29. November 2016
von Prof. Dr. Stefan Hunziker, Leiter MAS/DAS Risk Management und Patrick Balmer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ
75 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen letzten Donnerstag am zweiten Enterprise Risk Summit 2016 in Zug am IFZ teil. Im Zentrum standen vor allem Referate rund um die Herausforderungen des Risikomanagements in der Praxis wobei spannende Einblicke in verschiedene Unternehmen gewährt wurden. Zudem stellte Prof. Dr. Stefan Hunziker die erste Enterprise Risk Management Studie vor, die den aktuellen Stand des Risikomanagements bei Schweizer Unternehmen beleuchtet.
Den ersten risikorelevanten Höhepunkt erlebten einige Summit-Besucher schon vor der Eröffnung des Events: Ein frühmorgentlicher Zugbrand zwischen Zürich und Luzern verzögerte den Konferenzstart um einige Minuten und einige Besucher erreichten das IFZ erst mit einer 1.5 stündigen Verspätung – glücklicherweise unversehrt. Dieser Zwischenfall war zwar unschön, passte aber bestens zum Thema des Tages: Umgang mit Unvorhergesehenem.
Die Konferenz eröffnete Prof. Dr. Stefan Hunziker. Er stellte die erste Enterprise Risk Management Studie zum Risikomanagement in Schweizer Unternehmen vor. Die Studie analysiert den aktuellen Stand des Risikomanagements anhand des COSO Frameworks «Enterprise Risk Management – Aligning Risk with Strategy and Performance». Die Auswertungen zeigten, dass besonders viele Unternehmen Nachholbedarf bei der Dokumentation ihrer Risikopolitik und ihres Verhaltens- und Ethikkodex haben. Problematisch ist dies, da mit der Risikopolitik die Grundsätze festgehalten werden, wie Risiken identifiziert, bewertet und gesteuert werden. Fehlt ein solches Dokument, fehlt eine wichtige Grundlage für das Risikomanagement. Alle weiteren Resultate und Zugang zur gesamten Studie finden sie hier.
Frank Romeike (Geschäftsführender Gesellschafter RiskNet GmbH) stellte die Frage in den Raum, ob dem Risikomanager ebenfalls das Schicksal der Kassandra drohe. Kassandra warnte die Bürger von Troja vor dem geschenkten Holzpferd der Griechen (trojanisches Pferd) und sah die Niederlage ihres Volkes im Kriege voraus. Jedoch schenkte ihr niemand Glaube und Troja ging unter. Heute dominiert gemäss Romeike in der Praxis eine regulatorisch motivierte Risikobuchhaltung, bei der die Verknüpfung von Unternehmensstrategie und dem Risiko-/Chancenmanagement mangelhaft ist. Die relevanten Risikoinformationen fliessen daher nicht in die Unternehmenssteuerung und das Management entscheidet häufig lediglich aufgrund ihrer Intuition. Dies ist problematisch, da die kognitiven Leistungen in komplexen, vernetzten und dynamischen Handlungssituationen fehleranfällig sind.
Empirisch betrachtet werden Unternehmen primär durch strategische Risiken bedroht. Romeike stellt daher in Frage, ob sich die Risikomanager tatsächlich mit den wesentlichen Risiken beschäftigen und ausreichend aus der Zukunft lernen oder lediglich in die Vergangenheit blicken. Häufig dominieren bei den Risikomanagement-Methoden fragwürdige «Voodoo-Ansätze», die dem Steuern zunehmender Unsicherheiten (geopolitische Risiken, Cyberrisiken, etc.) nicht gewachsen sind.
Um nicht dem gleichen Schicksal wie Kassandra zu verfallen, ist für den Risikomanager in Zukunft entscheidend, seine persönlichen und sozialkommunikativen Kompetenzen zu stärken. Er muss als 2nd Line of Defence die Organisation unterstützen, indem er seine persönliche Werkzeugkiste neu befüllt und sich fundierte Methoden (bspw. deterministische/stochastische Szenarioanalyse, Business Wargaming, Simulationsverfahren, Bandbreitenplanung, etc.) aneignet. Zudem sollen Risikomanager die verschiedenen Inseln (Risiko, IKS, Compliance, etc.) aufeinander abstimmen und ein Enterprise Risk Management schaffen. Durch die steigende Akzeptanz gegenüber dem Risikomanager entwickelt sich quasi automatisch eine angemessene Risikokultur.
Weitere spannende Eindrücke vom Summit gibt es in den kommenden Wochen auf dem SwissERM Blog.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren:
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.