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Markt- & Konsumentenpsychologie

Einblicke in die Bachelorarbeit der Arbeitspreisträgerin Noemi Schrag

Einblicke in die Bachelorarbeit der Arbeitspreisträgerin Noemi Schrag

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Den Bachelorarbeitspreis für die praxisrelevanteste Bachelorarbeit 2025 erhielt Noemi Schrag. Im Rahmen ihres Majors in Markt- und Konsumentenpsychologie schrieb sie ihre Bachelorarbeit zum folgenden Thema: Freiwilliges Engagement im Kontext der Organspende: Eine qualitative Bedürfnisanalyse von Botschafter:innen von Swisstransplant auf Basis des COM-B-Modells. In diesem Blogbeitrag teilen wir Einblicke aus einem Interview mit Noemi – über die Inhalte und Erkenntnisse ihrer Arbeit und wertvolle Tipps für das Verfassen einer erfolgreichen Bachelorarbeit.


1) Worum ging es in Ihrer Bachelorarbeit?

NSc: In meiner Bachelorarbeit untersuchte ich, was betroffene Menschen motiviert, sich freiwillig für die Organspende zu engagieren, und was sie brauchen, um langfristig aktiv zu bleiben. Im Fokus standen die Botschafter:innen von Swisstransplant, also transplantierte Personen oder Angehörige von Organspender:innen, die ihre persönliche Geschichte teilen, um über Organspende aufzuklären. Ziel war, ihre Bedürfnisse, Herausforderungen und Motivationsfaktoren zu verstehen, und herauszufinden, wie Swisstransplant sie gezielt unterstützen kann. Das theoretische Rahmenmodell bildete das COM-B-Modell, das Verhalten als Zusammenspiel von Fähigkeit, Gelegenheit und Motivation beschreibt.

2) Was hat Sie dazu inspiriert, dieses Thema zu wählen?

NSc: Ich verfasste die Bachelorarbeit im Auftrag meines Arbeitgebers Swisstransplant. Einige Monate vor Studienbeginn trat ich dort eine Stelle an und durfte in den letzten fast fünf Jahren die gesamte Bandbreite der Kommunikation mitgestalten – von Website und Social Media über Kampagnenführung bis hin zur Organisation von Grossevents.

Während einer Mutterschaftsvertretung im Botschaftermanagement fiel die Neuausrichtung der Kommunikationsstrategie an. In diesem Zusammenhang entstand das Projekt zur Überarbeitung des Botschafterkonzepts. Die enge Zusammenarbeit mit transplantierten Personen und Angehörigen von Organspender:innen zeigte, wie viel psychologische Dynamik und Emotion in diesem Engagement liegt. Dieses Zusammenspiel von Kommunikation und Psychologie weckte mein Interesse und führte zur Idee, die Bedürfnisanalyse als ersten Schritt des Gesamtprojekts im Rahmen meiner Bachelorarbeit umzusetzen.

3) Könnten Sie uns einen Einblick in Ihre Methodik geben?

NSc: Für die Untersuchung führte ich zwei Fokusgruppen mit insgesamt zehn transplantierten oder anderweitig betroffenen Personen durch. Eine Gruppe bestand aus sehr aktiven, die andere aus weniger aktiven und potenziellen Botschafter:innen von Swisstransplant. Ziel war, ihre Erfahrungen, Ressourcen und Herausforderungen im Engagement zu erfassen und zu verstehen, welche Faktoren langfristige Motivation und Sicherheit in der Rolle fördern.

Die Auswertung erfolgte mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Grundlage bildete das COM-B-Modell, das Verhalten über die drei Komponenten Fähigkeit, Gelegenheit und Motivation erklärt. Entlang dieser Struktur entstanden systematisch Kategorien, die zentrale Muster, Bedürfnisse und Handlungspotenziale aufzeigten.

4) Was waren die wichtigsten Erkenntnisse Ihrer Bachelorarbeit?

NSc: Die Analyse zeigt, dass sich Botschafter:innen von Swisstransplant vor allem mehr und tieferes Wissen, klare Strukturen und Möglichkeiten zum Austausch wünschen. Vielen fehlt es an Sicherheit im Auftritt und an aktuellem Wissen zu medizinischen, rechtlichen und politischen Themen rund um die Organspende. Zudem erschweren unklare Rollen und informelle Abläufe die Koordination. Gleichzeitig wünschen sich die Botschafterinnen und Botschafter mehr Feedback und Peer-Support, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu stärken. Psychologisch interessant war zu sehen, wie sehr Selbstwirksamkeit und Gemeinschaftsgefühl die Motivation beeinflussen. Wer sich kompetent und verbunden fühlt, bleibt länger engagiert.

5) Welche Handlungsempfehlungen lassen sich daraus ableiten? Wie können Unternehmen die Erkenntnisse in der Praxis nutzen?

NSc: Die Untersuchung zeigt, dass freiwilliges Engagement im Kontext der Organspende stabile Rahmenbedingungen braucht, damit Swisstransplant Botschafter:innen ihre Rolle sicher und motiviert ausüben können. Schulungen, Medientrainings und digitale Lernangebote stärken die fachliche und kommunikative Fähigkeit. Klare Rollen, koordinierte Abläufe und eine Plattform für Austausch schaffen Orientierung und Vertrauen. Sichtbarkeit, Wertschätzung und Peer-Support fördern Zugehörigkeit und Motivation.

Über den spezifischen Kontext der Organspende hinaus lässt sich ein zentrales Prinzip auf alle Organisationen mit Freiwilligenarbeit übertragen: Menschen engagieren sich langfristig, wenn sie psychologische Sicherheit erleben. Eine verlässliche Ansprechperson, die Orientierung gibt und Offenheit zulässt, stärkt dieses Vertrauen. Forschung zeigt, dass ein transformationaler Führungsstil, geprägt durch individuelle Förderung, inspirierende Visionen und echte Beziehungsgestaltung, die Bindung Freiwilliger deutlich erhöht. Führung, die Vertrauen schafft, Sinn vermittelt und persönliche Entwicklung ermöglicht, bildet damit die Grundlage für nachhaltiges Engagement.

6) Was hat Ihnen am meisten Spass gemacht oder Sie am meisten fasziniert, während Sie an Ihrer Arbeit gearbeitet haben?

NSc: Am meisten Freude machte mir, die Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und immer tiefer zu verstehen, wie Theorie und Praxis zusammenhängen. Besonders spannend war zu sehen, wie sich die Komponenten des Rahmenmodells mit den Erfahrungen der Botschafter:innen verbinden liessen. Ich habe den offenen Austausch mit den betroffenen Personen sehr geschätzt; ihre Geschichten und Sichtweisen gaben der Arbeit eine persönliche und lebendige Dimension. Besonders freut mich, dass durch meine Arbeit nun etwas in Bewegung kommt und sich Botschafter:innen hoffentlich künftig sicherer und wohler in ihrer wichtigen Rolle fühlen.

7) Welche Tipps würden Sie anderen Studierenden geben, die bald ihre Bachelorarbeit beginnen?

NSc: Sucht euch ein Thema, das euch wirklich interessiert und im besten Fall einen echten Nutzen hat. So verschwindet die Motivation auch in anspruchsvollen Phasen oder Keinen-Bock-Momenten nicht ganz. Am Anfang wirkt alles sehr gross, aber Schritt für Schritt entsteht Klarheit und man wächst mit der Arbeit. Pausen sind genauso wichtig wie konzentrierte Arbeitsphasen, der Kopf braucht Erholung. Ich habe zum Beispiel ein paar Tage mit Studienfreundinnen in Italien an unseren Bachelorarbeitsprojekten gearbeitet. Sonne, gutes Essen und lustige Gespräche haben neue Energie gegeben und uns alle weitergebracht. Und noch ein kleiner Tipp: Wenn es ein übergeordnetes theoretisches Rahmenmodell gibt, nutzt es. Eine klare Struktur erleichtert vieles.

Vielen herzlichen Dank für das Interview!

Informationen zur Autorin

Noemi Schrag

Noemi Schrag gestaltet bei Swisstransplant Kommunikation, die berührt und bewegt. Als Absolventin des Studiengangs Business Psychology (Major Markt- und Konsumentenpsychologie) an der Hochschule Luzern interessiert sie, wie Psychologie, Kommunikation und Haltung zusammenwirken, um komplexe und gesellschaftlich relevante Themen verständlich zu machen.

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