2. Juni 2023

Sustainable Investments

Jeder dritte Nachhaltigkeitsfonds lässt seine Qualität extern attestieren

Jeder dritte Nachhaltigkeitsfonds lässt seine Qualität extern attestieren

Glaubwürdige Gütesiegel für nachhaltige Fonds sind unabhängig und transparent. Im abschliessenden Teil der dreiteiligen Blog-Serie (Beitrag 1 und 2) zu nachhaltigen Gütesiegeln zeigen wir, dass bereits jeder dritte Nachhaltigkeitsfonds in der Schweiz seine Qualität durch mindestens ein entsprechendes Gütesiegel zertifizieren lässt. Der Artikel stützt sich auf die IFZ Sustainable Investments Studie 2022. (1)


Autoren: Manfred Stüttgen, Brian Mattmann

In der Schweiz stehen Anleger 1’858 Nachhaltigkeitsfonds zur Verfügung. Diese als nachhaltig positionierten Fonds haben wir auf die Zertifizierung mit unabhängigen Gütesiegeln untersucht. Konkret haben wir analysiert, wie viele der 1’858 Nachhaltigkeitsfonds ihre Qualität von einem etablierten Nachhaltigkeitsgütesiegel, wie wir sie im Blog-Beitrag 2 aufgeführt und beschrieben haben, bestätigen lassen.

593 Nachhaltigkeitsfonds lassen ihre Qualität extern attestieren

Wie Abbildung 1 zeigt, lässt sich bereits ein Drittel der Nachhaltigkeitsfonds in der Schweiz extern zertifizieren. Diese Fonds verfügen über mindestens eines der untersuchten ESG-Gütesiegel, sie verpflichten sich auf einen entsprechenden Nachhaltigkeitsstandard und lassen dies durch externe Prüfer attestieren.


Abbildung 1: Der Anteil Nachhaltigkeitsfonds mit mindestens einem externen ESG-Gütesiegel (in Anzahl Fonds, per 30. Juni 2022)

229 Fonds orientieren sich an mehreren Nachhaltigkeitsstandards

Von den 593 zertifizierten Nachhaltigkeitsfonds verpflichten sich 229 Fonds sogar auf die Kriterien von mehr als nur einem einzigen nachhaltigen Gütesiegel (Abbildung 2). Diese Fonds tragen also mehrere Gütesiegel und lassen sich an unterschiedlichen nachhaltigen Siegelstandards messen. Für diese Fondsanbieter nimmt die Komplexität im Portfoliomanagement zu, denn sie müssen sich an multiplen Kriterien orientieren. Bei rund der Hälfte dieser 229 Fonds kommt die Mehrfachzertifizierung dadurch zu Stande, dass gewisse Gütesiegel – z.B. das FNG-Gütesiegel – das Eurosif Transparenzlogo voraussetzen. Dieses definiert Vorgaben an die Offenlegung und Transparenz, damit Anleger die Nachhaltigkeits-strategie und das Leistungsversprechen eines Fonds nachvollziehen können.


Abbildung 2: Die Anzahl ESG-Gütesiegel pro zertifiziertem Fonds (in Anzahl Fonds, per 30. Juni 2022)

Schweizer Anbieter sind zurückhaltend in der Zertifizierung ihrer Nachhaltigkeitsfonds

Verglichen mit ausländischen Vermögensverwaltern lassen Schweizer Vermögensverwalter ihre Nachhaltigkeitsfonds deutlich weniger oft extern zertifizieren: Von den total 107 Fondsanbietern, die über mindestens einen Nachhaltigkeitsfonds mit einem ESG-Gütesiegel verfügen, sind lediglich zwölf Anbieter Schweizer Herkunft. Die Zurückhaltung Schweizer Fondsanbieter bei der Zertifizierung von Nachhaltigkeitsfonds ist auch an der Anzahl zertifizierter Fonds sichtbar: Von den insgesamt 593 Nachhaltigkeitsfonds mit einem ESG-Gütesiegel werden lediglich 90 Fonds – also rund 15 Prozent – von Schweizer Fondsanbietern offeriert (2). Eine Erklärung dürfte darin liegen, dass in der Schweiz noch kein etabliertes, unabhängiges Gütesiegel für nachhaltige Fonds existiert, an dem sich Schweizer Investoren und Anbieter orientieren können. Übrigens sind auch die kürzlich in der Schweiz lancierten «Swiss Climate Scores» kein Gütesiegel, wie fälschlicherweise oft geschrieben wird – sie stellen vielmehr eine Transparenzinitiative dar.

Jeder sechste Nachhaltigkeitsfonds ist Träger des belgischen Towards Sustainability Labels

Abbildung 3 zeigt die verschiedenen Gütesiegel und deren Marktanteile auf dem Markt nachhaltiger Schweizer Publikumsfonds.


Abbildung 3: Die verbreitetsten ESG-Gütesiegel bei Schweizer Nachhaltigkeitsfonds (in Anzahl Fonds und in Prozent aller 1’858 Nachhaltigkeitsfonds, per 30. Juni 2022)

Die Abbildung zeigt dreierlei:

  • Erstens werden nachhaltige Fonds, die in der Schweiz zum öffentlichen Vertrieb zugelassen sind, von einer Vielzahl ausländischer Gütesiegel zertifiziert. Eine Erklärung für die breite Existenz von Gütesiegeln in der Schweiz – obschon die Schweiz über kein nationales Siegel verfügt – dürfte darin liegen, dass in- und ausländische Vermögensverwalter ihre Fonds nicht nur in der Schweiz vertreiben, sondern auch in anderen Marktregionen. Um in diesen Ländern ihre Nachhaltigkeitsfonds glaubwürdig vertreiben zu können, beantragen Fondsanbieter Gütesiegel, die lokal oder regional bei Investoren etabliert sind.
  • Zweitens existieren drei Labels – das Towards Sustainability Label, das Eurosif Transparenzlogo und das Label ISR –, die auf dem Schweizer Markt für nachhaltige Publikumsfonds je rund 200 Fonds oder mehr zertifizieren. Insgesamt tragen 558 der total 593 zertifizierten Nachhaltigkeitsfonds mindestens eines dieser drei etablierten Labels. Damit sind 94 Prozent der zertifizierten Fonds durch eines dieser drei Gütesiegel geprüft.
  • Drittens fällt der hohe Marktanteil des belgischen Towards Sustainability Labels auf. Rund jeder sechste Nachhaltigkeitsfonds mit Schweizer Vertriebszulassung trägt mittlerweile dieses Gütesiegel, das zwar erst Ende 2019 lanciert wurde, das in Europa aber am schnellsten wächst. Ein Grund für die breite Anwendung könnte sein, dass es vom belgischen Verband des Finanzsektors (Febelfin) unter Einbezug verschiedener Interessensgruppen entwickelt wurde und deren Verwaltung durch eine unabhängige Organisation stattfindet. Die Lancierung durch die Branche, der Einbezug verschiedener Stakeholder sowie eine unabhängige Organisation könnte zu einer hohen Akzeptanz bei Finanzmarktakteuren und Investoren führen.

Fazit: Gütesiegel können Privatinvestoren Orientierung geben; Schweizer Anleger müssen sich auf ausländische Siegel verlassen

Gütesiegel sind für Investoren, speziell für Privatanleger, ein gutes Hilfsmittel, um die Qualität von nachhaltigen Fonds zu beurteilen und zu vergleichen. Schweizer Fondsanbieter sind allerdings zurückhaltender in der Zertifizierung ihrer Nachhaltigkeitsfonds. Ein Grund dürfte darin liegen, dass kein Schweizer Gütesiegel existiert. Hiesige Investoren müssen sich deshalb an ausländischen Nachhaltigkeitsstandards orientieren. Gütesiegel können wertvolle Dienste in der Transparenzschaffung und bei der Auswahl nachhaltiger Fonds leisten. Zudem können sie Informationsasymmetrien abbauen sowie Investoren und Fondsanbieter vor Greenwashing-Risiken schützen.


(1) Die Studie wurde dankend unterstützt von: iShares by BlackRock, Robeco, Zürcher Kantonalbank, DWS, Graubündner Kantonalbank, Jupiter Asset Management, Natixis Investment Managers, UBS, Vanguard, abrdn, AllianceBernstein, Amundi Asset Management, Candriam, Credit Suisse, DPAM, Generali, INOKS Capital, Invesco, Janus Henderson Investors, Lombard Odier Investment Managers, Morningstar, NN Investment Partners , Nordea Asset Management , OLZ, Schroders, Inrate, Thurgauer Kantonalbank und Investment Navigator.

(2) Insgesamt sind Schweizer Anbieter für ein Drittel der in der Schweiz zum Vertrieb zugelassenen 1’858 Nachhaltigkeitsfonds verantwortlich.

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