Musik und Gesundheit: In der Körperarbeit macht Bewusstsein den Anfang

Musiker:innen kennen Schmerzen, die durch langes oder falsches Üben auftreten. Was ist zu tun? Zu Beginn einer jeden konstruktiven Problemlösungsstrategie steht ein übergeordnetes Verständnis der Situation. Für Musikstudierende bedeutet das, die Mechanik ihres Bewegungsapparates kennenzulernen.


Von Florian Hoesl

Gesundheit ist – nebst heftigen Debatten darüber, wer die gute oder die böse Politik macht –  eines der grossen und präsenten Themen, die unsere Gesellschaft beschäftigen. Gesundheit betrifft jede:n irgendwie. Für Musiker:innen wird sie ab dem Zeitpunkt besonders wichtig, an dem die Arbeit mit ihrem Instrument das überdurchschnittliche Mass erreicht, mit dem sie sich von Hobbymusiker:innen unterscheiden. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber es irgendwie trotzdem nicht immer ist: Musiker:innen müssen sich bewusst sein, dass sie durch stundenlanges Wiederholen derselben Bewegungsabläufe ihren Körper sehr oft auf «unnatürliche» Weise benutzen und daher sehr stark beanspruchen. Nicht selten ist das von Schmerzen begleitet. Wer diese nicht beachtet, kann seinem Körper nachhaltigen Schaden zufügen. Das ist eine der harten Realitäten, mit denen sie konfrontiert sind.

Sarah Keusch ist Dozentin für Körperarbeit an der Hochschule Luzern – Musik.
Sarah Keusch ist Dozentin für Körperarbeit an der Hochschule Luzern – Musik. Bild: HSLU/Ina Amenda

Eine Wunderpille gegen Über- und Fehlbelastungen am Instrument gibt es leider nicht. Man muss selbst aktiv werden, am besten schon bevor Probleme auftauchen. Das ist leichter gesagt als getan, doch wenn man sich ein wenig mit dem Thema auseinandersetzt, merkt man: Es ist halb so wild und nicht so schwierig, wie es scheint.

Welche Möglichkeiten bietet die Hochschule Luzern?

Für Studierende steht es ein vielseitiges Angebot bereit. Sarah Keusch, Dozentin für Körperarbeit, hat uns einen Einblick gegeben. Sie sagt: «Musikstudierende sind Meister:innen darin, ihre Körper zu kontrollieren und ihnen millimetergenau die Bewegungen abzuverlangen, die ausgeführt werden müssen, um hervorragend zu musizieren.» Keusch ist diplomierte Bühnentänzerin und Tanzpädagogin und befasst sich seit vielen Jahren mit Körperarbeit (Ausbildung in Spiraldynamik®, Neuro Somatic). Sie mahnt: «Übt man einfach drauflos, kann das auf Dauer zu Problemen führen.» Es gebe nur wenige Menschen, die ein so intuitiv umfassendes Verständnis von ihrem Körper hätten, dass sie ihn unbewusst völlig «richtig» benutzten. Es ist wichtig, ein Bewusstsein für die eigenen Verhaltensmuster zu entwickeln und zu verstehen, wie das Biodesign des menschlichen Bewegungsapparates funktioniert.

Hier setzt das Modul «Musik und Körper» an. Dort geht es darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie Körperbewegungen funktionieren. Wie spielen Knochen, Muskeln und Bindegewebe zusammen? Wie wird das Körpergewicht auf unser Skelett verteilt? Wie kompensiert unser Körper asymmetrische Haltungen oder langanhaltende Anspannung? «Dieses Verständnis dient als Grundlage zur Prävention, zeigt aber auch Perspektiven auf für jene, die schon Probleme haben», erklärt Sarah Keusch.

Mit diesem erworbenen Basiswissen als Voraussetzung können die Studierenden später in Einzellektionen zusätzliche Unterstützung erhalten, um ihre individuelle Situation am Instrument zu erkunden. Der Fokus liegt auf der Selbstbeobachtung: Man trainiert die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf das notwendige Detail zu richten und gleichzeitig die Verbindung zum gesamten System wahrzunehmen. Wer sich dieses einen Millimeters, den die Schulter für Stunden nach oben gezogen ist, bewusst ist, kann auch lernen, diese zu entspannen. Je bewusster die Wahrnehmung und je grösser das Verständnis, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich, sich selbst zu helfen. Es muss also gar nicht erst zu Problemen kommen.

Wie kann man loslegen?

Um bei Bedarf Veränderungen herbeizuführen, ist eine bewusste Wahrnehmung des aktuellen körperlichen Zustands unerlässlich. Eine geeignete Übung hierfür ist der sogenannte «Body Scan». Diese Übung kann überall und zu jederzeit durchgeführt werden, sei es im Stehen, Sitzen oder Liegen. Dabei nimmt man sich bewusst Zeit, um mit der Aufmerksamkeit durch den eigenen Körper zu reisen.
Dabei kann der Fokus auf verschiedenen Aspekten liegen, wie beispielsweise der Wahrnehmung der Kontaktflächen, der Gewichtverteilung, der Ausrichtung der Körperteile zueinander oder der Atmung. Diese einfache Wahrnehmungsübung kann zu mehr Entspannung führen und Möglichkeiten aufzeigen, die körperliche Organisation zu verändern. Das Ziel ist es, die Wahrnehmung des eigenen Körpers zu verbessern und zu erkennen, wie das System als Ganzes reagiert.

Wichtig ist: Es braucht Ruhe und Zeit, keine grossen oder extremen Dehnübungen. Die beschriebene Übung klingt zunächst sehr unspektakulär, kann aber mit Zeit und Geduld sehr effektiv werden.

Interessierte finden unter diesen Links von der Hochschule Luzern bereitgestellte Informationen und Videos zum Thema «Körperarbeit». Viel Spass und lockeres Üben!

Hochschule Luzern – Musik

Wir sind in Musik vernarrte Autor*innen und zählen uns zu den wahrlich Glücklichen: Wir umgeben uns nicht nur im privaten Leben mit Musik, sondern widmen uns auch im Berufsleben unserer Leidenschaft.

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