Soziokultur

Freiwillige pflegen – die Kultur des Zusammenlebens

Freiwillige pflegen – die Kultur des Zusammenlebens

Kürzlich war ich zu Gast im Gemeinschaftszentrum Loogarten in Zürich-Altstetten. Anlass war das Pensionierungsfest meiner ehemaligen Chefin. Es war wie ein Heimkommen, denn im GZ Loogarten hatte ich bis 2009 zehn Jahre mitgewirkt. Ich war überrascht, als ich zur Festgemeinschaft stiess: Zwischen den vielen Gesichtern kamen mir einige sehr vertraut vor.

Schon zu meiner Zeit engagierten sich über 150 Menschen aus dem Quartier im und rund um das Gemeinschaftszentrum. Auch heute organisieren sie die monatlichen Filmabende des Liegestuhlkino Etoile, den Familiengrill, geben Nähkurse, organisieren eine Kinderkleiderbörse oder leiten eine der Krabbelgruppen. Sie unterstützten den «Räbeliechtliumzug» und das «Samichlaussueche», lancierten das Angebot Hausaufgabenhilfe oder leiten eines der Sprachencafés an. Auch die Jugendlichen sind aktiv und organisieren Discoabende, die «EM-Bar für alle» und vieles mehr. Es sind fast zwei Vollzeitstellen, die sich aus der Summe dieser über 150 regelmässig engagierten Quartierbewohner und -bewohnerinnen ergeben.

Dank diesen engagierten Menschen ist die Soziokultur in den Quartieren so lebendig, bunt und vielfältig. Für viele ist das GZ mitten im Quartier Heimat und Ort, an dem Beziehungen geknüpft und gepflegt werden. Dies ist oft auch Motivation seitens der freiwillig Engagierten. Sie möchten lokale Beziehungen aufbauen und Gleichgesinnte kennen lernen. Für andere ist die sinnstiftende Aufgabe im Vordergrund und wieder andere sind thematisch geleitet. Deshalb wohl kannte ich noch so viele Menschen, die seit Jahren in verschiedenen Projekten und Angeboten dazu beitragen, dass das Zusammenleben im Quartier gestärkt wird.

Nadia Saccavino hat in ihrer Masterthesis im Jahr 2013 untersucht, wie Quartiertreffpunkte zur Stärkung des Sozialkapitals und Netzwerkbildung beitragen. Sie stellte fest, dass sich viele Leute nach anfänglichen Café-Besuchen von einem Angebot besonders ansprechen liessen und daran aktiv mitwirkten. Daraus entstand Engagement und vielseitigere soziale Netze konnten geknüpft werden.

In der Soziokultur arbeiten wir sehr viel mit Freiwilligen zusammen. Deshalb ist es wichtig, dass sie gut begleitet und unterstützt werden. Das GZ Loogarten verfügt über ein Konzept im Umgang mit freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Neben Begleitung, kleinen Weiterbildungen und einem Zeugnis werden alle, die sich regelmässig engagieren, einmal jährlich zum legendären Helfer/-innen-Fest eingeladen. An diesem Abend verwöhnt das Fachteam die vielen freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Manche meinen, es sei das schönste Fest im Jahr.

Freiwillig Engagierte sind für die Entwicklung der Kultur des Zusammenlebens wichtig. Dank dem Austausch mit den freiwillig Engagierten, erkennt das Fachteam die soziokulturellen Entwicklungen im Quartier frühzeitig und kann entsprechend reagieren und mitgestalten. Bei der Konzeption neuer Angebote werden die Betroffenen eingebunden den soziokulturellen Wandel zusammen mit ihnen zu gestalten.

Es scheint ein reziprokes Verhältnis zu sein: Die soziokulturellen Institution unterstützen und fördern Engagement – die Engagierten wiederum stellen ihr lokales Wissen zur Verfügung, um die soziokulturelle Arbeit am Bedarf auszurichten und den gesellschaftlichen Wandel mit neuen Freiwilligen weiter zu gestalten.

Wenn dem so ist, ist es für die Soziokultur unabdingbar, dass möglichst viele heterogene Gruppen durch die Angebote der soziokulturellen Institutionen angesprochen werden – nur dann können auch die verschiedenen Interessen und Lebenslagen in die Ausgestaltung der soziokulturellen Arbeit einfliessen.

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