15. Juni 2023

Allgemein

Entrepreneurship Addiction: Ein Problem in der Schweizer Start-up-Szene?

Entrepreneurship Addiction: Ein Problem in der Schweizer Start-up-Szene?
marisaconzinu

In der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften hat die Thematik von Entrepreneurship Addiction seit der Jahrtausendwende an Bedeutsamkeit gewonnen. Unter Entrepreneurship Addiction ist ein exzessives und chronisches Verhalten zu verstehen, welches bei Unternehmer:innen erscheint. Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der HSLU ist das Aufkommen von Entrepreneurship Addiction unter den Schweizer Start-ups untersucht worden.

Die heutige Start-up-Welt ist geprägt von komplexen Strukturen, vernetzten Systemen und einer Vielfalt an Informationen. Dies erfordert ein vielseitiges Unternehmertum, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Der Leistungsdruck und die Komplexität der heutigen Arbeitswelt verstärken den Wunsch der Unternehmer:innen, noch mehr zu arbeiten und sich intensiv mit dem Start-up zu beschäftigen. Deshalb ermöglicht die Untersuchung einer allfälligen Arbeitssucht bei den Schweizer Start-ups eine zentrale Einsicht hinsichtlich des Wohlbefindens der Unternehmer:innen. Um möglichst repräsentative Antworten zu erhalten, wurden in der Bachelorarbeit Unternehmer:innen aus der ganzen Schweiz nach ihrem Arbeits- und Lebensstil befragt.

Die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung ergeben, dass Entrepreneurship Addiction, durch individuelle Unsicherheiten, Ängste und Stress entstehen kann. Eine hohe Identifikation mit dem Start-up führt dazu, dass die Betroffenen viel Zeit und Energie in das Unternehmertum investieren, ohne auf die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu achten. Das Persönlichkeitsmerkmal des Neurotizismus ist ein weiterer Entstehungsgrund. Denn Unternehmer:innen mit dieser Eigenschaft sind ängstlich, unsicher und leicht gestresst, was sie anfälliger für die Entwicklung von Entrepreneurship Addiction macht. Zudem kann ein individueller Perfektionismus und utopische Unternehmensziele dazu führen, dass die Betroffenen immer höhere Ansprüche an sich selbst und ihr Unternehmen stellen, ohne dabei realistisch zu bleiben.


Obwohl diverse Studien über verschiedene Entstehungsgründe von Entrepreneurship Addiction berichten, so zeigt die durchgeführte Umfrage bei den Schweizer Unternehmer:innen ein geringes Vorkommen auf. Die Ergebnisse der quantitativen Forschung wiedergeben, dass Entrepreneurship Addiction in der Schweiz weniger stark ausgeprägt ist als Studien aus anderen Ländern zeigen. In der Schweizer Start-up-Szene gibt es drei Aspekte, die auf eine mögliche Arbeitssucht hinweisen – dazu gehören folgende: Ein wachsendes Verantwortungsgefühl bei den Unternehmer:innen, die Vernachlässigung weiterer unternehmerischer Interessen aufgrund der umfangreichen Arbeit im Start-up und eine verschlechterte Work-Life-Balance, da mit der wachsenden Verantwortung mehr Zeit in das Start-up investiert wird. Aus diesen drei Aspekte sind jedoch die negativen Folgen – wie z. B. Schlafstörungen, Nervosität und allgemeines Unwohlsein – nicht erkennbar. Die Untersuchung der Prävalenz ergibt deshalb, dass die Anzahl an erkrankten Unternehmer:innen nur einen kleinen Bruchteil der Befragten ausmacht.

Die Gründe für die tiefe Tendenz einer Erkrankung liegen in der Resilienz der Unternehmer:innen und an der stabilen Wirtschaftslage in der Schweiz. Konkret bilden Unternehmer:innen während ihrer Arbeit für das Start-up eine Resilienz, welche das Aufkommen von Entrepreneurship Addiction vorbeugt. Ausserdem verfügt die Schweiz über eine stabile Wirtschaftslage mit einer unabhängigen Justiz, welche wiederum den Aufbau und die Führung eines Start-ups unterstützen.

Die Schlussfolgerung aus der durchgeführten Umfrage ergibt, dass die Verbreitung von Entrepreneurship Addiction entlang den Start-ups in der Schweiz, besonders in der Deutschschweiz, auf einem tiefen Niveau vorhanden ist und kein Problem darstellt.

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