Arbeits- & Organisationspsychologie,
Lesezeit 5′ min / Ein Beitrag von Angela Sturzenegger
Die Reaktionen auf Gruppenarbeiten variieren von Freudenausbrüchen bis Stöhnen und Fluchen. Beinahe jede Person trug bereits einmal zum Endergebnis einer Gruppenarbeit bei. Ob die Zusammenarbeit zu einem Erfolg oder eher zu einem unbefriedigenden Ergebnis führt, wird massgeblich durch die Qualität der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe bestimmt. In diesem Blogbeitrag werden förderliche sowie hinderliche Gruppenprozesse im Überblick dargestellt, damit zukünftige Gruppenarbeiten nie mehr Sorgenfalten bereiten.
Während dem Studium, im beruflichen Alltag oder anlässlich der Organisation eines Events – es präsentieren sich verschiedenste Anlässe, um die anstehenden Arbeiten in einer Gruppe zu erledigen. Welche Aspekte entscheiden nun aber, ob die Zusammenarbeit funktioniert oder in einem Fiasko endet? Wir begleiten eine fiktive Studierendengruppe bei der Ausführung eines Projekt-Auftrages und sehen, welche Prozessgewinne und/oder – verluste während der Aufgabenbewältigung auftreten können.
Wenn zusammen an einer Aufgabe gearbeitet wird, bringt jede Person ihre individuellen Stärken und Talente mit. Dies kann zu ansteckender Motivation und einer besseren Gruppenleistung führen. Unsere Muster-Projektgruppe besteht aus sechs Teammitgliedern. Jedem Mitglied wird eine spezielle Aufgabenkategorie zugeordnet und somit ist der zum Erfolg beigetragene, persönliche Input klar den einzelnen Personen zuschreibbar.
Unter diesen Umständen kann es zum Vorteil Sozialer Wettbewerb kommen. Da das individuell geleistete Engagement klar zugeteilt werden kann, versuchen sich die einzelnen Mitglieder zu übertrumpfen. Dies wirkt sich natürlich sehr zu Gunsten des Endresultates aus.
Jedoch besteht nicht jede Gruppe aus leistungshungrigen Vorzeigestudierenden mit überdurchschnittlichem Schreibtalent – so gibt es auch in unserer Projektgruppe ein Mitglied mit mangelndem Sprachgefühl sowie schlechtem Zeitmanagement. Aufgrund des positiven Einflusses namens Köhlereffekt strengen sich schwächere Gruppenmitglieder mehr an, als sie es individuell täten, damit die Gruppe nicht wegen ihnen eine schlechtere Leistung erzielt.
Wenn diese Sonderanstrengung der schwächeren Teilnehmenden noch nicht ausreicht, kommt oftmals der Effekt der Sozialen Kompensation zum Tragen. Hierbei werden nicht optimale Leistungen von schwächeren Gruppenkollegen und – kolleginnen ausgeglichen, indem die Stärkeren ihre Anstrengung erhöhen. Bei unserer Projektgruppe bedeutet dies für zwei Personen einen Sondereinsatz – zu später Stunde werden Texte ausgebessert, fehlende Quellenangaben nachgetragen sowie ein täglicher Reminder-Dienst via Whatsapp eingeführt, damit die verschiedenen Abgabefristen von allen eingehalten werden.
Ein letzter positiver Effekt von Gruppenarbeiten darf an dieser Stelle nicht fehlen: Bei der Kognitiven Stimulation geht es darum, dass aufgrund von Aussagen von einzelnen Teammitgliedern neue Denkprozesse und Ideen bei den restlichen Personen angestossen werden. Ein erheblicher Schatz an kreativen Einfällen und Umsetzungsmöglichkeiten schlummert also während jeder Gruppenbesprechung – manchmal im Verborgenen. Welche Effekte führen nun dazu, dass dieser Schatz womöglich nicht geborgen wird?
Sobald die einzelnen Beiträge zu einer Gesamtleistung nicht zugeordnet werden können, tritt möglicherweise das Phänomen des Sozialen Faulenzens auf. Bei unserer Muster-Gruppe verringern einzelne Teammitglieder ihre Anstrengungen, sobald sie das erzielte Ergebnis später nicht für sich herausstreichen können und es allem Anschein nach nicht so auf die einzelne persönliche Leistung ankommt.
Der Entbehrlichkeitseffekt spielt dann eine Rolle, wenn die jeweiligen Bemühungen einzelner Teammitglieder nur einen geringen Einfluss auf die Gruppenleistung zu haben scheinen. Ein Projektmitglied aus unserer Studierendengruppe lehnt sich beispielsweise zurück und rechtfertigt dies mit Gedanken wie: «Das läuft ja alles schon wunderbar. Mich braucht es deshalb gar nicht zwingend für ein gutes Resultat.»
Eine andere Teamkollegin bemerkt dieses Verhalten und reagiert darauf mit dem Trotteleffekt. Sie verringert ihr eigenes Engagement, um zu vermeiden, selber ausgenutzt zu werden. Dieser Prozessverlust tritt insbesondere dann auf, wenn einzelne Mitglieder die reduzierte Leistungsbereitschaft ihrer Gruppengefährten erkennen. Ein letzter Prozessverlust namens Ringelmann-Effekt sei hier genannt, auch wenn unsere Projektgruppe nicht in Gefahr läuft, Opfer von diesem zu werden. Bei körperlichen Aufgaben wie beispielsweise Seilziehen ist erwiesen, dass die durchschnittlichen Leistungen einzelner Sportler und Sportlerinnen mit zunehmender Gruppengrösse abnehmen.
Während der Reise einer Projektgruppenarbeit kommt es immer wieder zu Entscheidungsfindungen. Für den gemeinsamen Erfolg ist es von substantieller Wichtigkeit, dass diese Entscheidungen wohl überlegt und anhand der bestehenden Faktenlage getroffen werden. Was kann hier also schon schief gehen? Zwei kleine Risiken seien erwähnt:
Wie die Beispiele zeigen, sind die positiven und negativen Effekte des Gruppenarbeitens vielfältig. Mit einer offenen, wohlwollenden Kommunikation und der Erinnerung an obige Gruppenprozessgewinne und – verluste erzielt unsere Projektgruppe ein hervorragendes Ergebnis. Und was gibt es nun Schöneres, als gemeinsam auf diesen Erfolg anzustossen?
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Moduls «Kommunikationskompetenz: Mit Bildern und Texten informieren» an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.
Angela Sturzenegger studiert Business Psychology berufsbegleitend im 4. Semester.
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