Wussten Sie, dass jede dritte in der Schweiz lebende Person Schwierigkeiten hat, Gesundheitsinformationen richtig zu verstehen und anzuwenden? Ergebnisse einer an die Schweiz angepassten Befragung des «European Health Literacy Survey» zeigen auf, dass bei 38% der in der Schweiz lebenden Bevölkerung die Gesundheitskompetenz niedrig ist, während sie bei 11% sogar als mangelhaft eingestuft wird. In einer Welt voller medizinischer Fachbegriffe, komplizierter Behandlungsoptionen und widersprüchlicher Informationen ist es zentral, informierte Entscheidungen für die eigene Gesundheit treffen zu können. Doch wie kann Gesundheitskompetenz gestärkt werden?
Die heute in Europa gängige Definition von Gesundheitskompetenz umfasst die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden. Dies ermöglicht es ihnen, in den Bereichen Krankheitsbewältigung und -prävention sowie Gesundheitsförderung Entscheidungen zu treffen, die die Lebensqualität über den gesamten Lebensverlauf verbessern und erhalten können. Diese spezifische Form der Gesundheitskompetenz wird als individuelle Gesundheitskompetenz bezeichnet. Sie fokussiert vor allem auf das Verhalten der Person, so zum Beispiel auf den Umgang mit ärztlichen Diagnosen, die Medikamenteneinnahme und die Beurteilung von Gesundheitsinformationen im Internet. Unter Fachpersonen wird Gesundheitskompetenz als ein Faktor betrachtet, der durch die Bereitstellung verständlicher Informationen oder die Vermittlung relevanter Fähigkeiten verbessert werden kann.
Das Thema Gesundheit und wie man sie fördern kann ist zwar omnipräsent, doch der Zugang zu den Informationen unterscheidet sich zwischen den Individuen. Der ungleiche Zugang – oder kein Zugang – führt dazu, dass es für die Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz auch keine Patentlösung geben kann. Für einige liegt es an der Komplexität der (Fach)Sprache, für andere sind es die Informationsflut und Desinformation, welche zu Problemen führen. Mit der zunehmenden Abhängigkeit von digitalen Plattformen für Informationen können Personen mit begrenzten digitalen Kenntnissen noch zusätzlich vor Herausforderungen gestellt werden. So zeigte die Erhebung zur Internetnutzung des Bundesamts für Statistik auf, dass 22 % der Bevölkerung zwischen 15 und 88 Jahren nur über eingeschränkte oder geringe Kompetenzen verfügen, um sich in der digitalen Welt zurechtzufinden.
Um eine nachhaltige Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung zu erreichen, bedarf es daher die individuellen Kompetenzen mit einer strukturellen Ebene zu verknüpfen. Neben dem Individuum sollen auch die Organisationen und Strukturen, in denen Gesundheitsversorgung stattfindet und gesundheitsbezogene Entscheidungen getroffen werden, in die Lösung des Problems der unzureichenden Gesundheitskompetenz miteinbezogen werden.
In diesem Zusammenhang entstand das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz. Dieses Konzept zielt darauf ab, institutionelle Strukturen und Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Menschen in der Lage sind, gesundheitsrelevante Informationen und Dienstleistungen zu verstehen, zu nutzen und fundierte Entscheidungen für die eigene Gesundheit und die anderer zu treffen – unabhängig von ihrem Gesundheitskompetenzniveau. Ein Praxisbeispiel für die Umsetzung der organisationalen Gesundheitskompetenz in einer medizinischen Grundversorgungsorganisation wurde von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich und der Careum Stiftung entwickelt und von Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt. Die Intervention stützt sich auf eine Selbstbewertung, die von einem interdisziplinären und hierarchieübergreifenden Team von Mitarbeitenden durchgeführt wird. Diese Selbstbewertung erfolgt anhand spezifischer Kriterien, die sich auf die sechs Dimensionen der organisationalen Gesundheitskompetenz beziehen, nämlich:
Auf Grundlage dieser Selbsteinschätzung können die Teams ihre Stärken und Schwächen im Bereich der organisationalen Gesundheitskompetenz erkennen und den Handlungsbedarf bestimmen. So kann Gesundheitskompetenz ganzheitlich gestärkt werden, was sich langfristig für uns als Individuen, aber auch für jede Organisation – so auch Ihre – lohnt.
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