Was, du studierst Kirchenmusik?

Als Brücke zwischen Liturgie und Musik findet man Kirchenmusikerinnen und -musiker oft an der Orgel oder in der Chorleitung. Wir haben Studierende und Dozierende gefragt: Wieso studiert man eigentlich Kirchenmusik?

«Das Kirchenmusik-Studium anzugehen war eigentlich eine ganz logische Entwicklung», beschreibt Judith Pellegrini ihre Entscheidung. «Ich habe zuerst Religionswissenschaften an der Uni Freiburg studiert und parallel dazu eine Weiterbildung in Orgel und Chorleitung gemacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits eine Stelle als Organistin. Während der Weiterbildung habe ich einen Kirchenchor übernommen und einen Jugendchor aufgebaut.» Um ihre Chöre besser ausbilden zu können, war es Judith Pellegrini wichtig, ihre eigenen Fähigkeiten zu vertiefen. Das Studium an der Hochschule Luzern – Musik entsprach dann genau ihren Bedürfnissen: «Ich konnte das studieren, was ich schon mache. Das Tolle ist, dass man gleichzeitig Chorleitung, Orgel und Gesang studiert. Es ist eine Musikausbildung, die von einer liturgischen Ausbildung ergänzt wird.» Gerade die Vielseitigkeit und der starke Praxisbezug sind überzeugende Punkte für ein Kirchenmusik-Studium. Andere finden ihren Weg zur Kirchenmusik über ihre Liebe zur Orgel, so wie Dozentin für Orgel, Suzanne Z’Graggen: «Zur Orgel kam ich im Kindesalter eher durch Zufall. Seither hat mich die Faszination für dieses aussergewöhnliche Instrument nicht mehr losgelassen.»

Suzanne Z’Graggen, Dozentin für Orgel, ist begeisterte Kirchenmusikerin. Bild Hannes Kirchhof

Tradition als Vorteil

An der Hochschule Luzern hat die Kirchenmusik eine lange Tradition. Schon seit 1942 werden hier Kirchenmusikerinnen und -musiker auf ihren Berufsalltag vorbereitet. In Luzern können sie vom historischen Hintergrund der Stadt profitieren und kommen mit eindrücklichen Orten, beispielsweise der Jesuitenkirche, in Berührung. «Man muss in Luzern Kirchenmusik studieren. Denn wir haben in diesem Kanton das Glück, eine immense Chortradition und ausgezeichnete Orgel-Instrumente zu haben», so Pascal Mayer, Dozent für Chorleitung und Leiter des Collegium Musicum der Jesuitenkirche Luzern. Ausserdem sieht er die unterschiedlichen musikalischen Spezialgebiete der Orgel- und Chorleitungsdozierenden als grossen Gewinn für die Studierenden. Neben dem Schwerpunkt Kirchenmusik haben Studierende an der Hochschule Luzern – Musik ebenfalls die Möglichkeit, ihre Ausbildung mit anderen Fächern aus einem breiten Angebot zu erweitern. Im Neubau auf dem Kampus Südpol werden die bisher knappen Übungsmöglichkeiten ausgebaut: Künftig stehen den Studierenden vier Orgeln zur Verfügung.

Ohne Musik kann man kein Ereignis feiern.

Pascal Mayer, Dozent Chorleitung

Vielfalt im Alltag

Vielfalt ist das wichtigste Stichwort im Beruf der Kirchenmusikerin und des Kirchenmusikers. An der Kirche organisieren sie das musikalische Programm für den Gottesdienst, sind verantwortlich für den Kirchenchor und suchen ein Repertoire, das zur Liturgie passt. Suzanne Z’Graggen fasst zusammen: «In erster Linie arbeiten Kirchenmusikerinnen und -musiker mit Menschen und musizieren mit ihnen während Gottesdiensten und anderen liturgischen Feiern. Dies kann an der Orgel oder am Klavier sein, als Chorleiterin, Kantor oder als Leiterin einer Gregorianik-Schola, einer Band, einem Orchester oder einer sonstigen musikalischen Formation.» Dabei habe man mit Menschen aller Generationen zu tun, erklärt sie. «Man begegnet dem älteren Menschen vielleicht als Sängerin oder Sänger im Seniorenzentrum, dem Teenager bei Firmungsanlässen oder Schulkindern beim Sternsingen.» Pascal Mayer wiederum betont, dass Kirchenmusikerinnen und -musiker gut anführen und die Kirchgemeinde leiten und animieren können müssen. In Judith Pellegrinis Augen sollten sie zudem vor allem eines mitbringen: Improvisationsfähigkeit. Dabei meint sie nicht Improvisieren auf dem Instrument, sondern Flexibilität und eine schnelle Auffassungsgabe. So komme es auch vor, dass zum Beispiel der Pfarrer seine Brille in der Sakristei vergisst und nicht sieht, dass da noch ein Lied gewesen wäre – da muss schnell eine Lösung gefunden werden.

Roman Stahl sieht Kirchenmusik als wichtige Vermittlerin auf ästhetischer und kultureller Ebene zwischen Gesellschaft und Kirche.

Kirchenmusik heute

Studierende der Kirchenmusik machen an der Hochschule Luzern einen kleinen Prozentsatz aus. Auch werden immer mehr Gottesdienste gestrichen oder aus Kirchenchören werden Konzertchöre. «Kirchenmusik erlebt ein erneutes Tief, was es aber historisch gesehen immer wieder gegeben hat. Die ‹Kirchenmusik› Johann Sebastian Bachs musste, nachdem sie aus der Mode gekommen war, auch wieder neu entdeckt werden. Es ist schwierig zu sagen, ob die Kirchenmusik zukünftig den Spagat zwischen säkularisierter Gesellschaft, evangelikalen Strömungen, der traditionellen Kirche und unserer Geschichte und Kultur aufrechterhalten kann», kommentiert Roman Stahl, Studierender mit Hauptfach Orgel, diese Veränderungen. Trotzdem sieht er Kirchenmusik als wichtige Vermittlerin auf ästhetischer und kultureller Ebene zwischen Gesellschaft und Kirche. Für Pascal Mayer ist klar: «Ohne Musik kann man kein Ereignis feiern. Ich möchte, dass jede Besucherin und jeder Besucher mit der Musik feiern kann, die er oder sie liebt. Deshalb ist es wichtig, dass in verschiedenen Kirchen auch verschiedene Genres gespielt werden.» Auch Judith Pellegrini ist sich sicher: «Solange es noch christliche Gottesdienste gibt, braucht es noch Kirchenmusikerinnen und -musiker. Der Gottesdienst ohne Musik ist nackt und es fehlt etwas.» Sie sieht die Musik als Hilfe und Unterstützung für die Gemeinde zum Gebet und zur Meditation. Ausserdem dürfe man auch den kirchenmusikalischen Ursprung der Musik nicht vergessen: Alle Messen, Requiems, Psalmen und Motetten, die heute auch in Konzerten aufgeführt werden, sind geistliche Werke. Schlussendlich ist es aber doch die Musik, die im Zentrum steht. «Wir Musikschaffenden haben die Mission, die Welt mit Freude, Vergnügen, Frieden und Hoffnung zu überfluten. Deswegen spielen wir Konzerte, musizieren in Gruppen und vermitteln unser Wissen», so Pellegrini.

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