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Digital Skills 2021: Im Interview mit Magdalena Rogl

Digital Skills 2021: Im Interview mit Magdalena Rogl
Anna-Marfa Bloss, HSLU W im Interview mit Magdalena Rogl, Microsoft

Distance Learning und virtuelle Zusammenarbeit kennzeichnen unsere aktuelle Realität in Studium und Arbeitswelt. Sogenannte «Leuchttürme» helfen uns zu erkennen, was trotz der Einschränkungen und Herausforderungen alles möglich ist. Eine dieser Leuchttürme ist Magdalena Rogl. Sie ist Head of Digital Channels bei Microsoft Deutschland und zählte 2018 zu den 25 einflussreichsten Frauen für die deutsche Wirtschaft. Forbes nannte sie zuletzt SUPERWOMAN.  

Im Rahmen des Pilotprojekts “Mastering Digital Future Competencies” spricht HSLU Mitarbeiterin Anna-Marfa Bloss mit Magdalena Rogl über Digital Skills, Home Office, und Perspektiven für die Studierenden in unserer digitalen Welt.  

Anna-Marfa Bloss: Hallo Magdalena, ich freue mich sehr, dass Du heute Zeit für ein Gespräch mit uns gefunden hast. Wie geht es Dir?

Magdalena Rogl: Hi Anna, ich freue mich total, dass das mit uns so spontan geklappt hat. Mir geht’s gut. Ich glaube für uns alle ist die Zeit gerade herausfordernd, eben gefühlt eine Achterbahnfahrt, aber so unter’m Strich, geht es mir ziemlich gut.

AMB: Das ist wunderbar. Jetzt fragen sich bestimmt viele Studierende von uns, was machst Du eigentlich als Head of Digital Channels bei Microsoft?

MR: Das frage ich mich tatsächlich auch nach fünf Jahren sehr oft. Ich glaube, das ist auch ein bisschen exemplarisch für unsere Berufswelt, und auch dafür wie sich die Arbeitswelt entwickelt: Wir sind jeden Tag mit so vielen neuen Dingen konfrontiert, dass man sich öfter mal fragt: „Was mache ich hier eigentlich?“ und „Warum?“. Gleichzeitig sehe ich das auch als eine grosse Chance und als etwas sehr Wertvolles an. Zusätzlich kommt bei mir hinzu, dass ich immer schon ein wenig mit einem „Impostor-Syndrom“ kämpfe. Das ist das Hochstapler Syndrom, bei dem man das Gefühl hat, dass man etwas macht, was man gar nicht richtig kann. Aber mittlerweile weiss ich ganz gut damit umzugehen. Um es in einem Satz zu erklären: Ich bin als Head of Digital Channels Teil der klassischen Unternehmenskommunikation von Microsoft in Deutschland und bin dort verantwortlich für die digitalen Kommunikationskanäle. Eigentlich ist meine Tätigkeit das, was früher eine Pressesprecherin in der Unternehmenskommunikation gemacht hat, nur eben auf anderen Kanälen.

AMB: Du bist – unter anderem – auch Expertin für digitale Skills. Was sind aus Deiner Sicht die wichtigsten digitalen Skills 2021?

MR: Das wurde ich tatsächlich Anfang des Jahres im Rahmen eines anderen Interviews gefragt und habe ganz impulsiv geantwortet: Für mich sind die wichtigsten digitalen Skills für dieses Jahr und für die aktuelle Zeit: Emotionalität und Empathiefähigkeit. Jetzt möchte man im ersten Moment vielleicht ein wenig stocken und sagen: „Moment – das sind ja gar keine digitalen Skills“. Ich glaube aber, dass uns diese beiden Eigenschaften gerade sehr stark weiterhelfen, uns eben in dieser volldigitalen Welt, in der wir uns ja seit vielen Monaten befinden, besser zurechtzufinden.

Für mich sind die wichtigsten digitalen Skills für dieses Jahr und für die aktuelle Zeit: Emotionalität und Empathiefähigkeit

Magdalena Rogl

Umso mehr wir in digitalen Welten und mit digitalen Tools arbeiten, und umso weniger wir direkten sozialen Kontakt zueinander haben, desto wichtiger ist es, wirklich Raum für Emotionalität und Empathiefähigkeit zu schaffen. Es wird noch viel wichtiger, diese Fähigkeiten wirklich zu erkennen, um wiederum digitale Tools gut nutzen zu können.

AMB: Und wie setzt Du das in deinem Team um?

MR: Ich glaube, dass sind ganz unterschiedliche Dinge und das ist natürlich auch von Team zu Team und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Und genau das ist ja das Wichtige, deswegen heisst es Empathiefähigkeit. Es gibt keine „one size fits all»-Lösung, sondern man muss wirklich genau schauen, was passt zu diesem Menschen jetzt und wie kann ich mit diesem Menschen umgehen. Oder aber auch, was passt zu diesem Team? Dafür ist sehr viel Feingefühl notwendig, auch einfach mal vorsichtig nachzufragen, und vor allem – das ist ganz wichtig – wirklich sehr intensives und aktives Zuhören. Denn oft sind es die ganz leisen Zwischentöne, die man hören muss, um eben empathiefähig zu sein und auch um eine Emotionalität beim Gegenüber erkennen zu können. Und deshalb ist es, glaube ich, ganz wichtig, sich gerade eben in dieser digitalen Welt noch mehr Zeit für das aktive Zuhören zu nehmen. Das ist nicht immer einfach, denn oft sind wir unter Zeitdruck in unserer Arbeit und in unserem Leben.  Aber es lohnt sich, denn wenn man sich die Zeit nimmt, dann gewinnt man an sehr vielen Stellen Zeit dazu – nämlich in Form einer besseren, reibungsloseren Zusammenarbeit.

AMB: Wir sind alle schon lange im Home Office und im virtuellen Klassenzimmer bzw. der virtuellen Hochschule. Was sind denn deine Tipps oder wie gestaltest Du dir deinen Home Office Alltag angenehmer?

MR: Ich glaube, das ist auch wieder sehr individuell, aber für uns alle spricht, ist das Thema Struktur.  Eine Struktur zu schaffen, ist grundsätzlich wichtig, egal ob Arbeits- oder Privatleben. Im Home Office wird es nochmal wichtiger, da das Arbeitsleben mit dem Privatleben noch mehr verschwimmt, als es dies vielleicht sowieso schon tut. 

Eine Struktur zu schaffen, hilft, um sich mental aber tatsächlich auch körperlich auf die Situation einzustellen. Im Home Office nehme ich mir noch bewusster morgens „Me-Time“: ein wenig lesen, ein bisschen reflektieren und dabei ein paar Sachen aufschreiben. Ich habe ein kleines Dankbarkeitstagebuch, aber eine Form von Bewegung ist für mich auch sehr wichtig. Dabei ist es egal, ob das richtiger Sport ist, oder etwas Ruhigeres ist wie Yoga oder auch Tanzen zu schöner Musik. 

Durch das dauerhafte Home Office, haben wir sehr viel an Bewegung verloren, deshalb ist es für mich morgens wichtig, dem Körper zu signalisieren: „Jetzt gehts los, jetzt fangen wir an“. Das Risiko im Home Office ist ja, vom Bett auf das Sofa zu wechseln und in der gleichen Position weiterzumachen. Das ist gemütlich, aber auf Dauer einfach nicht gut für unsere psychische und körperliche Gesundheit.

AMB: Wie schaffst Du es, Dir Deine Zeit für die “Me-Time” zu nehmen und nicht alles andere vorzuziehen?

MR: Das ist etwas, dass ich lernen musste und immer noch lerne. Denn wir leben ja in einer Gesellschaft – und das trifft auf Frauen nochmal sehr viel stärker zu, als auf Männer, aber eben auch ganz allgemein – in der es stark honoriert wird, wenn man sich um Andere kümmert, wenn man zu Anderen gut ist und gute Taten für Andere macht. Der Punkt ist nur: Wir sind ja die wichtigste Person in unserem Leben. Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben, denn ohne mich würde es mein Leben ja nicht geben – logischerweise. Und es ist sehr wichtig, sich das wirklich bewusst zu machen: „Das ist mein Leben und ich bin vor allem dafür verantwortlich, dass ich mir selbst guttue.“ 

Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben, denn ohne mich würde es mein Leben ja nicht geben.

Magdalena Rogl

Und nur, wenn es mir selbst gut geht und wenn ich mir selbst guttue, nur dann kann ich auch wirklich nachhaltig für andere gut sein. Nur dann kann ich eine gute Kollegin, eine gute Chefin, eine gute Mama, eine gute Partnerin und eine gute Freundin sein. Das hat auch nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Verantwortung. Und tatsächlich: an Tagen, an denen ich mir nicht die Zeit für mich nehme, merke ich auch, dass ich sehr viel unproduktiver bin, in dem was ich tue. Deswegen: Me-Time hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern wirklich mit Verantwortung.

Me-Time hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern wirklich mit Verantwortung.

Magdalena Rogl

AMB:  Unsere Studierenden an der HSLU W, und besonders, die, die im zweiten Semester sind, haben sich bisher genau an einen Tag gesehen und sind seitdem komplett digital unterwegs. Welche Botschaft möchtest Du ihnen mitgeben?

MR: Ich würde gern so viel mitgeben und ich kann das absolut nachfühlen. Ich habe selbst Kinder, die in diesem Alter sind. Mir ist es wichtig, euch zu sagen „Hey, mir tut das total leid!“. Euer Alter ist so ein wichtiges, um wirklich auch unter Gleichaltrigen zu sein. Es ist immer noch eine Form des Erwachsenwerdens – natürlich sind Studierende erwachsen – gar keine Frage. Aber es geht noch darum, sich selbst zu entdecken, sich zu entwickeln, in dem was man lernt und wie man es lernt. Das ist eine so wertvolle Zeit und es tut mir sehr leid, dass diese jetzt natürlich getrübt ist. Man kann vor allem dieses Miteinander und dieses Studierendenleben nicht so ausleben, wie man sich es eigentlich vorgestellt hat. Und ich glaube, es ist wichtig, dass Studierende sich die Zeit nehmen und dass man auch sagt: „Hey, es ist echt ‘ne blöde Situation“ und es ist wichtig, diesen Emotionen auch Raum zu geben. Und dann aber auch zu sagen: „Okay, was können wir daraus machen?“ und „Was können wir daraus lernen?“. 

Und das positive für mich ist: Es wird keine Studierendengenerationen geben, die so gut mit digitalen Tools umgehen kann, die so problemlösungsorientiert ist, wie ihr es seid und das finde ich ganz grossartig. Ich glaube, ihr werdet wirklich mit vielen Skills ausgestattet, die vielleicht nicht Teil des Studiums sind, aber Teil der digitalen Welt, in der wir gerade leben. 

Und das positive für mich ist: Es wird keine Studierendengenerationen geben, die so gut mit digitalen Tools umgehen kann, die so problemlösungsorientiert ist, wie Ihr es seid und das finde ich ganz grossartig.

Magdalena Rogl

Für mich sind das zwei wichtigen Dinge, die sich die Waage halten müssen: Einerseits sich selbst Raum zu geben für diese Emotionen und andererseits aber auch immer wieder zu sehen, was man gerade lernt und welche Chancen sich dadurch ergeben. Das ist wirklich grossartig und um vielleicht so ein bisschen optimistisch in die Zukunft zu blicken – das sind Skills die für euch sehr wichtig sein werden. Laut der „Skills of the Future“ Studie vom World Economic Forum, werden gerade Kompetenzen, wie Emotionalität, Problemlösungsfähigkeit, Kreativität in Zukunft zentral.  Dementsprechend glaube ich, ihr seid dann perfekt für die Arbeitswelt der Zukunft ausgestattet. 

AMB: Ich danke Dir für die Hoffnung und den Mut, den Du uns mit deinen Worten machst. Gibt es etwas, was Dir noch am Herzen liegt?

MR:  So vieles. Aber besonders liegt mir am Herzen euch zu sagen: „Haltet alle durch und schaut aufeinander!“. Ich glaube, dass es wichtig ist, auf sich selbst zu schauen und auch auf die anderen zu schauen. Also wirklich die Augen, die Ohren und vor allem auch das Herz offen zu halten und zu schauen „Wie geht es mir?“, „Wie geht es anderen?“ Denn gemeinsam werden wir durch diese Situation kommen und gemeinsam werden wir das auch schaffen. Und Ich glaube, wie gesagt, danach habt ihr ganz viel Neues gelernt. 

AMB:  Wunderbar. Vielen lieben Dank, Magdalena. Ich glaube, wir alle sind sehr froh von Dir so viel lernen zu können.

MR:  Vielen lieben Dank für das Gespräch, Anna.

Informationen zur Autorin

Anna-Marfa Bloss

Anna-Marfa Bloss ist Projektmitarbeiterin im Studiengang BSc Business Psychology und leitet das Pilotprojekt “Mastering Digital Future Competencies” an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. 

 


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