12. April 2021

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Rückblick auf das Online-Seminar Bancassurance 2.0

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Florian Schreiber

Am 31. März fand zum ersten Mal das Online-Seminar Bancassurance 2.0 mit über 100 Teilnehmenden statt. Dabei wurden zahlreiche spannende Anwendungsfälle von Schweizer und auch ausländischen Finanzdienstleistungsunternehmen vorgestellt. Einige Kernaussagen des Vormittags fassen wir nachfolgend zusammen.

Einführung in das Thema
Prof. Dr. Andreas Dietrich und Dr. Florian Schreiber, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft

  • Die Resultate der IFZ Versicherungsstudie 2020 verdeutlichen, dass die Entscheidungsträger der Schweizer Versicherer die traditionellen Banken als zukünftige Kooperationspartner einstufen. Einzig die Lebensversicherer fühlen sich von deren Angebot bedroht.
  • Mit Blick auf die Vertriebskanäle wird jedoch deutlich, dass der Bankenkanal sowohl im Retail- als auch im KMU-Geschäft der Versicherer gegenwärtig noch von eher geringer Bedeutung ist.
  • Doch sind die Kunden an Bancassurance-Lösungen überhaupt interessiert? Anhand von Studienresultaten wird aufgezeigt, dass 44 Prozent der befragten Personen sich grundsätzlich vorstellen können, Dienstleistungen oder Produkte von anderen Firmen über ihre Bank zu beziehen. Von diesen sind wiederum 64 Prozent offen dafür, Versicherungs-Dienstleistungen zu beziehen.
  • Auf der anderen Seite können sich rund 15 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer vorstellen, Bankdienstleistungen über Versicherungen zu beziehen.

UBS/Zurich

Patrick Tobler, Head Strategy & Development Corporate & Institutional Clients, UBS
Marco Arnaiz, Head of Digital Business, Zurich Switzerland
Philippe Denier, Business Development Bancassurance, Zurich Switzerland

  • Aktuell konzentrieren sich die UBS und Zurich im Rahmenihrer Kooperation  auf das Corporate Banking und die Bedürfnisse von Startup-Gründern. Hintergrund ist, dass Startups im Gründungsprozess verschiedene Bank- und Versicherungsdienstleistungen benötigen (z.B. Eröffnung eines Geschäftskontos). Die UBS bietet ihren Neukunden somit eine umfasse Finanzdienstleistungspalette an, während Zurich sich als exklusiver UBS-Versicherungspartner vor der Konkurrenz entsprechend platzieren kann.
  • Beide Partner sehen ein grosses Potenzial in solchen Bancassurance-Lösungen. Bei einer unterstellten Grösse des Schweizer Versicherungsmarkts von rund CHF 54 Mrd., bedeutet ein Prozent Marktanteil Gebühreneinnahmen in Höhe von CHF 54 Mio. bei einem Provisionssatz von 10 Prozent.
  • Circa ein Drittel der Kunden absolvieren die Journey vollständig digital. Die anderen zwei Drittel der Kunden kontaktieren das Call-Center für einzelne Fragen.
  • Mehr Informationen zu dieser Zusammenarbeit und dem Geschäftsmodell der Kooperation finden Sie hier.

Smile

Aniello Lena, Head Digital Ecosystems, Smile

  • Smile verfolgt einen klaren Mobile-First Ansatz. Unter anderem sind alle Versicherungen jederzeit im Überblick in der Smile-App zu sehen.
  • Zusätzlich positioniert sich Smile – unter dem Schlagwort «Open Insurance» – als integrierter, digitaler Versicherungspartner in ausgewählten Ökosystemen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Zusammenarbeit mit der Challenger-Bank Neon zustande gekommen.
  • Derzeit bietet Smile digitalisierte Lösungen für den Vertrieb von Motorfahrzeug- und Haushaltsversicherungen über die Neon-App an. Durch die Zusammenarbeit verspricht sich Smile, weitere digital-affine Neukunden zu gewinnen.

Servicehub

Thomas Lauber, COO, Servicehub

  • Für Bankberaterinnen und Bankberater ist es aufwändig und komplex, ihre Kundinnen und Kunden auch in Bezug auf Versicherungsprodukte zu beraten. Daher wird der Versicherungs-Beratungsprozess – in Anwesenheit von Bankberaterinnen und Bankberater – durch Versicherungsspezialisten erbracht (digital oder vor Ort in der Bankfiliale). Bislang setzt die Basellandschaftliche Kantonalbank auf dieses Angebot von Servicehub.
  • Durchschnittlich dauert eine Videoberatung 40-45 Minuten. Der Versicherungsspezialist bleibt auch bei zukünftigen Anliegen Ansprechpartner für den Kunden.
  • Durchschnittlich wollen 25% der Kunden, die von der BLKB kontaktiert werden, das Expertengespräch mit der Versicherung wahrnehmen und sich zusätzlich in Bezug auf verschiedene Risiken rund um die Wohnsituation beraten lassen.
  • Der Abschluss der Police erfolgt direkt mit dem Versicherer und nicht mit der Bank.

Deutsche Bank

Björn Renker, Geschäftsführer, Deutsche Bank VersicherungsManager
Oliver Weigelt, Director, Deutsche Bank

  • Die Deutsche Bank glaubt stark an das Plattform-Banking und hat begonnen, ein plattformbasiertes Geschäftsmodell im “Digital Ecosystem” aufzubauen. Von diesem Geschäftsmodell verspricht sich die Deutsche Bank, zukünftig vermehrt «Beyond Banking Services» anzubieten und ihre Erträge zu diversifizieren.
  • Der VersicherungsManager ist daher der nächste logische Schritt zur Erweiterung des digitalen Produktangebots. Dieses ist wiederum vollständig in das Online-Banking integriert und die Deutsche Bank bleibt Ansprechpartner des Kunden.
  • Als beispielhafte Customer Journey dient der Kaufprozess eines E-Bikes. Nach Bezahlung mit der DB-Kreditkarte wird der Kunde via Push-Mitteilung über die App zu seinem Kauf beglückwünscht und erhält direkt ein Angebot zum Abschluss einer Versicherung.
Abbildung 1: Einige Impressionen vom Seminar

ING Germany

Crystal Hanna, Tribe Lead/Head of Insurance Division, ING Germany

  • ING setzt klar auf ein digitales Bancassurance-Angebotund hat sich für die AXA als exklusiven und weltweiten Versicherungspartner entschieden.
  • Im Zentrum der Value Proposition stehen die Daten respektive eine massgeschneiderte, API-gesteuerte Plattform, die den Transport von (vielen) Daten und Prozessen unterstützt. Dadurch sollen die «richtigen» Angebote anhand einer Bedarfs- und Präferenzanalyse stark personalisiert zu diesem Zeitpunkt beim Kunden sein, wenn er sie benötigt. Zudem soll der Prozess zum Abschlusses schnell, nahtlos und ohne viele Fragen erfolgen. Kunden erhalten also nur Vorschläge, die ihre aktuellen Bedürfnisse ansprechen, da das Angebot auf ihre persönliche Situation abgestimmt ist.
  • ING präsentierte im Seminar auch den Anwendungsfall im Bereich Wohnen (Privathaftpflicht-, Hausrat- (inkl. Haustier) und Gebäudeversicherung). Die entsprechenden Produkte und Prozesse wurden dabei so verschlankt, dass man abhängig vom Produkt nicht mehr als vier Fragen beantworten muss und die Kunden bislang im Durchschnitt weniger als zwei Minuten zum Ausfüllen benötigen.

Thinksurance

Christopher Leifeld, Mitgründer und Geschäftsführer, Thinksurance

  • Thinksurance ist ein deutsches B2B-Startup mit mehr als 100 Mitarbeitenden. Die Firma verbindet Versicherer und Vermittler auf einer Plattform.
  • Das InsurTech hat eine gute Marktabdeckung mit mehr als 70 Versicherern und über 300 Vertriebspartnern.
  • Das Unternehmen hat nun als weiteren Schritt seine Expansion nach Frankreich verkündet. Entscheidungskriterium hierfür war, dass rund 40% des europaweiten erzielten Bancassurance-Umsatzes in Frankreich erzielt werden.

bsurance

Thomas Rettenwander, Business Development, Bsurance

  • bsurance ist österreichisches Startup im B2B2C-Bereich, welches sich auf eingebettete Versicherung am Point of Sale («Embedded Insurance») spezialisiert hat.
  • In Kooperation mit Raiffeisen Österreich bietet das InsurTech eine Kurzzeit-Skiunfall-Versicherung an, Um die speziellen Bedürfnisse von Skifahrern abzudecken, hat bsurance zwei relevante Deckungsmodule einer allgemeinen Unfallversicherung extrahiert. Auf dieser Basis wird den Kunden eine Kurzzeit-Deckung zur Verfügung gestellt, die vollständig digital in die Raiffeisen-App integriert ist. Der Versicherungsverwaltungsprozess ist ebenfalls digitalisiert und läuft automatisiert ab.
  • In Zusammenarbeit mit AXA Partners hat das InsurTech eine Käuferschutz-Versicherung im Zahlungsdienst von cashpresso integriert.

Fazit

Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Digitalisierung und die dadurch veränderten Kundenansprüche zunehmend Bewegung in den Bancassurance-Markt bringen. Besonders interessant ist, dass die vorgestellten Lösungen alle von unterschiedlicher Natur sind: Während einige Banken als digitalisierte Makler ihren Kunden Zugang zu verschiedenen Versicherungsunternehmen und deren Produktpalette anbieten, konzentrieren sich andere auf exklusive Partnerschaften mit ausgewählten Versicherungspartnern. Darüber hinaus bereichern zunehmend Startups die Anbieterlandschaft und offerieren technologische Lösungen zur Verschmelzung von Bank- und Versicherungsdienstleistungen. Als zentrale Treiber der Bancassurance-Anstrengungen sind bei den Banken der Anspruch eines 360-Grad-Finanzangebots zu identifizieren, wohingegen sich die Versicherer einen direkten Zugang zu digital-affinen Kunden versprechen.

PS: Die Konferenz Innovationen im Banking findet am Nachmittag des 8.Juni statt. Wir zeigen verschiedene interessante Entwicklungen aus dem Inland und Ausland auf und stellen interessante Ideen von verschiedenen Marktteilnehmenden vor. Im Zentrum stehen die Themenfelder Innovationen im Anlagemarkt, Data-driven Banking und Open Banking. Bringen Sie sich auf den neuesten Stand der Entwicklungen und melden Sie sich hier an.

PPS: Im Rahmen unseres IFZ Insurance Summit diskutieren wir am 26. Mai 2021 aktuelle Herausforderungen der Schweizer Assekuranz in den Bereichen Vertrieb, Strategie und Risikomanagement. Als Speaker werden unter anderem Juan Beer (CEO, Zurich Schweiz), Remo Cavegn (CRO, Allianz Suisse) und Dr. Andreas Schönenberger (CEO Sanitas-Gruppe) ihre Einschätzungen teilen. Die Teilnahme ist vor Ort in Rotkreuz oder online möglich. Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

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