Arbeits- & Organisationspsychologie
Lesezeit 5′ min // Ein Beitrag von Lisanne Palombo
Haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich bereits einmal gefragt, wie Sie als Expertin oder Experte der Wirtschaftspsychologie mit demotivierten Mitarbeitenden umgehen sollten? Dann lesen Sie weiter und lassen sich inspirieren. Dieser Artikel erläutert anhand der Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan, wie die Arbeitsmotivation von Mitarbeitenden erhöht werden kann. Zuerst wird die Selbstbestimmungstheorie genauer erklärt und danach auf den Arbeitskontext angewendet.
Die Selbstbestimmungstheorie setzt sich aus den folgenden Teiltheorien zusammen: Der intrinsischen und extrinsischen Motivation, dem Kontinuum der Selbstbestimmung und den drei Grundbedürfnissen zum Erleben von Selbstbestimmung.
Bei der intrinsischen Motivation stammt die Motivation aus der Person selbst. Das heisst, dass das Interesse, die Neugier oder die Werte einer Person sie dazu bringen, eine Tätigkeit auszuüben. In diesem Fall liegt die Motivation im Verhalten selbst und nicht darin, dass die Person etwas dafür erhält.
Bei der extrinsischen Motivation ist dies anders, da der Beweggrund von ausserhalb der Person kommt. Eine Tätigkeit wird aufgrund von äusseren Faktoren, wie beispielsweise materieller Belohnung und Bestrafung, Überwachung oder sozialer Bewertung, ausgeführt. Ohne die externen Anreize besteht keine Motivation mehr, um das Verhalten auszuführen. Es ist jedoch anzumerken, dass die Belohnungen bzw. Bestrafungen meistens erst erfolgen, wenn das Verhalten bereits abgeschlossen ist.
Beim Kontinuum der Selbstbestimmung handelt es sich um eine Weiterentwicklung der intrinsischen und extrinsischen Motivation. Deci und Ryan unterscheiden bei der Selbstbestimmungstheorie nicht nur zwischen intrinsisch und extrinsisch, sondern zusätzlich zwischen folgenden Abstufungen: Amotivation, extrinsisch-kontrolliert, extrinsisch-introjiziert, extrinsisch-identifiziert und extrinsisch-integriert.
Konkret wird unter der Amotivation verstanden, dass keine Motivation für das infrage kommende Verhalten vorhanden ist. Bei extrinsisch-kontrolliertem Verhalten handelt eine Person, da sie kontrolliert wird. Extrinsisch-introjiziertes Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass eine Person handelt, um Schuld, Scham oder Angst zu vermeiden. Sobald eine Person von ihrem Verhalten überzeugt ist und glaubt, dass etwas wichtig ist, spricht man von extrinsisch-identifiziertem Verhalten. Das extrinsisch-integrierte Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass eine Person die Tätigkeit zu einem Teil von sich selbst gemacht hat.
Gemäss der Selbstbestimmungstheorie verfolgen Menschen drei grundlegende Bedürfnisse. Diese sind Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Unter Autonomie verstehen Deci und Ryan, dass man sich selbst als Verursacher der eigenen Handlungen wahrnimmt und seinen freien Willen durchsetzen kann. Kompetenz steht dafür, dass man sich in seinen Tätigkeiten effektiv und kompetent erlebt. Die soziale Eingebundenheit beschreibt, dass man sich anderen Personen zugehörig und mit ihnen verbunden fühlt.
Die extrinsische Motivation hat insbesondere bei einfachen und strukturierten Tätigkeiten einen Einfluss auf die Arbeitsleistung. Sie kann in Form von immateriellen oder finanziellen Anreizen eingesetzt werden und hängt positiv mit der Leistung und Motivation von Mitarbeitenden zusammen. Nichtsdestotrotz sollte die extrinsische Motivation eher als Zusatz oder Starthilfe dienen. Als Königsweg für die Motivation von Mitarbeitenden wird die intrinsische Motivation angesehen. Vor allem bei komplexen und anspruchsvollen Aufgaben mit hoher Eigenverantwortung sowie bei kreativen Tätigkeiten hat die intrinsische Motivation deutliche Auswirkungen auf die Arbeitsleistung. Um die intrinsische Motivation zu erhöhen, müssen die Mitarbeitenden das Gefühl von Sinnhaftigkeit, Selbstverantwortung, Wertschätzung, Stolz und Flow erleben.
Extrinsische und intrinsische Motivation können nicht immer unabhängig voneinander betrachtet werden und stehen teilweise sogar in einer Wechselwirkung zueinander. Dies wird anhand des Korrumpierungseffektes deutlich. Er beschreibt die Gefahr von zusätzlicher extrinsischer Motivation auf die bereits vorhandene intrinsische Motivation. Wenn eine Person eine Tätigkeit mit viel Freude ausführt und dann zusätzlich einen extrinsischen Anreiz erhält, dann kann dies dazu führen, dass die intrinsische Motivation abnimmt und die Person die Tätigkeit nur noch ausführt, da sie dafür eine Belohnung erhält.
Mitarbeitende benötigen Eigenverantwortung und eine gewisse Freiheit beim Ausführen ihrer Tätigkeiten. Damit ist keine komplette Handlungsfreiheit gemeint, sondern vielmehr vorgegeben Rahmenbedingungen, innerhalb derer Handlungsfreiheiten ermöglicht werden können. Zudem kann es hilfreich sein, wenn Mitarbeitende das Verhalten zur Aufgabenerfüllung selbst bestimmen dürfen sowie wenn sie ihre Leistungsziele gemeinsam mit dem Management festlegen können. Eine gemeinsame Zielsetzung führt dazu, dass die Ziele von den Mitarbeitenden eher akzeptiert und als sinnvoll angesehen werden. Druck und Zwänge wirken sich in der Regel hingegen negativ auf die intrinsische Motivation aus.
Am Arbeitsplatz entwickelt sich intrinsische Motivation dort, wo Mitarbeitende das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Kompetenz haben. Unter Selbstwirksamkeit wird die Überzeugung einer Person verstanden, dass sie schwierige Situationen und Herausforderungen erfolgreich bewältigen kann. Ein wichtiger Aspekt hierzu ist, dass Mitarbeitende über die Ergebnisse ihrer eigenen Aktivitäten in Kenntnis gesetzt werden. Dies hilft den Beschäftigten zu verstehen, was ihre Tätigkeit genau bewirkt und sie können somit die Bedeutung ihrer Arbeit besser erkennen. Eine Rückmeldung über erreichte Leistungsresultate fördert den Stolz der Mitarbeitenden, was ebenfalls für die Entstehung der intrinsischen Motivation hilfreich ist.
Wenn Mitarbeitende sich sozial eingebunden und akzeptiert fühlen, dann führt das zu einem angenehmen Arbeitsklima, was wiederum Auswirkungen auf das Wohlbefinden hat. Eine Möglichkeit, um Arbeitnehmende vermehrt sozial einzubinden, besteht darin, dass diese in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Es ist wichtig, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitenden auf Augenhöhe begegnen, sie ernst nehmen und akzeptieren. Erlebte Wertschätzung und Beachtung von anderen führt zu positiv erlebten Emotionen und fördert die Entstehung von intrinsischer Motivation. Eine weitere Möglichkeit zur Förderung der sozialen Eingebundenheit bieten Teamanlässe mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten.
Das Erleben von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit führt zur Integration extrinsischer Ziele und zur Wahl von intrinsischen Zielen. Zudem führt die Erfüllung dieser Bedürfnisse zu grösserer Zufriedenheit, persönlichem Wachstum und Wohlbefinden.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Moduls «Kommunikationskompetenz: Mit Bildern und Texten informieren» an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.
Lisanne Palombo studiert bald im fünften Semester berufsbegleitend Business Psychology. Sie hat sich für diesen Studiengang entschieden, da sie die Kombination von Wirtschaft und Psychologie besonders angesprochen hat und sie der Meinung ist, dass die Disziplin in diversen Bereichen von hoher Bedeutung ist.
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