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Was hat der USB-C Zwang beim I-Phone mit dem Schweizer Gesundheitswesen zu tun?

Was hat der USB-C Zwang beim I-Phone mit dem Schweizer Gesundheitswesen zu tun?
Von Hannes Blatter

Im Herbst 2023 wird Apple von der EU zur Umstellung auf USB-C gezwungen. Vergeblich lobbyierte Apple dagegen an und wollte auch weiterhin Wettbewerb beim Kabelsalat. In der Schweiz hat sich die Krankenversicherungsbranche während 11 Jahren ebenfalls einen Wettbewerb beim Kabelsalat geleistet, wenn auch weitaus komplexeren Inhalts.

Das Schweizer Gesundheitssystem kennt viele Eigenheiten. Es ist beispielsweise geprägt von zahlreichen Stakeholdern, die sich üblicherweise in Verbänden organisieren und internen Zwist so weit wie möglich intern bereinigen, um dann – mehr oder weniger geeint – nach aussen in Verhandlungen zu treten. Eine weitere gewichtige Eigenheit des Schweizer Gesundheitssystems: relativ viel Kompetenz wird vom Staat an Dritte delegiert. Diese – Achtung Politikwissenschaft – neo-korporatistischen Arrangements, in denen Verbände Staatsaufgaben übernehmen, zeigen sich beispielsweise bei der Preisbildung im Gesundheitswesen. Wieviel kostet ein Blinddarm in der Schweiz? Dies legt weder das BAG noch eine kantonale Stelle fest. Das KVG delegiert diese Kompetenz an die Tarifpartner in der Annahme, dass – stark vereinfacht – die Krankenkassen so wenig wie möglich bezahlen wollen und die Leistungserbringer auf der anderen Seite so viel wie möglich erhalten möchten. Wenn sich diese beiden Parteien einigen – so die Annahme – dann wird der Preis auch für uns Konsumentinnen und Konsumenten passen und die/den Steuer- bzw. Prämienzahler/in nicht übermässig belasten.

Damit nun nicht jede einzelne Tätigkeit von jedem Leistungserbringer mit jeder Kasse separat verhandelt und fixiert wird, kommen sogenannte Tarifstruktur-Systeme zum Einsatz. Aktuell sind in der Schweiz parallel zahlreiche Tarifstruktur-Systeme im Einsatz. Eines der modernsten ist Swiss DRG für die Akutspitäler, welches mit Fallpauschalen arbeitet und sich – unter Aufsicht der Swiss DRG AG – im Sinne eines lernenden Systems kontinuierlich weiterentwickelt. Der Pflegetarif, der in der KLV als Minutentarif festgelegt ist, gehört zu den älteren Tarifen. Zu den umstritteneren zählt der TARMED, der 1996 mit dem KVG in Kraft trat und alle ambulanten ärztlichen Leistungen in einem Einzelleistungstarif abbildet. Dieser ist heillos veraltet und zahlreiche Revisionen sind gescheitert. Im Juni 2024 hat nun Bundesrätin Baume Schneider das Revisionsprojekt Tardoc mit Auflagen genehmigt. Es wird sich zeigen, ob der Tardoc am Ende tatsächlich kommt.

Diese Tarifstruktur-Systeme im Schweizerischen Gesundheitswesen haben es in sich. Für jeden Bereich gibt es eigene Strukturen. Erst, wenn diese einmal gefestigt sind, geht es in die Preisverhandlungen. Dass sich mehrere Einkaufsgemeinschaften einen Wettbewerb bei den Preisen liefern, ist eine gute Sache und führt zu innovativen Prozessen und einer gewissen Preisdynamik. Übergeordnet werden die Tarifstruktur-Systeme von den zuständigen Verbänden entwickelt und verhandelt. Das braucht vielmehr Knowhow, Zeit und Vertrauen als reine Preisverhandlungen. Die Tarifstruktur-Systeme gleichen den Steckdosen. Wettbewerb ist eine gute Sache, damit er aber funktioniert, braucht es eine Einigung auf gewisse Standards. Dass die EU Apple nun gezwungen hat, auf immer wieder neue, eigene Standards zu verzichten und sich in Zukunft auf den USB-C Anschluss zu fokussieren, ist deshalb eine gute Nachricht. Denn niemand will Wettbewerb beim Kabelsalat, bei den Produkten, Dienstleistungen und Prozessen aber schon. Dieser Wettbewerb wird durch gemeinsame Standards nicht gehemmt, sondern im Gegenteil eher gefördert.

Dass die Krankenversicherer sich während 11 Jahren einen Wettbewerb auf Ebene der Tarifstrukturen geleistet haben, ist unverständlich. Der Ausweg über einen neuen Verband, der im Juni 2024 angekündigt wurde, lässt hoffen. Auch wenn die gleichen Personen zu den gleichen Themen in den gleichen Sälen verhandeln werden, finden Sie vielleicht den USB-C Anschluss im Gesundheitswesen. Ich hoffe es. Die Art und Weise wie dieser neue Verband angekündigt wurde, erinnert hingegen unangenehm an die Vorgehensweise von vor 11 Jahren. Es wurde schon ordentlich Geschirr zerschlagen, bevor der Verband überhaupt formell gegründet wird. Wäre das ein Thema für einen eigenen Blog?

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