Eine Woche in den Schuhen von Jaswant Stöcklin.
«Gehe hundert Schritte in den Schuhen eines anderen, wenn Du ihn verstehen willst», rät ein Sprichwort. Und genau das tat eine Studierendengruppe im Rahmen einer Projektwoche der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Im Luxury Innovation Bootcamp.
Studierende der HSLU Wirtschaft am Luxury Innovation Bootcamp 2023
Für eine Woche arbeiteten rund 40 Studierende aus den Studiengängen Business Administration, International Business Administration und Business Psychology Seite an Seite mit Vertreter:innen aus dem Luxussegment und erarbeiteten neue Konzepte, Geschäftsideen, Vertriebsstrategien und Businesspläne.
Eine Arbeitsgruppe schlüpfte in die Schuhe von Jaswant Stöcklin, die unter dem Label JASWANT ihre eigene High Fashion Schuhmarke gegründet hat. Mit ihr haben wir uns nach den Abschlusspräsentationen auf ein paar Worte getroffen.
Wer ist Jaswant Stöcklin?
Jaswant Stöcklin studierte Fashion Design an der renommierten Rhode Island School of Design in den USA. Nach ihrem Abschluss setzte die Kosmopolitin ihr Studium im Bereich der bildenden Künste und Fotografie an der Parsons School of Design in Paris fort. Nach vielseitiger Berufserfahrung in Kunstinstitutionen, Galerien, bei Designer:innen und Architekt:innen kehrte sie zur Mode zurück und gründete ihr eigenes Luxus-Schuhlabel JASWANT.
Wolltest du schon immer deine eigenen Schuhe kreieren?
Eigentlich wollte ich Tänzerin werden. Ballett – das war mein grosser Traum. Ich war gut und trainierte intensiv. Meine Gelenke hatten aber andere Pläne für mich und zogen mir einen Strich durch diese Rechnung. Mit 17 war dieser Traum leider ausgeträumt. Was damals hart zu akzeptieren war, war gleichzeitig eine wichtige Lektion für mich: Man wächst an Niederlagen.
So folgte ich meiner zweiten Passion: der Kunst, dem Zeichnen, dem Kreieren. Ich studierte Fashion Design und durfte die faszinierende Kunstwelt entdecken. Mit Stationen bei der Art Basel, bei Kunstgalerien und Architekturbüros arbeitete ich in verschiedensten Bereichen der Kunstwelt. Und lernte so, was ich sein will: Designerin.
Und warum Schuhe?
Wie so vieles im Leben eine glückliche Fügung: Nach den verschiedensten Stationen im Modebereich landete ich bei Herzog und De Meuron. Ich war umgeben von faszinierenden Modellen, Skulpturen, Materialien und inspirierenden Künstlern und Architektinnen.
Ich fand heraus, dass ich bei Schuhen all meine künstlerischen Interessen vereinen kann. So ist zum Beispiel der gedrehte Absatz meines «Torsion Pumps» eine Anspielung auf architektonische Elemente, die ich bei Herzog und De Meuron gesehen habe.
Was ist deine Haltung zur Nachhaltigkeitsdebatte? Gerade Fast Fashion ist ein Begriff, den man oft hört.
Es ist mir wichtig, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wir als Designer:innen haben eine Verantwortung und diese möchte ich mit meinem Label wahrnehmen. Auch ein Grund, warum ich mich dem «Luxus» verschrieben habe: Es gibt mir die Möglichkeit, mit hochwertigen Materialien zu arbeiten und auf High-End-Hersteller:innen zu setzen. Ich schaffe zeitlose Schuhe und bin nicht dem Druck ausgesetzt, Monat für Monat neue Fashiontrends zu generieren, nur um den Absatz zu stärken. Ich versuche, Kunst zu schaffen. Schuhe, die du behalten möchtest. Etwas, das dir lange Freude bereitet. Freude für dich, für deine Garderobe und deinen Stil.
Wir sind am Luxury Innovation Bootcamp – mit welcher Herausforderung hast du teilgenommen?
Ich stehe mit meinem Unternehmen noch ganz am Anfang. Ich bin eine One-Woman-Show. Der Tag hat zu wenige Stunden für das, was ich vorhabe, aber ich will meine Idee aufs nächste Level bringen. Dazu habe ich einer Studierendengruppe eine Aufgabe anvertraut: neue Business-Ideen zu sammeln und zu analysieren, wie und wo ich wachsen kann.
Konntest du von «deiner» Gruppe profitieren?
Absolut! Schau, ich bin Designerin. Business ist nicht meine Kernkompetenz. Aber als Entrepreneurin gehört dies nun mal zu meinem «daily business» – die Zahlen kann ich nicht ausblenden.
Es gibt viele renommierte Business- und PR-Consultants. Viele denken, sie hätten DAS Erfolgsrezept. Die Student:innen hier sind, wie ich übrigens auch, in einem Lernprozess. Sie haben keine Scheuklappen, anders zu denken. Das gefällt mir. Wir können uns auf Augenhöhe begegnen und Ideen austauschen.
Die Gruppe hat für mich Marktpotenziale eruiert, Personas erstellt und Wachstumsmärkte ausfindig gemacht. Ich war schon in der Ideenfindung für neue Verkaufskonzepte – auch da hat mir die Gruppe spannende Ideen bezüglich «product personalization» geliefert. Genaueres bleibt aber unter uns.
Was rätst du Studierenden, die selbst Unternehmer:innen werden möchten?
Ausdauer und Beharrlichkeit sind am wichtigsten. Und dann: «Go for it!» Habt keine Angst vor Unsicherheiten und Niederlagen. Auch wenn das ein Kalenderspruch sein könnte – er stimmt. Der Durchbruch kommt vielfach erst nach einer schwierigen Phase.
Don’t be shy: «Look, I am building the plane while trying to fly.»
Jaswant Stoecklin
Und was bedeutet Erfolg für dich?
Erfolg ist für mich nicht in erster Linie von Zahlen abhängig. Es sind die Meilensteine, die man auf dem Weg erreicht. Für mich waren dies zum Beispiel Berichte über meine Schuhe in der Vogue oder im GQ, Anerkennung und auch, dass ich heute hier sein kann – Seite an Seite mit Brands wie Omega oder Gübelin.
Zum Schluss: Trägst du manchmal auch Sneakers?
Aber natürlich. Meine heutige Rückreise mit dem Zug trete ich in meinen Sneakers an. Für jede Situation der richtige Schuh halt.