit dem Film «Zurück in die Zukunft» wissen wir, dass wir die Zukunft nicht genau vorhersehen können. Simulationen erlauben uns jedoch, bereits einzelne Aspekte, wie zum Beispiel das Wetter oder Verkehrsaufkommen, recht genau vorherzusagen. Dies wird in absehbarer Zeit auch in anderen Bereichen möglich sein und uns somit eine Reise in die Zukunft erlauben.

CTRL+C und CTRL+V – vervielfältigen im digitalen Universum

Um in unserem realen Universum eine Kopie herzustellen, braucht es neben Arbeit auch immer neue Ressourcen. Durch die Entmaterialisierung der digitalen Repräsentation ist es im digitalen Universum einfach und ohne Ressourcen möglich, Objekte zu vervielfältigen und zu skalieren, sei dies ein CAD-Modell des Eiffelturms oder ein Baum in einem virtuellen Wald. Der Schöpfungsprozess erhält im digitalen Universum einen anderen Wert, als im realen Universum.  

Realität und Fiktion

Was wir sehen, ist für uns real. Dass dies nicht immer korrekt ist, haben wir beim Gaukler auf dem Jahrmarkt oder in Escher-Zeichnungen kennengelernt. In der realen Welt ist es jedoch verhältnismässig einfach nachzuprüfen, was stimmt und was nicht. In der digitalen Welt verschwimmen Realität und Fiktion, beispielsweise in einem Adventure-Spiel, mit dem man in eine fiktive Welt eintaucht oder bei sogenannten Fake News. Wenn wir nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden können, so kann dies zu Fehlentscheidungen führen oder psychische Schäden verursachen. Somit wird dieser Aspekt des digitalen Universums in Zukunft immer entscheidender und bringt die Forderung nach vertrauensbildenden Massnahmen mit sich.

Vertrauen schaffen

Das Vertrauen zwischen realem und digitalem Universum wird zukünftig von enormer Bedeutung sein. Hier kann die Blockchain-Technologie das entscheidende Bindeglied darstellen. Da es sich beim digitalen Universum, noch mehr als beim realen, um eine Ansammlung vieler autonomer Objekte handelt, ist eine zentrale, steuernde Autorität (trusted thirdparty) nicht mehr möglich und sinnvoll. Das Vertrauen muss durch andere Mechanismen aufgebaut werden. Die Blockchain stellt das Vertrauen zwischen unabhängigen und unbekannten Akteuren mittels Algorithmen sicher. So können Verträge fälschungssicher abgelegt und ausgeführt werden. Es können schnell Transaktionen mit geringen Gebühren zwischen beiden Universen aber auch alleine innerhalb des digitalen Universums getätigt werden.

Der oben beschriebene Blickwinkel auf die Digitalisierung kann Ängste und Erinnerungen an Horrorszenarien aus diversen Science-Fiction-Filmen hervorrufen. Die Beschleunigung durch ein paralleles Leben in zwei Universen überfordert viele. Das exponentielle Wachstum des gespeicherten Datenvolumens, die immer grössere Vernetzung sowie die künstliche Intelligenz schaffen aber auch neue Möglichkeiten, neue Geschäfts-Modelle und liefern uns neue Perspektiven auf unsere Welt. Unternehmen, welche sowohl die Daten besitzen, als auch die Schnittstellen der realen zu der digitalen Welt beherrschen, zählen zu den Gewinnern. Dies ist an den Beispielen grosser Technologieunternehmen wie Apple, Google oder Facebook erkennbar. Apple ermöglichte den mobilen Zugang zum Internet durch das iPhone. Google besitzt enorme Datenmengen an digitalen Abbildern des realen Universums und stellt den Zugang zu diesen mit immer neuen Technologien wie Spracherkennung, VR oder 3D Scannern her. Facebook besitzt viele private Daten über uns und arbeitet an einem Brain Interface.    

Es werden plötzlich Dinge möglich, welche vor einigen Jahren nur in Hollywood-Studios ein Thema waren. Im digitalen Universum herrschen andere physikalische Gesetze, und der Mensch ist nicht mehr das intelligenteste Wesen. Durch das Ineinandergreifen des digitalen und des realen Universums, müssen wir lernen, mit dieser Tatsache umzugehen. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass es bei der digitalen Transformation nicht alleine darum geht, das reale Universum in ein digitales Umfeld zu kopieren. Wir müssen die neuen Naturgesetze verstehen und sinnvoll nutzen.

Wir werden noch viel Neues im digitalen Universum entdecken. Lasst uns starten. 

Forschung und Dienstleistungen zur Digitalen Transformation

Fit in die digitale Zukunft: Weiterbildungsangebote an der Hochschule Luzern

Ein Artikel von Tim Weingärnter

Veröffentlich am 12. Juli 2017

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