17. Juni 2025

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Pflege

Bachelor. Master. Wirkung. Wie die neuen Pflegestudiengänge die Gesundheitsversorgung stärken – direkt am Bett

Bachelor. Master. Wirkung. Wie die neuen Pflegestudiengänge die Gesundheitsversorgung stärken – direkt am Bett
Von Fabio Knöfler

Die Arbeit des Pflegepersonals wird immer komplexer und fragmentierter, Anforderungen ändern sich, neue Kompetenzen sind gefragt – und an Arbeit mangelt es sicher nicht. Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden und sich verändernde Rollen in der Gesundheitsversorgung mitzugestalten, werden in der Zentralschweiz neu Pflegefachpersonen auf Hochschulstufe ausgebildet. Denn auch sie verdienen es, wissenschaftlich fundiert und evidenzbasiert zu arbeiten – auch und gerade «am Bett».

Lange war die Zentralschweiz ein weisser Fleck auf der Landkarte der Pflegestudiengänge. Während in anderen Regionen längst auf Bachelor- und Masterniveau ausgebildet wurde, suchte man solche Angebote hier vergeblich – obwohl der hohe Bedarf an Pflegefachpersonen mit Hochschulabschluss längst ausgewiesen war.

2023 kam dann Bewegung in die Sache: Der Konkordatsrat wollte es genau wissen und beauftragte die Hochschule Luzern gemeinsam mit dem Bildungszentrum XUND mit einer umfassenden Abklärung. Braucht es Pflegestudiengänge auf Hochschulstufe – und wenn ja, in welcher Ausgestaltung?

Die Antwort war eindeutig und es zeigte sich ein grosser Bedarf und Mehrwert, worauf der Konkordatsrat grünes Licht gab und damit den Startschuss für die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen in Pflege. Ein Meilenstein für die Region – und ein starkes Signal für die Zukunft der Gesundheitsversorgung in der Zentralschweiz.

Neue Versorgungsrealitäten verlangen nach neuen Kompetenzen

Die Gesundheitsversorgung steht unter wachsendem Druck – und die Pflege wächst als Teil davon mit. Technologische Innovationen, chronische Erkrankungen, Fachkräftemangel und Reformen wie «ambulant vor stationär» fordern neue Lösungen. Was zunehmend deutlich wird: Pflegefachpersonen benötigen neues Wissen und neue Kompetenzen, um diesen Entwicklungen und Anforderungen gerecht zu werden.

Das zeigt auch das Nationale Forschungsprogramm NFP 74: Die Versorgung wird komplexer, fragmentierter – und teurer. Digitale Angebote, steigende Erwartungen, neue interprofessionelle Versorgungsmodelle und Rollen verschieben die Anforderungen an Gesundheitsfachpersonen, verändern ihre Arbeitsrealität sowie ihre Aufgaben und Tätigkeiten. Gefragt sind neue Kompetenzen,  etwa in der Förderung von Selbstmanagement und Gesundheitskompetenz, in der gemeinsamen Entscheidungsfindung, zur digitalen Transformation des Gesundheitswesens oder in der interprofessionellen Zusammenarbeit.

Wie die neuen Pflegestudiengänge die Gesundheitsversorgung stärken

Genau hier kommen Pflegefachpersonen mit Hochschulabschluss ins Spiel. Ob auf Bachelor- oder Masterstufe – sie sind dafür ausgebildet, Verantwortung zu übernehmen, die Versorgung aktiv mitzugestalten sowie die Pflege evidenzbasiert weiterzuentwickeln. Sie sind in der Lage, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse so zu «übersetzen», dass sie für Pflegeteams verständlich sind  und direkt in die Patient:innenversorgung «am Bett» einfliessen. Studien belegen: Pflegefachpersonen mit Hochschulausbildung senken unter anderem die Rehospitalisierungsrate, verbessern die Versorgungsqualität und koordinieren effizient, insbesondere in interprofessionellen, integrierten Settings.

Mehr Wirkung bei langfristig stabileren Kosten. So weit, so gut? Nicht ganz!

Neben den positiven Effekten auf die Versorgungsqualität leisten die neuen Studiengänge insbesondere einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Fachkräftemangels:

  • Laufbahnperspektiven verlängern die Berufsverweildauer – wer Entwicklungschancen sieht, bleibt.
  • Wohnortnahe Angebote verhindern Talentabwanderung in andere Regionen und erschliessen neue Zielgruppen – etwa Gymnasiast:innen, die ohne entsprechende Angebote andere Wege gingen.
  • Neue Rollen wie die Advanced Practice Nurse (APN) machen den Pflegeberuf insgesamt attraktiver – und wirksamer.

Schlüsselrolle APN – Luzern macht’s vor

Gerade Advanced Practice Nurses (APNs) leisten schon heute einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung, etwa in Hausarztpraxen, wo sie die Betreuung und Behandlung chronisch erkrankter Menschen übernehmen. Auch Hausbesuche und Heimvisiten, die vielerorts nicht mehr angeboten werden konnten, werden durch ihren Einsatz wieder möglich. So wird der Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessert.

APNs ersetzen dabei keine Ärzt:innen – sie ergänzen die Versorgung mit pflegerischer Expertise. Gerade weil ihr Fokus pflegerisch bleibt, entsteht ein echter Mehrwert: Neben der Behandlung von Erkrankungen und Symptomen fördern sie das Selbstmanagement der Patient:innen, stärken deren Gesundheitskompetenz und ermöglichen ein längeres, selbstständiges Leben zu Hause. Das entspricht nicht nur den Wünschen vieler Patient:innen, sondern auch den Zielen aktueller gesundheitspolitischer Strategien – und es birgt zugleich Potenzial zur Kosteneindämmung.

Um die Gesundheitsversorgung in der Zentralschweiz zukunftsfähig zu gestalten, braucht es neue, praxisnahe Lösungen – insbesondere in ländlichen Regionen. APNs können dabei eine zentrale Rolle übernehmen: Sie schliessen Versorgungslücken, betreuen Patient:innen wohnortnah und unterstützen mit ihrer Expertise die konsequente Umsetzung des Prinzips «ambulant vor stationär».

Der Kanton Luzern geht dabei mit gutem Beispiel voran: Er übernimmt eine Vorreiterrolle beim gezielten Einbezug von APNs in Hausarztpraxen – und setzt damit ein starkes Zeichen für eine zukunftsfähige, nachhaltige und patientennahe Grundversorgung.

Pflege stärken – Gesundheitsversorgung sichern. Eine Investition in uns alle

Die Ausbildung auf Hochschulstufe legt dafür die Grundlagen und spielt eine zentrale Rolle: Pflege basiert auf Evidenz, nicht auf Berufung. Nur mit einer wissenschaftlich fundierten und gleichzeitig praxisorientierten Ausbildung lässt sich Pflege wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich gestalten.

Hand aufs Herz: Wer würde sich einer ärztlichen Therapie anvertrauen, die zwar gut gemeint ist, deren Wirksamkeit aber allein auf Überzeugung beruht? Gibt es gute Gründe, warum das bei pflegerischen Massnahmen anders sein sollte?

Der Befund ist eindeutig: Die Pflegestudiengänge der HSLU sind kein Selbstzweck und kein «nice to have», sondern ein Hebel für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges und bezahlbares Gesundheitssystem. Sie stärken die Pflege als Profession – und damit die Gesundheitsversorgung in der Zentralschweiz insgesamt. Eine Investition, die uns allen zugutekommt.

Und: Die Nachfrage ist gross. Die Studienplätze konnten rasch vergeben werden. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde für das Frühjahrssemester 2025 sogar ein zusätzlicher, ausserplanmässiger Bachelor-Studiumsstart ermöglicht. Ein deutliches Signal: Die Investition in den Pflegefachberufen zahlt sich aus.


Prof. Fabio Knöfler ist Studiengangsleiter des Bachelor in Pflege und Co-Leiter des Instituts für Pflege und Interprofessionalität der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Zuvor unterrichtete im Bereich Pflege am XUND Bildungszentrum in Luzern, mit beruflicher Erfahrung als diplomierter Pflegefachmann an den Universitätsspitälern Zürich und Bern.

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