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Sind 16 cm genug? Wie dünne Betondecken CO2-Emissionen im Wohnungsbau senken können

Sind 16 cm genug? Wie dünne Betondecken CO2-Emissionen im Wohnungsbau senken können

Forschende der Hochschule Luzern – Technik & Architektur zeigen, wann schlanke Betondecken sinnvoll sind – und wo ihre Grenzen liegen.

Dünnere Betondecken gewinnen an Bedeutung, weil Bauherrschaften und Verwaltungen vermehrt auf ressourcenschonende Lösungen setzen. Die Rechnung: weniger Betoneinsatz gleich weniger Treibhausgasemissionen. Doch wie weit darf die Reduktion gehen, ohne dass Statik oder Komfort leiden? Können 16 cm dicke Betondecken – ein Wert, der früher weit verbreitet war – auch heutigen Anforderungen standhalten? Und wie sieht ihre Wirtschaftlichkeit aus? Forschende der Hochschule Luzern – Technik & Architektur liefern Antworten.

Schlank bauen, Ressourcen sparen

Ein entscheidender Hebel für schlankere Betondecken ist die Systemtrennung. Werden Leitungen – insbesondere Lüftung und Sanitär – sichtbar oder in separaten Schichten geführt, entfällt der Platzbedarf innerhalb der Betondecke. HSLU-Forschende um Gianrico Settembrini haben darum im Auftrag des Amts für Hochbau der Stadt Zürich fünf unterschiedliche Varianten von Decken- und Leitungsführungssystemen untersucht: von klassischen Aufbauten mit eingelegten Leitungen über Mischsysteme bis hin zu konsequent systemgetrennten Lösungen mit sichtbar geführten Lüftungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen. Die Untersuchung zeigt:

  • Eine 16 cm starke Betondecke kann Emissionen im Vergleich zu gängigen Stärken deutlich reduzieren. Der ökologische Vorteil entsteht, weil weniger Beton und Stahl eingesetzt wird – beides Materialien mit hohem CO₂-Fussabdruck.
  • Der Einfluss des Bewehrungsgehalts (oft angegeben in kg Stahl pro m³ Beton) ist weniger entscheidend als die eingesetzte Betonmenge.
  • Einlagen für Sanitär- oder Lüftungsleitungen führen schnell zu deutlich grösseren Deckenstärken. Durch optimales Einlegen von Lüftungsleitungen ohne Kreuzungen und den Verzicht von eingelegten Sanitärleitungen ermöglichen bereits 22 cm Betondecken die Einhaltung erhöhter Schallschutzanforderungen.

Die Rahmenbedingungen müssen stimmen

Bauarbeiter verlegen Leitungen im Rohbau eines Wohngebäudes.

Aus statischer Sicht sind 16 cm im Wohnungsbau machbar, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Typisch sind Spannweiten bis zu rund sechs Metern – hierin liegt der Schlüssel. Drei zentrale Punkte:

  • Ein konsequenter Lastabtrag ist erforderlich.
  • Spannweiten müssen begrenzt bleiben.
  • Die Planung braucht erhöhte Aufmerksamkeit, um Fehlstellen zu vermeiden.

Damit eignet sich diese Lösung besonders für Projekte, in denen strukturelle Anforderungen klar definiert und überschaubar sind.

Schallschutz als kritischer Faktor

Neben der Statik spielt der Schallschutz eine zentrale Rolle. Die Studie zeigt: 16 cm Betondecken erfüllen die Mindestanforderungen an den Luft- und Trittschallschutz knapp, und nur bei idealer Detailplanung. In der Praxis führt dies zu Herausforderungen:

  • Sondernachweise erhöhen den Planungsaufwand.
  • Ungenauigkeiten wirken sich stärker aus als bei dickeren Decken.
  • Für erhöhte Schallschutzanforderungen sind 22 cm deutlich zuverlässiger.

Gerade im Wohnungsbau, wo Nutzerkomfort und Akzeptanz zentral sind, sollten diese Aspekte früh einbezogen werden.

Wirtschaftliche Vor- und Nachteile abwägen

Obwohl 16 cm ökologisch attraktiv sind, bleiben ökonomische Hürden: Die aufwändige Planung und der erhöhte Kontrollbedarf verteuern das Vorgehen. Ausserdem verlangen sichtbar geführte Leitungen gestalterische Sorgfalt, hochwertigere Materialien und erhöhen den Ausführungsaufwand, damit Wohnungsnutzende sie akzeptieren. Im Gegenzug bringt die Systemtrennung auch zusätzliche ökonomische und ökologische Vorteile: Flexibilität und Zugänglichkeit der Leitungen für Wartung, Unterhalt, Ersatz oder gar Reuse.

Zusätzlich oder alternativ zu dünneren Decken können folgende Massnahmen relativ einfach realisiert werden:

  • Wahl CO₂-reduzierter Betonsorten
  • Optimierung der Unterlagsböden
  • Klare Definition von tieferen Schallschutzanforderungen in Abhängigkeit der Nutzung

Diese Ansätze bieten ein günstiges Verhältnis von Wirkung zu Aufwand und unterstützen den Klimaschutz ohne grosse bauliche Risiken.

Projektspezifische Entscheide sind zentral

Gianrico Settembrini erklärt nachhaltiges Bauen auf dem Suurstoffi Areal.

«Die Frage, ob 16 cm genug sind, lässt sich nicht pauschal beantworten», sagt Forschungsleiter Gianrico Settembrini. Die Studie zeige aber, dass der Einsatz dünnerer Betondecken unter bestimmten Voraussetzungen möglich – und ökologisch sinn voll – ist. Für eine fundierte Entscheidung empfiehlt Gianrico Settembrini Bauherrschaften folgende Fragen zu klären:

  • Welche Klimaziele verfolgt das Projekt?
  • Welche Schallschutzanforderungen gelten?
  • Welche Leitungsführung ist vorgesehen?
  • Welche Spannweiten und Nutzungsszenarien liegen vor?
  • Welche Vorteile kann eine Systemtrennung langfristig mit sich bringen?

«Werden diese Punkte systematisch betrachtet, entsteht ein klarer Entscheidungsrahmen», so Settembrini. «Ich hoffe, unsere Studie trägt dazu bei, den Wohnungsbau klimafreundlicher zu gestalten.»

16 cm in 16 Tagen?

Genau so lange (16 Tage) dauert das CAS Nachhaltiges Bauen. In dieser praxisnahen Weiterbildung lernen Planende aus den unterschiedlichen Disziplinen, Personen aus der Öffentlichen Hand und weitere interessierte Fachpersonen typische Fragen der Nachhaltigkeit gesamtheitlich zu beantworten. Dabei betrachten wir die Fragestellungen aus sozialer, ökonomischer, ökologischer und baukultureller Sicht. Das Ziel ist, dass die Baubranche und wir alle unseren Beitrag zu einer Netto-Null Gesellschaft leisten können – z.B. mit der optimalen Deckenstärke im Wohnbau.

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