Lesezeit 5′ Minuten // Im Interview mit Larissa Dahinden
In unserer «Im Portrait»-Reihe stellen wir Studierende, Mitarbeitende, Dozierende sowie Personen aus dem Bereich der Wirtschaftspsychologie vor. Wir freuen uns diesen Monat Larissa Dahinden, Senior Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikation und Marketing (IKM), für ein Interview gewonnen zu haben! In diesem Interview erfahrt ihr unter anderem, was sie dazu motiviert hat, zu promovieren, worum es in ihrer Dissertation geht und welche Tipps sie zukünftigen Promovierenden geben würde.
1) Was hat Sie dazu motiviert, zu promovieren – und wie sind Sie zu Ihrem Dissertationsthema gekommen?
Larissa Dahinden (LD): Die Motivation für die Suche nach einer Stelle als Doktorandin war meine im Masterstudium entdeckte Freude am wissenschaftlichen Arbeiten. Während meiner Masterarbeit habe ich festgestellt, dass Statistik und Zahlen viel mehr sind als ein Mittel, um Studierende zu stressen. Sie erlauben es uns, mehr über Menschen und was in ihnen vorgeht zu erfahren. Das Thema Sharing, wie es am Institut für Kommunikation und Marketing bearbeitet wird, bot mir zudem eine riesige Vielfalt an Fragestellungen. Ich hatte die Möglichkeit, an einem Projekt mitzuarbeiten, das von der Stiftung Mercator gefördert wurde. Wir haben uns in diesem Projekt „Monitor Suffizientes Sharing Schweiz“ nicht nur Individuen angeschaut, sondern auch Unternehmen und Städte befragt. Dabei ging es nicht um einzelne Puzzlestücke, sondern darum, wie die einzelnen Teile das grosse Ganze beeinflussen. Für eine Dissertation war das super, weil ich mich mit vielen Blickwinkeln beschäftigen durfte und dadurch die Wechselwirkungen besser verstand.
2) Können Sie uns kurz erklären, worum es in Ihrer Dissertation geht?
LD: Ich habe mir in dem Projekt angeschaut, was Menschen dazu bewegt, zu teilen anstatt Neues zu kaufen. Herausgekommen ist dabei, dass individueller Konsum von viel mehr abhängt als von Entscheidungen von Einzelpersonen. Auch das soziale Umfeld, unsere generellen Wertvorstellungen oder physische Infrastruktur beeinflussen, wie wir uns verhalten.
3) Warum ist dieses Thema aus Ihrer Sicht für Unternehmen oder die Gesellschaft relevant?
LD: Suffizienz, also nicht mehr Ressourcen zu verbrauchen, als unser Planet hergibt, ist ein Nachhaltigkeitsthema. Obwohl wir uns schon seit Jahren darum bemühen, effizienter zu sein, also beispielsweise mit treibstoffsparenden Autos, oder auf nachhaltigere Energieformen zu wechseln (Konsistenz), indem wir etwa Strom statt Benzin nutzen, steigt der Ressourcenverbrauch in Europa weiter an. Die Suffizienz, also das Auto komplett stehen zu lassen, ist eine wichtige Nachhaltigkeitsstrategie, die leider immer wieder vergessen geht. Und indem wir teilen, können wir Ressourcen einsparen, ohne auf den Komfort verzichten zu müssen.
4) Welche Methoden haben Sie verwendet, um Ihre Hypothesen zu überprüfen?
LD: Online-Befragungen und quantitative Methoden für die Auswertung der Antworten. Im Rahmen des Sharing Monitors durften wir über 5‘000 Personen in der Deutsch- und Französischsprachigen Schweiz befragen.
5) Was war die grösste Herausforderung während Ihrer Promotionszeit?
LD: Vermutlich dieselbe wie sie viele Studierende an der HSLU bei Bachelor- und Masterarbeiten erleben: die Eingrenzung des Themas. Es gäbe so viel, was ich mir noch anschauen wollte, das aber nicht in die Arbeit gepasst hätte. Aber auch wenn ich nicht alle Ideen in die Arbeit aufgenommen habe, habe ich auch durch diese Abschweifungen sehr viel gelernt.
6) Was würden Sie heute anders machen, wenn Sie Ihre Dissertation noch einmal beginnen könnten?
LD: Ich würde meinen Perfektionismus von Anfang an etwas herunterfahren. Die grössten Fortschritte habe ich rückblickend gemacht, indem ich meine Ideen und Entwürfe mit anderen geteilt habe, gerade wenn sie nicht perfekt waren. Ich würde früher bei Journals einreichen und meine Forschung an Konferenzen präsentieren, weil ich an dem Feedback von Reviewern und anderen Forschenden extrem gewachsen bin.
7) Welche praktischen Implikationen ergeben sich aus Ihrer Forschung?
LD: Nachhaltigkeit ist Teamwork. Einzelpersonen haben es schwerer, sich nachhaltig zu verhalten, wenn die Gesellschaft oder Unternehmen es ihnen schwer machen. Es braucht ein Zusammenspiel von Wirtschaft, Bevölkerung und Regierungen.
8) Welche nächsten Schritte planen Sie nach der Promotion – akademisch oder beruflich?
LD: Dazu kann ich noch nichts sagen 😉
9) Wenn Sie einem zukünftigen Doktoranden oder einer Doktorandin in Wirtschaftspsychologie einen Rat geben könnten – welcher wäre das?
LD: Menschen helfen euch gerne mit eurem Projekt, ihr müsst sie nur fragen. Ich habe in den letzten Jahren öfter Hilfe von Personen gebraucht, die mich nicht kannten, und habe sie immer bekommen. Editorinnen von Journals haben mir mit verlängerten Deadlines geholfen, Autorinnen von Artikeln, an denen ich mich orientieren wollte, haben weiterführende Informationen mit mir geteilt, und Fachpersonen aus der Praxis haben an Projekten mitgearbeitet. Das hat mich teilweise positiv überrascht, weil ich nicht mit so viel Hilfsbereitschaft gerechnet hatte.
10) Drei Worte, die Ihre Promotionszeit beschreiben?
LD: Peers, Prioritäten und (unterschiedliche) Perspektiven
11) Ihr Lieblingsort während der Dissertation?
LD: Ich habe mir mein Homeoffice inzwischen sehr gut eingerichtet. Inzwischen habe ich ein Stehpult, einen guten Monitor, eine super Meeting-Infrastruktur. Dazu kommt als Extra der Balkon, auf dem ich im Sommer viel gelesen und die Pausen verbracht habe.
12) Eine Sache, die Sie während des Schreibens motiviert hat (z. B. Musik, Kaffee, Sport …)?
LD: Die Kampfsportteams, mit denen ich trainiere, waren so wichtig, dass sie es sogar in meine Danksagung geschafft haben. Ich trainiere regelmässig Filipino Martial Arts mit einer eigenen kleinen Gruppe und Brazilian Jiu Jitsu im Verein Shindokan in Luzern. Auch wenn ich in intensiven Phasen etwas trainingsfaul war, ist Vereinssport ein sehr effektiver Weg, Zeit mit lieben Menschen zu verbringen und Erfolgserlebnisse zu haben, wenn es mit der Forschung mal nicht so rund läuft.
Vielen herzlichen Dank für das Interview!
Referenzen
Bild von Arina Krasnikova: https://www.pexels.com/de-de/foto/macbook-pro-auf-braunem-holztisch-5951553/

Larissa Dahinden
Larissa Dahinden ist Senior Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikation und Marketing (IKM) an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Ihre Forschung beschäftigt sich mit menschlichem Konsumverhalten an der Schnittstelle von Wirtschaft, Umweltpsychologie und Sozialpsychologie mit einem besonderen Fokus auf nachhaltiges Verhalten und Kreislaufwirtschaft. Sie doktoriert an der Universität Bern an der Abteilung für Soziale Neurowissenschaft und Sozialpsychologie.
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