Von der Kunst, den Klang vergangener Zeiten zu entdecken
Wie klang ein Konzert vor rund 300 Jahren? Solange das Zeitreisen reine Fantasie ist, können wir diese Frage wohl nicht abschliessend beantworten. Aber: Durch ein sorgfältiges Studium der Quellen lässt sich ein ziemlich deutliches Bild erkennen. Und genau das ist die Mission der Studierenden des Minors Alte Musik.
Der Minor Alte Musik ist alles andere als von gestern, beschäftigt sich aber hauptsächlich mit der Musiktradition des 18. Jahrhunderts. So spielen die Studierenden auf Musikinstrumenten dieser Zeit, zum Beispiel auf einer Barockvioline, Traversflöte, Naturtrompete oder einem Hammerflügel. Sie hören genau hin, um das vorherrschende Klangideal jener Zeit zu erfassen. Zudem studieren sie Gemälde, um Einblicke in Spielhaltungen und Ensembleaufstellungen des 18. Jahrhunderts zu gewinnen. Schliesslich vertiefen sie sich in zeitgenössische Berichte, um die Themen und Anliegen der Musizierenden dieser Ära zu verstehen.
Vergangene Musik neu entdeckt
«Es geht darum, sich immer wieder von vertrauten Klangbildern und Hörgewohnheiten zu lösen», erzählt Bettina Seeliger. Die Dozentin für Cembalo, Generalbass, Kammermusik und Aufführungspraxis schätzt die gute Stimmung an der Hochschule Luzern. Besonders berühren sie einmalige Sternstunden wie jene, als bei einer Aufführung des Orfeo von Claudio Monteverdi im Frühling 2022 ein originales Regal – eine Art tragbare Kleinorgel – des 17. Jahrhunderts aus dem Haus der Instrumente zum Einsatz kam: «Solche Konzertmöglichkeiten in Zusammenarbeit mit dem Haus der Instrumente sind unendlich wertvoll». Bettina Seeliger ist seit bald 30 Jahren Dozentin an der HSLU – und zwar eine sehr geschätzte, wie die Studentin Janine betont: «Sie gibt uns einen sehr guten Überblick im Bereich der Alten Musik und sensibilisiert uns für die Sprache des Barocks. Ihre Inputs helfen enorm, uns selbständig weiterzubilden». Die 27-jährige Studentin spielt Querflöte und nimmt den Minor zum Anlass, ihren musikalischen Horizont zu erweitern. «Ich denke, die Vertiefung macht mich zu einer breiter ausgebildeten Musikerin und Lehrerin.»
Es geht darum, sich immer wieder von vertrauten Klangbildern und Hörgewohnheiten zu lösen.
Bettina Seeliger, Dozentin
Ein Rückblick auf den Minor Alte Musik
«Der Minor Alte Musik war für mich wie ein praktisch angelegter Theorieunterricht», meint auch Sophia Binggeli rückblickend. Sie hatte damals den Fokus auf die Viola und Barockgeige gelegt. Auch heute ist sie noch immer dankbar für ihre Studienwahl. «Brian Dean und Bettina Seeliger haben mir eine völlig neue Flexibilität auf meinen Instrumenten beigebracht, und ich konnte wertvolle Kontakte zu Mitgliedern von Ensembles knüpfen.» Heute ist Sophia während zweier Tage an einer Musikschule bei Bern tätig und die restliche Zeit freischaffend mit verschiedenen Ensembles in der ganzen Schweiz unterwegs.
Musikalische Wege in Vergangenheit und Zukunft
Sophia hat ihren Weg gefunden. Und was machen andere Studierende mit einem Studium der Vergangenheit in der beruflichen Zukunft? Die Möglichkeiten sind divers. «Es ist zum Beispiel denkbar, in Formationen mit historischen Instrumenten mitzuwirken. Sängerinnen und Sänger entdecken barocke Werke als Hauptrepertoire. Und all jene, die in der Orchester- oder Chorleitung tätig sein möchten, sind dank ihrer Auseinandersetzung mit historischer Aufführungspraxis gut gerüstet. Schliesslich gibt es noch diejenigen, für die der Minor Alte Musik zum Türöffner wird, sodass sie sich anschliessend für ein Studium des historischen Instruments als Hauptfach entscheiden», so Bettina Seeliger.
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