22. Juni 2021

Event

Recap Smart-up X female founders luncheon – Verhandlung

Recap Smart-up X female founders luncheon – Verhandlung

Am 27. Mai 2021 fand ein weiterer Smart-up X female founders luncheon statt. Diesen luncheon werden wir alle wohl nicht so schnell vergessen, denn wir hatten zum ersten Mal einen männlichen Guest speaker. Christoph Hauser, Professor und Leiter des Kompetenzzentrums Management und Law an der HSLU Hochschule Luzern, gab den Gründerinnen an diesem Event einen Einblick in das Thema «Verhandeln mit Investoren». Im Fokus stand, wie man sich auf eine Verhandlung vorbereitet, welche wichtigen Punkte während der Verhandlung beachtet werden müssen und wie eine Verhandlung aufgebaut ist.

Doch zuerst wollten wir natürlich wissen, wie ein Professor der Hochschule Luzern denn auf das Thema Verhandlung stösst?

Christoph Hauser hat in Fribourg Volkswirtschaftslehre studiert und hat daraufhin noch das Handelslehrer-Diplom abgeschlossen. Während dieser Ausbildung wurde er auf das Thema Mediation und Verhandlung aufmerksam. Er hatte das Gefühl, dass die Ökonomie vieles dazu sagen könnte: Was sind Verhandlungen überhaupt und wie funktionieren diese? Aus diesem Grund entschied sich Christoph Hauser, seine Dissertation über das Thema «Ökonomie der Mediation» zu schreiben. Diese Dissertation führte ihn zum SECO, wo er als Unterhändler bei der WTO Genf die Möglichkeit hatte, an internationalen Verhandlungen teilzunehmen und diese kennenzulernen.

Mit den Smart-up X female founders luncheons möchten wir vor allem Gründerinnen und gründungsinteressierte Ladies ansprechen, weshalb es uns besonders interessierte, wie Christoph Hauser zum Klischee «Frauen würden weniger gut oder weniger gerne verhandeln» steht.

Christoph Hauser gab uns die folgende Antwort: «Wie gut man eine Verhandlung meistert, kommt auf die Persönlichkeit, die charakterlichen Eigenschaften sowie die eigenen Erfahrungen an. Ob man bei einer Verhandlung ein gutes oder ein schlechtes Ergebnis erzielt, kommt somit nicht auf das Geschlecht an.»

Damit möchten wir euch jungen Ladies Mut machen. Denn diese Aussage belegt, dass ihr auf dieser Ebene nicht benachteiligt seid!

Kommen wir nun zum Thema des luncheons. Bevor ihr mit der eigentlichen Verhandlung startet, gibt es einen ersten, wichtigen Punkt, den ihr beachten müsst: Die Vorbereitung. Dazu haben wir Christoph befragt und wollten wissen, auf welche Dinge man sich bei der Vorbereitung besonders achten sollte:

  1. In einem ersten Schritt sollt ihr euch darüber im Klaren sein, dass es essenziell ist, sich auf eine Verhandlung mit einem Investor vorzubereiten und dass ihr diese nicht unterschätzen solltet. Durch die Vorbereitung gelingt es euch, das Beste aus der Verhandlung zu holen.
  2. Überlegt euch, wo ihr mit der Verhandlung gerade steht. Handelt es sich um die erste Verhandlung mit diesem Investor oder seid ihr bereits länger mit ihm im Gespräch? Ob einem der ganze Investorenmarkt noch offen steht, oder ob man sich gegenseitig schon gebunden hat, macht einen grossen Unterschied.
  3. Analysiert in einem nächsten Schritt, welche Alternativen es gibt. Seid euch darüber bewusst, dass die Verhandlung schlecht ablaufen kann und ihr euch die 2. oder 3. Option offen halten müsst, um auf eine Alternative zurückgreifen zu können. 
  4. Kennt euer Ziel der Verhandlung. Spezifisch genug, damit ihr dahin kommt, wo ihr hin möchtet und flexibel genug, damit ihr euch während der Verhandlung gut bewegen könnt resp. noch Spielraum habt. Das Setzen eines klaren Ziels ermöglicht euch, für die Verhandlung Zeit zu haben, bei euch zu sein und somit das Feedback, welches ihr von den Investoren erhält, zu verkraften.
  5. Win-win (Fruchtfleisch- / Schale-Prinzip): Überlegt euch, welche Dimensionen (z.B. Termine, Beteiligungen) für euch weniger, für den Investor hingegen, wichtiger sind und kommt dem Investor bei den Dimensionen entgegen, die für euch eine weniger grosse Rolle spielen. Und überlegt vor allem, welche Dimensionen es überhaupt gibt.
  6. Definiert für die in Punkt 5 angesprochenen Dimensionen euer Minimum. Z.B: Wenn der Investor mein Unternehmen nicht mit CHF 120’000 bewertet, werde ich die Verhandlung verlassen. Das hilft euch dabei, die Verhandlung noch mehr in eure Richtung zu steuern. Das Minimum ist aber nicht euer Ziel. Überlegt darum auch: Was würde mich jetzt glücklich machen? Mit welcher Bewertung würde ich sagen: «Hey, ist das nicht cool?» Stellt euch im Anschluss darauf ein.
  7. Überlegt euch vor der Verhandlung, wo die Interessen des Gegenübers liegen und stellt euch diese Interessenlage vor. Das ermöglicht euch, die Verhandlungsgegenstände darauf auszurichten.

Und allgemein gilt: Euer Gegenüber will sehen, dass ihr eure Hausaufgaben gemacht habt und euch mit ihm beschäftigt habt. Nutzt die Verhandlung dafür, dem Investor spezifische Fragen zu stellen und damit Interesse zu zeigen und herauszufinden, mit wem ihr es zu tun habt.

Perfekt! Jetzt wisst ihr, wie ihr euch optimal auf eine Verhandlung vorbereitet. Der Tag der Verhandlung ist gekommen, was gilt es nun zu beachten?

?‍?Die mentale Haltung am Tag der Verhandlung darf auf keinen Fall vernachlässigt werden. Die Vorbereitung baut schon mal eine gewisse Nervosität ab (man weiss, was man will und unter welchen Umständen man die Verhandlung verlässt). Noch wichtiger ist jedoch, dass ihr euch das Erfolgserlebnis vor der Verhandlung vor Augen führt, resp. euch vorstellt, wie ihr euch mit den Investoren über die gut abgelaufene Verhandlung freut. Streicht am Tag der Verhandlung also das Positive hervor, im Sinne von: «Heute könnte es einen grossen Schritt vorwärts gehen!»
Denn durch die unbewusste Kommunikation während der Verhandlung spielt die innere Haltung eine sehr wichtige Rolle.

?‍?Die Forschung zum Thema «Male and female entrepreneurs get asked different questions by VCs: and it affects how much funding they get» von Dana Kanze hat gezeigt, dass Männer förderungsorientierte Fragen wie «Wie bringst du mehr Geld ein?» gestellt bekommen. Frauen hingegen werden präventive Fragen wie «Wie verlierst du mein Geld nicht?» gestellt.
Wie könnt ihr diesem Frame entgegenwirken?

  1. Seid euch bewusst, dass eine gute Verhandlung nicht immer kooperativ ist. Die Verhandlung ist ein Schwanken zwischen Konfrontation und Kooperation. Diese Wechselwirkung müsst ihr als Gründerinnen aushalten.
  2. Versucht, den Rahmen der Verhandlung früh zu setzen, indem ihr Zahlen ins Spiel bringt, die beweisen, dass eure Unternehmung dafür bereit ist, auf Investorensuche zu gehen und ihr in den nächsten Jahren Gewinn erzielen werdet. Das hilft euch, die Verhandlung von Anfang an aktiv mitzusteuern und den Vorurteilen entgegenzuwirken.
  3. Ignoriert negativ geframte Fragen und antwortet gewinnorientiert. Hier hilft es beispielsweise, einen Konkurrenten zu nennen, der in den ersten Geschäftsjahren eine gute Performance an den Tag gelegt hat.

?Die Konfrontation während der Verhandlung. Wie solltet ihr damit umgehen?

Habt Geduld und akzeptiert, dass eure Zahlen und die Zahlen des Investors zu Beginn noch weit auseinander liegen. Wichtig ist, dass ihr diese Geduld zum Vorschein bringt, indem ihr auf euren Standpunkt (angemessen) beharrt und ausspricht, wenn eine Zahl weit von eurer Vorstellung entfernt ist. Die Differenzen gehören zu einer Verhandlung. Kommt eurem Gegenüber also nicht zu früh entgegen, dies enttäuscht seine Erwartung, dass ihr während der Verhandlung noch an Differenzen arbeiten müsst.

Um euch einen noch tiefgründigeren Einblick in das Thema Verhandlung geben zu können, möchten wir nun noch die verschiedenen Phasen einer Verhandlung aufführen:

  1. Phase: «Über die Verhandlung verhandeln» und somit den Rahmen setzen:
    • Wo findet die Verhandlung statt?
    • Wann findet die Verhandlung statt?
    • Wie lange wird die Verhandlung dauern?
  2. Phase: «Worüber man verhandelt und worüber nicht» und somit die Agenda setzen.
  3. Phase: «Was ist da und was ist gefragt?»:
    In dieser Phase geht es darum, das Pitch-Deck eures Unternehmens zu präsentieren und dem Investor dadurch zu zeigen, was da ist. Im Anschluss geht es darum, herauszufinden, was vom Investor gefragt ist und die Differenzen herauszuspüren.
  4. Phase: «Die Einigung»:
    In dieser Phase werden die Nägel fixiert und es kommt zu einer Einigung, die rechtlich verbindlich ist. Das soll und kann ein rechtes Stück Arbeit sein. Es lohnt sich aber natürlich.

Eine gute Möglichkeit ist auch, dass ihr während den verschiedenen Phasen Pausen einbaut, in denen ihr euch zurückziehen und das Geschehene reflektieren könnt.

Zum Schluss möchte euch Christoph folgende zwei Dinge ans Herz legen:

#1 Seid euch bewusst, dass es sich bei der Verhandlung um einen gemeinsamen Lernprozess handelt, den ihr und der Investor zusammen beschreitet. Geht diesen wohl entschlossen, aber doch lieber zu langsam als zu schnell an. Der Investor muss zuerst lernen, weshalb euer Businessplan so gut ist!

#2 Habt keine Angst vor dem Verhandeln! Setzt euch mit dem Thema auseinander und schaut euch den Verhandlungsprozess im Voraus an. Damit könnt ihr eure Neugier steigern und geht gespannt und lustvoll ins Gespräch. Dies fördert den Erfolg des Gesprächs.

Vielen Dank für deine wertvollen Insights, lieber Christoph! Und liebe Leserinnen und Leser, falls ihr noch mehr über das Thema Verhandlung erfahren möchtet, lädt euch hier die Literatur herunter, die Christoph empfiehlt.

Ihr möchtet den nächsten Smart-up X female founders luncheon nicht verpassen?
Dann meldet euch hier an!

Autorin: Leonie Stöcklin, Sandborn

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.