Mit selbst gebautem Clavichord und zwei Koffern in die Schweiz zum Musikstudium
Christopher Ohanian hat an der Hochschule Luzern – Musik den Master-Studiengang Performance Klassik (Klavier) gemacht und bald auch den Master Solo Performance. Im Frühling 2022 folgt eine Pädagogik-Weiterbildung, damit er als Musiklehrer etwas Geld verdienen kann. Dann fühlt sich der 32-jährige Christopher Ohanian langsam gerüstet, seinen grossen Traum anzugehen: Eine Reise um die Welt – zu Fuss oder mit dem Velo. Daneben pflegt er weitere kleine Verrücktheiten wie Origami entwickeln, Spitzenschals stricken, Einrad fahren oder Orchideen fotografieren.
Text von Pirmin Bossart
Seit gut fünf Jahren lebt und studiert Christopher in Luzern. Er fühlt sich wohl hier. Einzig die Wolken sind ihm in der Schweiz zu gewöhnlich, «ein bisschen langweilig halt», lächelt er. Der in Florida/USA aufgewachsene Musiker ist ein spezieller Mensch. Musikalisch sehr talentiert, mit einem Sinn für aussergewöhnliche Fähigkeiten und einem heiteren Gemüt. Eine Art Traumtänzer, so idealistisch wie ernsthaft, so verspielt wie zielstrebig.
Mit sechs Jahren entdeckte er das Klavier und studierte später mehr als zehn Jahre bei Judith Burgänger in Florida. Christopher strahlt. «Sie ist meine Lieblingspianistin und die wichtigste Person in meinem Leben geblieben.» Bei mehreren Meisterkursen lernte er Europa kennen. Das Ausbildungssystem überzeugte ihn: «Hier sind die Dozierenden zuerst Performer und dann noch Lehrer. In den USA ist es umgekehrt. Zudem ist hier das Studium viel günstiger.»
2008 bekam er die Gelegenheit, in seiner Heimatstadt in Florida für den Pianisten Konstantin Lifschitz zu blättern, als dieser Aufnahmen von Bachs «Wohltemperierte Klavier» machte. «Seine Art, zu spielen, hat mich enorm beeindruckt. Als ich später realisierte, dass er in Luzern Dozent war, habe ich mich hier angemeldet.» Doch bevor er das Studium begann, baute er sich in seinem Schlafzimmer ein Clavichord mit 63 Tasten. «Ich hatte zuvor noch nie geschreinert.» Nach 56 Tagen, an denen er ununterbrochen 16 Stunden arbeitete, war das Instrument fertig. «Vier Tage später zog ich mit dem Clavichord und zwei Koffern in die Schweiz. Es war total verrückt.»
Die tollste Erfahrung des Lebens
2019 schloss Christopher mit dem Master Performance Klassik ab. Sein Abschlusskonzert spielte er auf seinem Clavichord sowie drei anderen Tasteninstrumenten. Zurzeit ist er mit dem Master-Studiengang Solo Performance beschäftigt. Im Juni 2021 hatte er die Gelegenheit, mit dem Luzerner Sinfonieorchester (Dirigent James Gaffigan) im KKL Luzern aufzutreten, wo er mit einem sehr selten gespielten Klavierkonzert des Komponisten Moritz Moszkowski brillierte. «Mit 70 Musikerinnen und Musikern im KKL auf diesem Niveau auftreten zu können, das ist einfach nur ein Geschenk. Es war die tollste Erfahrung meines Lebens, ein Traum, für den ich unendlich dankbar bin.»
Wer nun denkt, dass Christopher alles daransetzen würde, musikalisch durchzustarten, irrt sich. «Ich glaube nicht, dass ich auf dem Niveau, das mir vorschwebt, ein Profimusiker sein kann. Und es gibt noch anderes, das mich interessiert.» Sein grösster Traum ist, zu Fuss oder mit dem Velo um die Welt zu gehen. Er sehnt sich danach, andere Menschen und Kulturen kennenzulernen. Und auch sich selber.
Als Erwachsener lebe man oft in Mustern und Gewohnheiten, sei weniger präsent, sagt Christopher. «Ich möchte die Welt möglichst lange wahrnehmen wie ein Kind. Alles ist neu und man hat weniger Erwartungen.» Deshalb gefällt es ihm, Kinder zu unterrichten. «Eigentlich unterrichten sie mich, damit ich in die Welt gehen, Neues sehen und weiter lernen kann. Sie bereiten mich auf mein nächstes Abenteuer vor.»
Weitere Links
Master of Arts in Music, Performance Klassik
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