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Warum Tourismusdestinationen durch Integration gestärkt werden

Warum Tourismusdestinationen durch Integration gestärkt werden

Tourismusregionen sind stark auf zuziehende Arbeitskräfte angewiesen. Die Destinationen, die sich für Integration und Willkommenskultur engagieren, stärken die Attraktivität ihres Standorts, wie das Projekt «Pluralps» der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit zeigt. Das Forschungsteam hat eine Toolbox für Gemeinden und Arbeitgebende entwickelt mit einfachen und wirksamen Massnahmen.

Kaum eine Branche ist so international wie der Tourismus, wo jede zweite Arbeitskraft aus dem Ausland stammt. Dass die Zuziehenden für Unterstützung am neuen Ort dankbar sind, ist nachvollziehbar. Weniger offensichtlich ist es möglicherweise aber, wie sehr auch Tourismusdestinationen sowie Hotels und Restaurants von gelingender Integration profitieren.

Im Interesse der Destination
Viele Gemeinden haben genau dies jedoch erkannt. Aufgrund des demografischen Wandels und dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel wissen sie, dass die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens und der örtlichen Infrastruktur vom Zuzug neuer Personen abhängt. Daher profitieren alle, wenn die kommunalen Behörden und die ansässige Bevölkerung im Sinne einer «Willkommenskultur» Strukturen und Möglichkeiten schaffen, die Integration ermöglichen und erleichtern. «Eine gelingende Integration ist somit eine Chance für Gemeinden und Organisationen, um sich erfolgreich zu entwickeln », sagt Beatrice Durrer Eggerschwiler, Dozentin und Expertin für Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung am Institut für Soziokulturelle Entwicklung (ISE). Je wohler sich die Zuziehenden fühlen, umso wahrscheinlicher ist auch ein längerfristiges Commitment gegenüber dem neuen Lebensmittelpunkt bzw. gegenüber den Arbeitgebenden. Es sei daher im Interesse der Destinationen, einen Beitrag zum Gelingen zu leisten.

«Eine gelingende Integration ist eine Chance für Gemeinden und Organisationen, um sich erfolgreich zu entwickeln.»

Beatrice Durrer Eggerschwiler
Berglandschaft mit Seilbahn
Von gelingender Integration profitieren die Tourismusdestinationen genauso wie die zuziehenden Arbeitskräfte.

Ganz allgemein müsse das Bewusstsein auch dafür geschärft werden, dass die Integration in die Gesellschaft einem wechselseitigen Prozess entspricht. «Die Verantwortung dafür kann daher nicht den Migrantinnen und Migranten oder Hilfsorganisationen und spezifischen Fach- oder Verwaltungsstellen allein überlassen werden», betont Peter Stade, der ebenfalls am ISE als Dozent und Projektleiter tätig ist und dort das Kompetenzzentrum für International Community Development leitet.

Die Frage ist nun, wie Integration gefördert werden kann und welche Massnahmen dabei zielführend sind. Auf diese Fragestellung hin haben Durrer Eggerschwiler und Stade vier alpine Tourismusdestinationen (Engelberg, Lauterbrunnen, St. Moritz und Inneres Mattertal um Zermatt) begleitet. Dieses Schweizer Projekt wurde im Rahmen eines grossen EU-Forschungsprogramms mit Namen «PlurAlps» durchgeführt.

Niederschwellige und breit abgestützte Handlungsempfehlungen
Die Erfahrungen aus den vier Projektgemeinden zeigen, dass die Problemlagen im Bereich der Integration zwar ähnlich sind, aber spezifische Herausforderungen mit sich bringen. So etwa sind in jedem Kanton bzw. in jeder Gemeinde die Zuständigkeiten unterschiedlich organisiert oder es mangelt an Ressourcen. Dass dagegen leicht umsetzbare Massnahmen Abhilfe schaffen können, ist eine wichtige Schlussfolgerung aus dem Projekt.

«Integration ist ein gemeinschaftlicher Prozess und nicht Aufgabe der Migrantinnen und Migranten oder einzelner Hilfsorganisationen bzw. spezifischer Fach- oder Verwaltungsstellen allein.»

Peter Stade

Um die Massnahmen möglichst breit abzustützen, wurden sie bewusst partizipativ mit allen Stakeholderinnen und -holdern zusammen entwickelt. Entstanden ist eine niederschwellig nutzbare Toolbox für Behörden, Politiker/innen und Unternehmen. Broschüren und Leitfäden zählen dazu, sowie bewährte Integrationsmethoden, wie etwa das «Gotten- und Göttisystem» bei dem Migrantinnen und Migranten, die schon länger ansässig sind, den «Neuankömmlingen» am Arbeitsplatz zur Seite stehen. Weitere wichtige Säulen bilden das Thema Sprache sowie insbesondere familienergänzende, vor- und ausserschulische Angebote, damit nicht nur die Unterstützung der Erwachsenen sichergestellt wird, sondern die mindestens ebenso wichtige Förderung der zuziehenden Kinder.

Sämtliche Tools des PlurAlps-Projektes sind problemlos adaptierbar und stehen allen Interessierten zur Verfügung. Einen ersten Einblick ins Thema bietet dieser Film.

Bea Durrer Eggerschwiler

Prof. Beatrice Durrer Eggerschwiler

Die Dozentin und Projektleiterin ist verantwortlich für das Kompetenzzentrum Stadt- und Regionalentwicklung am Institut für Soziokulturelle Entwicklung (ISE).

Peter Stade

Prof. Peter Stade

Der Dozent und Projektleiter ist am ISE International Relations Coordinator und verantwortlich für das Kompetenzzentrum International Community Development.

Informationen zu «PlurAlps»
Das Projekt «PlurAlps» war Teil des EU-Interreg Alpine Space Programms 2014 – 2020. Beteiligt waren Nicht-Regierungsorganisationen, Verwaltungen und Bildungsinstitutionen aus sechs Alpenländern. Das Schweizer Teilprojekt wurde über das Programm «Neue Regionalpolitik nrp» von Bund und Kantonen gefördert. Das Projekt fokussierte darauf, in den vier alpinen Tourismusdestinationen Engelberg, Lauterbrunnen (mit Wengen und Mürren), St. Moritz und Inneres Mattertal (Randa, Täsch und Zermatt) lokal angepasste, partizipative Massnahmen zur Förderung der Integration der ausländischen Bevölkerung zu entwickeln und umzusetzen. Zielgruppen waren einerseits erwachsene Portugiesinnen und Portugiesen und ihre Kinder und andererseits Unternehmen, Gemeinde- und Kantonsbehörden sowie Politikerinnen und Politiker. Alle Massnahmen im Überblick finden sich hier.

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Von: Anette Eldevik
Veröffentlicht am: 19. Juli 2022

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