Sozialmanagement und Sozialpolitik,

Weiterbildung

«Die strengen Hierarchien funktionieren nicht mehr»

<strong>«Die strengen Hierarchien funktionieren nicht mehr»</strong>

Wie gehen Organisationen im Gesundheits- und Sozialwesen konstruktiv mit den Herausforderungen ihrer Zeit um? Prof. Dr. Marc Zimmermann setzt sich mit diesen Fragen auseinander – und vermittelt im «CAS Organisation und Kultur entwickeln» Lösungsansätze.

1. Das CAS Organisation und Kultur entwickeln im Sozial- und Gesundheitsbereich handelt von Veränderungsprozessen und Sinnorientierung. An wen richtet es sich?

Das CAS ist vor allem für Führungskräfte im mittleren Kader interessant; übrigens auch für Personen aus der Pflege. Diese Kader übernehmen operativ Verantwortung, wirken aber gleichzeitig an der strategischen Entwicklung mit. In diesem Spannungsfeld sind sie enorm gefordert.

2. Sie sprechen es an: Im Alltag geht es oft hektisch zu und her. Wie gelingt es, dass der Wandel und die langfristige Entwicklung von Teams und Organisationen nicht aus den Augen verloren geht?

Das ist tatsächlich ein Kunststück, das heute längst nicht immer gelingt. Die Lösung liegt für mich im wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitenden. In der Unternehmenskultur muss verinnerlicht sein, dass die Mitarbeitenden das wertvollste Gut sind. Es gibt spannende Ansätze aus dem agilen Management, die Mehrfachbelastungen reduzieren: Dies zum Beispiel, indem man sich eine Zeit lang aus dem operativen Geschäft ausklinken kann, um konzentriert an einem Projekt zu arbeiten. Das mag in Zeiten von hohem Fachkräftemangel absurd klingen, zahlt sich aber aus. Letztlich sind solche Personen viel produktiver, als wenn sie überall gleichzeitig sein sollten.

3. Das CAS-Programm lehrt Change Management mithilfe des systemischen Verständnisses vom Wandel und der Entwicklung von Teams und Organisationen. Können Sie ein konkretes Beispiel dazu nennen?

Es geht im Wesentlichen darum, eine lernende, agile Organisation zu entwickeln. Weil der Wandel permanent ist, müssen auch die Mitarbeitenden Verantwortung übernehmen. Die strengen Hierarchien funktionieren nicht mehr. Ein Beispiel wäre, dass zwei Abteilungen zusammengelegt werden sollen. Vielleicht soll dies den Austausch verbessern, Kosten sparen – oder ein ganz anderes Ziel verfolgen. Jedenfalls sollte nebst den gemeinsam formulierten Zielen und der erklärten Fusion inhaltlich möglichst viel offen sein. Die Beteiligten bestimmen also selbständig, wie sie die Ziele im Arbeitsalltag am besten erreichen. Das ist natürlich viel aufwendiger, als wenn man alles von oben vorgibt – aber Abkürzungen rächen sich schnell.

4. Wie wandlungsfähig sind Unternehmen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich im Vergleich zu anderen Branchen?

Die Fachleute, die im Gesundheits- und Sozialbereich tätig sind, haben in den letzten zwei Jahrzehnten enorm viele Veränderungen durchgemacht. Was früher oftmals Einzelprojekte waren, wird heute immer mehr zum permanenten Wandel. Die Komplexität in dieser Branche wird dabei oft unterschätzt: Es geht ganz direkt um Menschen, die ein Problem haben. Darüber hinaus gibt es staatliche und gesellschaftliche Interessen, Herausforderungen in Bezug auf die Finanzierung sowie strenge rechtliche Vorgaben. Wenn man an einem Schräubchen dreht, hat das Auswirkungen auf ganz viele Bereiche. Gerade die operativ tätigen Mitarbeitenden sind prädestiniert, in diesem Rahmen mehr Verantwortung zu übernehmen. In ihrem Arbeitsalltag müssen sie schliesslich immer mit Patientinnen, Klienten und anderen Stakeholdern co-kreativ Lösungen entwickeln.

5. Wie stehen Sie privat zum Thema Veränderung? Wo fällt Sie Ihnen leicht, wo halten Sie lieber am Bewährten fest?

Aufgrund meiner beruflichen Entwicklung dachte ich immer, ich sei für alle Veränderungen gerüstet. Aber als ich im Lockdown von einem Tag auf den anderen plötzlich online unterrichten sollte, fiel ich – ohne es zu realisieren – in dasselbe Muster, das bei Veränderungen üblich ist: Zuerst war ich schockiert, dann verwirrt, anschliessend orientierte ich mich Stück für Stück neu und fand Perspektiven. Also selbst bei Mitarbeitenden wie mir, die sich intensiv mit diesen Prozessen auseinandersetzen, braucht es Zeit, Freiräume und Unterstützungsangebote. Wenn Organisationen sich das zu Herzen nehmen, gelingt Wandel besser.

Von Daniel Schriber
Bild: Ingo Höhn
Veröffentlicht: 19. Dezember 2022

Marc Zimmermann Profil

Prof. Dr. Marc Zimmermann

Marc Zimmermann ist Dozent und Projektleiter am Institut für Sozialmanagement, Sozialpolitik und Prävention an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Er leitet den «MAS Management im Sozial- und Gesundheitsbereich», drei damit verknüpfte CAS sowie Beratungs- und Forschungsprojekte. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung der Organisationkultur, im Change Management sowie in Leadership-Themen. Nach verschiedenen Stationen bei der öffentlichen Hand und in der Privatwirtschaft ist er seit vier Jahren an der HSLU tätig.

CAS Organisation und Kultur entwickeln im Sozial- und Gesundheitsbereich

Herausforderungen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel oder Budgetkürzungen machen Wandel zum permanenten Führungsthema. Das CAS-Programm «Organisation und Kultur entwickeln im Sozial- und Gesundheitsbereich» handelt von Veränderungsmanagement und Sinnorientierung für Führungskräfte. Ausgehend von einem systemischen Verständnis der Entwicklung von Organisationen im Austausch mit ihrer Umwelt, werden Change-Management- und Agilitäts-Ansätze vermittelt. Diese Ansätze vereinfachen einen Kulturwandel hin zu lernenden Organisationen oder Organisationsformen mit hoher Selbststeuerung.

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CAS Sich und Mitarbeitende führen im Sozial- und Gesundheitsbereich

Gerade im Sozial- und Gesundheitsbereich sind Werteorientierung und die Pflege einer Zusammenarbeitskultur von hoher Bedeutung. Mitarbeitende sind die wertvollste Ressource dieser Organisationen. In diesem CAS-Programm entwickeln die Teilnehmenden ihre Kompetenzen als Führungskraft weiter und machen sich fit für anspruchsvolle Leitungsaufgaben.

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