4. Februar 2016

Rechnungslegung

Wird bei Syngenta die Buchhaltung zukünftig chinesisch?

Wird bei Syngenta die Buchhaltung zukünftig chinesisch?

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von Dr. Markus Gisler, Dozenten und Projektleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

Ein interessanter Nebenaspekt der am 3. Februar 2016 angekündigten Übernahme von Syngenta durch ChemChina ist der zukünftig anzuwendende Rechnungslegungsstandard. Syngenta schliesst seine öffentlich zugänglichen Konzernbücher gemäss den International Financial Reporting Standards (IFRS) ab. ChemChina ist als Staatskonzern verschlossen. Zahlen werden keine veröffentlicht. Nach welchem Rechnungslegungsstandard ChemChina abschliesst, ist nicht bekannt. Was bedeutet das für Syngentas Financial Controller? Müssen Sie bald chinesisch lernen, da künftig chinesische Rechnungslegungsstandards in Basel anzuwenden sind?

In China hat das Finanzministerium im Jahr 2006 die Accounting Standards for Business Enterprises (ASBE, „China GAAP“) in Kraft gesetzt, die sich an IFRS anlehnen. An chinesischen Börsen kotierte Unternehmen müssen diese ASBE anwenden. Ein Abschluss nach IFRS gemäss den Standards des International Accounting Standards Board (IASB) ist nicht erlaubt, im Unterschied zu den Börsenvorschriften von Hongkong.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Konzernleitung eines grossen, diversifizierten Konzerns wie ChemChina den Wert von Führungszahlen, die nach qualitativ hochstehenden Standards ermittelt werden, erkennt – selbst dann, wenn staatliche Vorschriften für den eigenen Abschluss weniger weitreichende Anforderungen stellen. Die Konzernleitung ist insbesondere interessiert, bei einer frisch akquirierten Unternehmensgruppe möglichst schnell einen zuverlässigen Einblick in die Vermögens-, Finanzierungs- und Ertragslage zu gewinnen. Ein Abschluss nach IFRS gewährt einen solchen Einblick aus Sicht eines zukunftsorientierten Investors. Freiwillig darauf zu verzichten, dürfte kaum im Sinne einer übernehmenden Unternehmung sein. Die Ankündigung von ChemChina, einen Teil der Syngenta Aktien später wieder an die Börse zurückzubringen, spricht ebenfalls dafür, das in der Vergangenheit aufgebaute Fachwissen und die IFRS Kompetenz des Agrokonzerns beizubehalten. Ebenso die Verpflichtung an der Pressekonferenz vom 3. Februar, „die höchsten Massstäbe der Corporate Governance einzuhalten“ (NZZ, 4.2.2016).

Die Vermutung liegt daher nahe, dass Syngenta weiterhin IFRS anwenden wird. Sicher nicht zu erwarten ist eine Umstellung auf Swiss GAAP FER. Mit diesem Standard kann ein chinesischer Besitzer nicht viel anfangen. Wegen der Divergenzen zwischen den China GAAP und den IFRS ist aber vorstellbar, dass die Controllingabteilung in Basel sich mit Eigenheiten der chinesischen Rechnungslegung auseinandersetzen muss, um die IFRS konformen Zahlen auf die ASBE überzuleiten. Zumindest in diesem Sinne werden die Controllerinnen und Controller in Basel chinesisch lernen müssen.

Ob Syngenta ihren Finanzbericht auch zukünftig publik machen wird, wie in der Vergangenheit, steht in den (chinesischen) Sternen. Falls die Aktien von der Börse genommen werden, besteht dazu in der Schweiz keine gesetzliche Verpflichtung mehr; diverse EU-Staaten sehen jedoch vor, dass grössenabhängig selektive Informationen pro Land offen gelegt werden müssen. Da ChemChina als Staatsbetrieb nicht zur Veröffentlichung der Konzernzahlen verpflichtet ist, reduziert die Akquisition die finanzielle und betriebliche Transparenz in der Agrochemie Branche und bei einem bedeutenden Unternehmen in der Region Basel. Dieser negative Aspekt von Übernahmen von börsenkotierten Unternehmen durch Staatsbetriebe würde es verdienen, auch auf politischer Ebene diskutiert zu werden.

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