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Digitalisierung und Soziale Arbeit: Die Beratung im Wandel der Zeit

Digitalisierung und Soziale Arbeit: Die Beratung im Wandel der Zeit

Die Digitalisierung prägt unsere Gesellschaft. Wie die Soziale Arbeit diese Transformation mitgestalten kann, um besonders Gefährdete zu schützen, ist eine derzeit viel gestellte Frage. Mit der Unterstützung unserer Absolventinnen und Absolventen möchten wir zu diesem Thema einen kleinen Beitrag leisten.

Ob die World-Wide-Web-Pionierinnen und -Pioniere den Erfolg des Internets im vollen Ausmass erahnen konnten? Wer weiss. Eines steht aber fest: Wir sind alle von der epochalen Veränderung der Digitalisierung betroffen. Aber – und hier liegt der Haken – nicht alle sind gleich gut darauf vorbereitet.

Oft nicht ausreichende Grundkenntnisse
Das Bundesamt für Statistik ging 2019 davon aus, dass rund 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung nur über geringe oder gar keine digitalen Grundkenntnisse verfügt. Dies kann für die Betroffenen teils schwerwiegende Konsequenzen haben, von der erschwerten gesellschaftlichen Teilhabe bis sogar zum Ausschluss aus der Arbeitswelt. Damit sich der Graben nicht noch mehr verschärft, kommt der Sozialen Arbeit eine besondere Verantwortung zu.

Was man tun kann, um sich von dieser Entwicklung nicht einschüchtern zu lassen, sondern sie als Chance zu sehen, zeigt die nachfolgenden Erkenntnisse von Dora Bernet. Die Sozialarbeiterin hat das CAS «Digitalisierung und Soziale Arbeit» im Sommer 2022 abgeschlossen und dabei speziell den Bereich der Sozialberatung beleuchtet.

Die Digitalisierung soll die Soziale Arbeit unterstützen und ihr Repertoire ergänzen, nicht ersetzen. (Bild Ingo Höhn)

Beratungen im Wandel der Zeit
Das Sozialwesen ist in ihrer digitalen Entwicklung noch unterschiedlich weit. Viele Dienstleistungen erfolgen noch im klassischen Präsenz-Setting. Diese Vor-Ort-Konsultation zeichnen sich durch eine vielschichtige Beratung aus sowie vor allem durch den persönlichen Kontakt. Viele haben daher die Befürchtung, dass gerade diese Qualitäten im Zuge der Digitalisierung verschwinden könnten. Das wäre aber sicher nicht die Absicht. Es geht nicht um einen Ersatz, sondern um eine Ergänzung des bisherigen Repertoires – also um die Frage, wie die technologischen Neuerungen unterstützend eingesetzt werden können.

Blended Counseling
Die Befragten in Bernets Untersuchung erkennen im Wandel einen Mehrwert und glauben, dass sich das methodische Spektrum damit erweitern lässt. Die Digitalisierung könne dabei nicht nur effizienzsteigernd, sondern je nachdem sogar auch qualitätsfördernd sein, vor allem wenn sich die Vielfalt der Klientinnen und Klienten dadurch besser abdecken lässt.

Aus Bernets Sicht böte Blended Counseling Potenzial, um den Beratungsprozess zu reflektieren. Dabei geht es etwa darum, analoge Beratungsgespräche systematisch mit digitaler Kommunikation via E-Mail, Chat, Messenger oder Videotelefonie zu erweitern und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die kommunikativen Settings lebensweltnah und datensicher eingesetzt werden.

Auseinandersetzung mit dem Thema sehr wichtig
Gemäss Bernets Recherchen müssten vor allem die Institutionen der Sozialhilfe beim Thema Exklusionsgefährdung auf der Hut sein. Dabei stützt sie sich nicht auf irgendwen, sondern auf die die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) selbst. Diese will daher die Kosten für eine bescheidene IT-Grundausstattung und den Besuch von Kursen als situationsbedingte Leistungen (SIL) übernehmen (Merkblatt SKOS Digitale Grundversorgung 2022).

Auf die Förderung der digitalen Kompetenzen insbesondere von Sozialhilfebeziehenden muss ein besonderes Augenmerk gelegt werden, im Hinblick auf Inklusions- und Exklusionsmechanismen.

Dora Bernet

Bernet hält es für ratsam, dass die Fachpersonen mehr über die digitalen Kompetenzen der Klientinnen und Klienten in Erfahrung bringen, um diese besser schützen zu können. Darüber hinaus müsse man auch die digitalen Strategien der Gemeinden und Behörden im Auge behalten. Denn sollten die Anforderungen künftig steigen, könnte dies einen negativen Einfluss auf die Zugänglichkeit der Dienstleistungen haben.

Grundsätzlich sei es somit unumgänglich, die eigene Beratungspraxis in Bezug auf die Digitalisierung zu reflektieren. Nicht nur, um Exklusionsmechanismen frühzeitig zu erkennen, aber grundsätzlich eigentlich auch, um längerfristig überhaupt dem Auftrag nachkommen zu können. Diese Aussage lässt aufhorchen, soll aber einfach dazu ermuntern, dem Wandel offen zu begegnen und sich gegebenenfalls fachliche Hilfe zu holen – um so die Veränderungen aktiv und vor allem auch aus sozialarbeiterischer Perspektive mitprägen zu können.

Dora Bernet

Dora Bernet

Die Sozialarbeiterin Dora Bernet hat das CAS Digitalisierung und Soziale Arbeit der Hochschule Luzern absolviert. Ihre Abschlussarbeit zum Thema Blended Counseling findet sich hier.

Studienprogramme zu Digitalisierung
Die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit bietet ein Aus- und ein Weiterbildungsprogramm im Bereich «Digitalisierung und Soziale Arbeit» an, entweder als Nebenvertiefung (Minor) des Bachelor-Studiengangs oder als CAS. Damit können künftige und aktuelle Professionelle der Sozialen Arbeit ihre Kenntnisse zu den Herausforderungen der digitalen Transformation weiterentwickeln. Übergeordnetes Ziel bleibt die wirkungsvolle Bewältigung der Aufgaben in der Sozialen Arbeit für und mit den verschiedenen Anspruchsgruppen. Mehr zum Angebot hier und unter blog.hslu.ch/minordisa.

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Von: Anette Eldevik
Bilder: Franca Pedrazzetti, Ingo Höhn
Veröffentlicht am: 15. September 2022

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