Arbeits- & Organisationspsychologie
Lesezeit 5’ Minuten // Ein Beitrag von Anna Spiess
Die Motivationspsychologie liefert wichtige Erkenntnisse rund um Anreizsysteme. Wirft man einen Blick in die Praxis, werden diese Erkenntnisse selten berücksichtigt oder gar falsch angewendet. Wann finanzielle Anreize die Leistung steigern und in welchen Fällen sie die Leistung sogar vermindern, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Obwohl finanzielle Anreize wie Boni in vielen Branchen üblich sind, funktionieren sie nur unter gewissen Umständen. Mit finanziellen Anreizen kann eine Leistungssteigerung erzielt werden, wenn die zu erledigende Aufgabe wenig herausfordert, kaum Raum für Innovation und Kreativität bietet und sie eher routinehaft ist. Dieser Effekt hält jedoch nur kurzfristig an und tritt nur bis einer gewissen Einkommensschwelle ein.
Wird die Leistung durch den Einsatz von monetären Anreizen vermindert, spricht man von dem sogenannten «Korrumpierungseffekt». Dieser Effekt zeigt sich, wenn Mitarbeitende neu für eine Leistung belohnt werden, die sie zuvor freiwillig erledigt haben.
Ein Beispiel aus der Praxis beschreibt, wie Mitarbeitende regelmässig Vorschläge zur Prozessoptimierung im Unternehmen eingebracht hatten. Aufgrund der zahlreichen Vorschläge entschied die Geschäftsleitung, dass sie ihre Mitarbeitenden für zukünftige Vorschläge belohnen möchte. Kurz nach der Einführung eines Anreizkataloges erhöhte sich die Anzahl der Eingaben. Langfristig verminderten sie sich jedoch, entgegen der Erwartungen der Geschäftsleitung.
Das Management hat in diesem Fall nicht erkannt, dass die Mitarbeitenden allein durch das Einbringen ihrer eigenen Ideen und deren mögliche Umsetzung bereits genügend motiviert waren. Durch das neue Anreizsystem erlosch die innere Motivation der Mitarbeitenden.
Der Korrumpierungseffekt ist in der Freiwilligenarbeit besonders gut erkennbar. Werden Menschen für eine bisher ehrenamtlich geleistete Tätigkeit plötzlich durch Geld belohnt, vermindert sich ihre innere Motivation. Die Motivation verschiebt sich sozusagen von innen nach aussen und wird nun durch den externen Faktor (die Bezahlung) kurzfristig gestärkt. Dadurch wird es schwierig sein, diese Person für dieselbe Tätigkeit nach erfolgter Belohnung wieder ehrenamtlich zu begeistern.
Laut diesen Erkenntnissen dürften Boni bei einem hohen Einkommen und ab einem gewissen Komplexitätsgrad der Aufgabe nicht mehr eingesetzt werden. In der Praxis sieht dies anders aus. Gerade in rentableren Branchen versuchen Unternehmen, ihre Mitarbeitenden mit finanziellen Anreizen zu einer höheren Leistung zu bewegen. Warum die Erkenntnisse der Motivationspsychologie zu wenig berücksichtigt werden, ist bisher unklar.
Als Studentin der Wirtschaftspsychologie an der Hochschule in Luzern ist es mir ein Anliegen, Unternehmen über die Erkenntnisse der Motivationspsychologie aufzuklären und Unternehmen dazu zu motivieren, wirksame und nachhaltige Anreizsysteme einzusetzen.
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Referenzen
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Models “Kommunikationskompetenz: Mit Bildern und Texten informieren” an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.
Anna Spiess (26) studiert Wirtschaftspsychologie an der Hochschule in Luzern. Sie studiert berufsbegleitend und arbeitet Teilzeit im Bereich Marketing & Kommunikation bei der Nonprofit Organisation «Jungwacht Blauring Schweiz».
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