Die Welt um sich herum verstehen

Die Welt um sich herum verstehen

Er ist der beste Absolvent des Studiengangs Maschinentechnik. Zudem wurde Björn Zimmermann studiengangsübergreifend für seinen ausgezeichneten Abschluss geehrt. Der Murianer befasste sich dabei mit der Materialanalyse des Holzkerns der Ski der Firma Stöckli Swiss Sports AG. Wie sein Weg weitergeht, lässt er noch offen.

Es tönt wahnsinnig kompliziert. «Ist es auch», sagt Björn Zimmermann und lacht. Und doch, für ihn ist es verständlich, logisch, Alltag. Er erzählt davon, dass die Ski der Firma Stöckli Swiss Sports AG in Malters aus bis zu zehn Schichten bestehen, die unter Druck und Hitze verpresst werden. Befasst hat er sich mit einer davon, dem Holzkern. Denn dieser stellt die Firma vor Herausforderungen. «Die Geometrie des Kerns verändert sich in der Zeitspanne zwischen dem Fräsen und der Zusammenstellung des Skis.» Heisst, der Holzkern passt nicht mehr, ist zu gross oder zu klein. Weshalb das so ist, diese Frage versuchte er in seiner Bachelor-Arbeit zu beantworten. Björn Zimmermann nimmts vorneweg: «Eine abschliessende Lösung habe ich nicht.»

10 Ursachen definiert
Der Beschrieb sei nicht zu abstrakt gewesen, das Thema habe spannend getönt, er kenne die Firma. Das waren für Zimmermann Gründe, dieses Thema für seine Bachelor-Arbeit zu vertiefen. «Viele Firmen, wie hier die Stöckli Swiss Sports AG, schreiben solche Problematiken aus, die Studenten in einer Abschlussarbeit vertiefen können.» Ein Aufwand von rund 360 Stunden wird dafür vorausgesetzt. Zeit, die der 23-Jährige in einem ersten Schritt in die Analyse der Abläufe und das Sammeln der Daten investierte. Er hat den ganzen Produktionsprozess detailliert angeschaut und zehn Ursachen definiert, die für die Veränderung der Geometrie verantwortlich sein könnten.

Rechentool erstellt
Björn Zimmermann erzählt von simplen Ursachen, von möglichen Fehlern der Mitarbeiter, von der Abnützung der Fräse. «Ganz vieles konnte schnell widerlegt werden.» Und der junge Murianer konzentrierte sich auf die zwei Faktoren, die die Firma Stöckli schon als Ursache vermutete: Temperatur und Luftfeuchtigkeit. «Ich installierte in jedem Raum, den die Holzkerne während den zwei Wochen vom Fräsen bis zur Zusammenstellung der Ski passieren, Messgeräte.» Durch wechselnde Wetterbedingungen schwanken auch Feuchtigkeit und Temperatur in den Produktionsräumen. Dass Holz auf diese zwei Faktoren stark reagiert, kam auch für Zimmermann, der eine Lehre als Konstrukteur samt Berufsmatura abschloss, nicht überraschend. Drei Monate lang sammelte Björn Zimmermann Daten, untersuchte die Holzkerne, die aus Furnieren verschiedener Holzarten bestehen, im Labor, vermass diese, stellte Näherungsformeln auf, erarbeitete Kennwerte und stellte den ganzen Prozess physikalisch dar. Und als Kern der Arbeit erstellte er ein Rechentool. «Damit kann man prognostizieren, wie sich der Holzkern unter der gegebenen Temperatur und Luftfeuchtigkeit mutmasslich verändern wird.»

«Sauber durchkommen» war das Ziel
Aber Zimmermann lokalisiert eine nächste Herausforderung. «Weil dieser Prozess eben zwei Wochen dauert, müsste man die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Voraus wissen. » Entsprechend ist sein Lösungsansatz nicht finalisiert und er vermutet, dass sich ein weiterer Student damit befassen wird. «Ich nicht», sagt er und lacht. Für ihn ist die Zeit an der Hochschule Luzern vorbei, zumindest vorerst. Björn Zimmermanns Interesse für Technik war schon immer gross. Entsprechend machte er die Lehre als Konstrukteur. «Die Kanti war auch ein Thema, aber mit einer Lehre und der Berufsmatura standen mir auch alle Türen offen.» Das Studium in Maschinentechnik – «es ist das gleiche wie Maschinenbau, heisst einfach anders» – war für ihn die logische Folge. «Es baut auf der Konstrukteur-Lehre auf.» Drei Jahre lang dauerte das Studium, das extrem auf Mathematik und Physik basiert. «Es macht Spass, die Welt um einen herum besser zu verstehen», sagt er. Hinter quasi jedem Produkt stünden Aspekte des Maschinenbaus. «Es ist kreativ, man kann Lösungen für Herausforderungen entwickeln und fast schon erfinderisch tätig sein», erzählt der junge Murianer von seiner Faszination. Sauber durchkommen, jedes Modul im ersten Anlauf bestehen, das waren die Ziele von Björn Zimmermann. Nun wurde er für seine Bachelor- Arbeit und seinen Abschluss gleich doppelt ausgezeichnet. «Ein Selbstläufer war das nicht. Vor allem die Prüfungsphasen waren intensiv, die Bachelor-Arbeit auch. Dass ich dafür nun Preise erhalte, freut mich natürlich.» Davon erfahren hat er über einen Kollegen. «Ich war nicht an der Diplomfeier, weil ich im Jungwachtlager mithalf», erzählt er.

Sportliche Herausforderungen
Das Kapitel Studium ist für den 23-Jährigen zumindest vorübergehend abgeschlossen. «Vielleicht folgt später noch ein Master. Zuerst aber will ich arbeiten, um herauszufinden, in welche Themen ich mich noch stärker vertiefen möchte.» Konkrete Ideen hat er noch nicht, auch von einem lange gehegten Traumjob will er nicht sprechen. «Es gibt extrem viele Möglichkeiten und ich muss zuerst noch herausfinden, welche Branche die meinige ist.» Für Björn Zimmermann sind das Zukunftsprobleme. Erst im Dezember möchte er wieder arbeiten. Und bis dann? Der Sportbegeisterte lacht. Die letzten zwei Wochen radelte er mit einem Studienkollegen nach Mallorca, also nach Toulon, von wo die Fähre die beiden auf die spanische Insel brachte. Sport, es ist für ihn der ideale Ausgleich. «Auch während den strengsten Prüfungsphasen nahm ich mir täglich Zeit dafür.» Ambitionen hat Zimmermann durchaus auch in diesem Bereich. Nachdem er einen «normalen» Marathon, den Luzern-Marathon, schon erfolgreich absolvierte, ist er aktuell im Training für den Jungfrau-Marathon von Anfang September. «Die Grundausdauer ist da, jetzt muss ich noch Höhenmeter trainieren», sagt er. Und Björn Zimmermann hat weitere Pläne. Am Montag startet sein Zivildiensteinsatz im technischen Dienst eines Altersheims in Zug. Nachher sind erneut Ferien angesagt, in Südamerika. «Fix geplant ist noch nichts.» Es ist das Selbstvertrauen von einem, dem aktuell ganz viel gelingt.

Autor: Annemarie Keusch
Bild: Annemarie Keusch
Ersterscheinung: Der Freiämter vom 18. August 2023. Verwendung mit freundlicher Genehmigung.

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