21. November 2019
Seit sieben Jahren beobachtet Stephan Wittmer das, was um ihn herum passiert, und packt es in ein Magazin. Es sind ausschliesslich Bilder, die er in Kooperationen mit KünstlerInnen und Institutionen produziert. Als absolutes Nischenprodukt ist es seit sieben Jahren im Abonnement, allenfalls einzelnen an Veranstaltungen, erhältlich. Mit einer Auflage von 150 Stück ist das im Kunstbereich positionierte Magazin weitgehend selbsttragend.
Stephan Wittmer sitzt mir gegenüber in der Halle des Departments Design & Kunst der Hochschule Luzern. Seine breite Sensibilität ist im anzusehen. Auch sein unternehmerischer Zug im Sinne einer weiteren Suche nach Möglichkeiten, wie _957 zu verändern wäre, kommt zum Ausdruck: «_957 soll wachsen, sich verändern, besser kommunizieren. Und ich kann mir vorstellen, _957 könnte auch anfangen mit Sprache umzugehen wie mit Bildern.»
Künstler, Mentor, Ausstellungsmacher, Publizist: Stephan, der im Department Design + Kunst unterrichtet und forscht, beschäftigt sich intensiv damit, wie er mehr aus dem flachen Ausstellungsraum, als den er _957 sieht, machen könnte.
«Meine Motivation ist Bild-Arbeit. Ich möchte einen Kontrapunkt setzen gegenüber den Bildern der Bildmedien, eine lokale Nische in der Innerschweiz und darüber hinaus besetzen. Ich möchte aber auch kritisch hinterfragen, wie solche kooperativen Projekte wie _957 vielleicht auf neue Art eingeführt, vorgestellt, und rezipiert werden können.»
Um dies zu erkunden hat Stephan dieses Jahr im Rahmen eines Wettbewerbs einen Beitrag der Wirtschaftsförderung bekommen. Er hat den Förderbeitrag genutzt und mit einer Gruppe externer Personen über mögliche Weiterentwicklungen von _975 nachgedacht. «Wir haben uns überlegt, ob _957 vielleicht ein Pendent zu mir braucht, einen Kunst- oder Kulturredakteur oder eine Person, deren Welt die Sprache ist. Vielleicht braucht es auch eine Redaktionsgruppe, um mehr bewegen zu können.»
Man merkt Stephan Wittmer an, dass ihm sein «Baby» wichtig ist, und er wäre nicht unternehmerisch veranlagt, wenn er nicht daran denken würde, es auf seinen eigenen, neuen Weg zu schicken, es wachsen zu lassen. Er sagt dazu: «_975 ist eigentlich wie ein Unkraut gegenüber den etablierten Kunstmedien, und im Parameter «Nur Bild» ist es eigentlich ein Ausreisser, nur schwer in Kontext zu bringen. Es hat Potenzial.»
Und was jetzt? Stephan erläutert, wie ihn ein über Smart-up vermitteltes Business-Coaching mit Fragen konfrontiert hat, über das schlummernde Potenzial von _975 nachzudenken. Zwei Tag später wird er daran wieder anknüpfen.
Man merkt, wie ihn das Thema bewegt, er denkt in alle Richtungen, in Möglichkeiten, in Fragen. Jeden Monat produziert er eine neue Ausgabe. Abnehmer sind Bibliotheken von Museen, kunst-affine Menschen, private Künstler, und Firmeninhaber, die seine Arbeit schätzen.
Was bewegt Stephan, das er Studierenden, Alumni und Mitarbeitenden der HSLU mitgeben möchte, die etwas Eigenes auf die Beine stellen wollen? «Die meiste Energie kommt aus dem Austausch und den Begegnungen mit anderen. Da entstehen neue Ideen, die grösser sind als das Persönliche. Man begibt sich mit ihnen in einen hoch-kommunikativen Modus, man hat etwas anzubieten. Man wird selber zu einer Drehscheibe. Ich bekomme mittlerweile Anfragen nach dem Motto: Machst du auch etwas mit mir? Auch kann ich etwas durchziehen, was Genugtuung verschafft. Man kann mit dem Zusammenbringen von Leuten überzeugen. Und über das Machen kann ich in Prozesse hineingehen. Learning by Doing. Machen und Denken.»
Bevor wir uns verabschieden: ein neuer Gedanke sprüht auf, eine neue Idee taucht hervor: «Was wäre, wenn wir zu _975 eine Art Tupper-Party veranstalten würden?»
Text: Hans Kaspar Hugentobler
Kontakt: www.957.ch
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.