Freiheit am Schlagzeug. Alumna Valeria Zangger lernte, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.
Mit Valeria Zangger wohnt in Luzern eine der erfolgreichsten Schweizer Schlagzeugerinnen. Ihre Karriere zündete bereits in jungen Jahren, doch kamen die Hintergedanken. Zwei Bands führten zur Rückbesinnung.
«Wichtig sind mir der Anfang und der Schluss. Das verrät viel über die Musik – über ein Stück oder Musikschaffende», beginnt Schlagzeugerin Valeria Zangger zu erzählen. Der Anfang bedeutete bei ihr die Drums: «Oft wurde ich gefragt, warum ich als Frau das Schlagzeug ausgesucht habe – das wäre ja eine Seltenheit. Es ist ganz einfach: Ich habe zwei Hände und zwei Füsse. Und das ist sicher auch in der Männerwelt so». Schon in jungen Jahren faszinierte die Bündnerin das Instrument, dessen Bau, der Klang und die Ausübung des musikalischen Handwerks, welches sie in Symphonieorchestern zu erlernen begann. Dazwischen Exkurse mit Tina Turner, The Beatles oder Pink Floyd. Weitere Einflüsse erlebte sie direkt: «Ich habe damals selten Schlagzeugerinnen oder Schlagzeuger auf Platten ausgecheckt – ich wollte sie live erleben». So auch am renommierten Drummer Wettbewerb in Altishofen, den Zangger 2005 mit gerade einmal 20 Jahren gewann. Kurz darauf folgte die Ausbildung am Institut für Jazz und Volksmusik der Hochschule Luzern, verbunden mit Aufenthalten am Drummers Collective in New York oder später im Atelier in Paris. Die Luzerner Schule schätze sie: «Die Menschen dort haben mich inspiriert. Gerade die Wertschätzung der kleinen Dinge, die Aufmerksamkeit für die Musik und die verschiedenen Meinungen empfand ich als kostbar». In dieser Zeit begann Zangger, sich ein Netzwerk aufzubauen, sie unterrichtete nebenbei und hatte bereits mehrere Engagements.
« Ich musste lernen, Projekte anzuvisieren, die mich weiterbringen und mit denen ich nicht stehenbleibe. »
Schreinerin oder Schlagzeugerin?
Das lohnte sich: An Aufträgen mangelte es auch nach dem Studium nicht und die Gegebenheit, mit dem Schlagzeug auf musikalischen Reisen zu sein, vermittelte das Gefühl von Freiheit. Nach und nach begann Zangger aber, die klassischen Strukturen des Musiklebens zu hinterfragen. Betteln um Geld, eine CD produzieren, Touren und alles wieder von vorne: Dieser Prozess entwickelte sich in ihren Augen zum einengenden Leerlauf. Nicht die Musik war das Problem, sondern das Drumherum. Die Frage, was sie da eigentlich mache, brachte die Bündnerin zum Umdenken: «Ich musste lernen, Projekte anzuvisieren, die mich weiterbringen und mit denen ich nicht stehenbleibe». Zwischenzeitlich liebäugelte sie mit dem Gedanken, Schreinerin zu werden, machte sogar ein Praktikum auf diesem Beruf. Doch die Trommeln gehören zu ihr wie die Berge ins Bündnerland. Jene Rückbesinnung hat Zangger zwei Projekten zu verdanken, auf die sie sich neben ihrem Lehrberuf inzwischen mehrheitlich konzentriert.
Aha-Erlebnisse im Bauch
Einerseits «DrumSights», ein Schlagzeugquartett, initiiert von der welschen Drumlegende Pierre Favre. Neben ihm und Zangger sind Markus Lauterburg und Chris Jäger weitere Mitglieder. «Die Konzentration auf Klänge und Melodien fasziniert mich hier, ebenso wie stetige Aha-Erlebnisse», kommentiert die Drummerin jene Kollaboration und fährt fort: «Dies passiert im Bauch, nicht im Kopf – die Musik kann im ersten Moment ungewohnt klingen, aber hört man sie sich dann an, gehen die Lichter auf».
Weitergehen, nicht stehenbleiben
Andererseits spielt Valeria Zangger zusammen mit Sängerin Rahel Kraft im Duo 2Henning. 2Henning, das ist Experimental Pop, vermischt mit Elementen der Freien Improvisation. «Freie Improvisation setzt voraus, dass man sein Instrument kennt und so ein Gefühl dafür entwickelt, was es ihm jeweiligen musikalischen Moment braucht». Auch wenn sie gelegentlich hinter anderen Kesseln aushilft: «Früher war ich stolz auf meine vielen Projekte, doch heute machen mir weniger, aber konzentriertere Projekte mehr Freude». Inspirieren lässt sich Valeria Zangger hierbei vom Alltag. Beispielsweise bei Hundespaziergängen. Auch dort lautet die Devise «Weitergehen und nicht stehenbleiben». Bis zum Schluss.
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