5. Dezember 2018
von Prof. Dr. Stefan Hunziker, Leiter MAS/DAS Risk Management, Marcel Fallegger und Patrick Balmer, Wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ
Viele Schweizer Unternehmen sehen sich gemäss dem ERM Report 2018 von der Digitalisierung betroffen. Dementsprechend besteht für die Akteure ein Bedarf, das Geschäftsmodell sowie Dienstleistungen und Produkte anzupassen. Wichtig erscheint es in diesem Zusammenhang, die damit einhergehenden Risiken der digitalen Transformation nicht zu vernachlässigen.
Wie stark sind Schweizer Unternehmen, deren Branche sowie deren Geschäftsmodell von der Digitalisierung betroffen? Wie hoch schätzen sie die digitalen Transformationsrisiken ein und wie bereit sind sie, sich diesen künftigen Herausforderungen zu stellen? Um diese und weitere Fragen beantworten zu können, hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit SwissERM eine umfassende Praxiserhebung durchgeführt. Die entsprechenden Ergebnisse im ERM Report 2018 stützen sich auf Einschätzungen von 238 Führungskräften. Anhand der Datenbasis konnte eine vertiefte Analyse nach Unternehmensgrösse und Branchenzugehörigkeit realisiert werden.
Viele der Unternehmen, die an der Erhebung teilgenommen haben, gehen davon aus, sich in Zukunft mit einem digitalen Transformationsprozess konfrontiert zu sehen. Etwas mehr als drei Viertel nehmen an, dass sich ihre Branche aufgrund der Digitalisierung in den nächsten drei Jahren verändern wird. Zudem erwarten rund 45 % in den nächsten drei Jahren einen Wandel des eigenen Geschäftsmodells. In diesem Zusammenhang rechnet allerdings nur jedes fünfte Unternehmen mit neuen Marktteilnehmern aufgrund der Digitalisierung. Wenig überraschend sind dies in erster Linie Unternehmen aus den IT-lastigen Branchen Energieversorgung, Finanzdienstleistung und Technologie.
Inwieweit Schweizer Unternehmen für die digitale Transformation und damit einhergehende Risiken bereit sind, lässt sich aus dem Relevanz- und Risikobewusstsein oder der angemessenen Reaktion darauf ableiten (vgl. untenstehende Abbildung). So stimmen 62.6 % der Teilnehmenden eher oder voll zu, dass die eigene Unternehmensführung der digitalen Transformation eine sehr hohe Relevanz zuschreibt. Bei knapp 36 % der Unternehmen schätzt die Unternehmensführung die Risiken aus der digitalen Transformation als sehr hoch ein. Entgegengesetzt sind es 30.7 %, welche die dementsprechenden Risiken als nicht hoch bezeichnen.
Besonders bei kleinen (43.6 %) und mittelgrossen Unternehmen (35.9 %) werden die Risiken als weniger relevant beurteilt. Es ist in dieser Beziehung möglich, dass die jeweiligen Führungskräfte aufgrund der Überschaubarkeit der eigenen Märkte die Auswirkungen der Digitalisierung besser abzuschätzen wissen. Dies womöglich auch aus dem Grund, dass ihre Geschäftsmodelle weniger von der Digitalisierung betroffen sind und daher eine kleinere Angriffsfläche für Risiken bieten.
In diesem Zusammenhang positiv stimmt die Einschätzung der Führungskräfte, wonach 56.3 % die eigene Reaktion auf digitale Transformationsrisiken als angemessen beurteilen. Insbesondere bei sehr grossen Unternehmen kann mit einer Zustimmung (trifft eher oder voll zu) von 67.2 % auf eine fortschrittliche Risikoreaktion geschlossen werden. Während die Zustimmung zur sehr angemessenen Risikoreaktion von grossen (56.9 %) und kleinen Unternehmen (53.8 %) sich in etwa auf Durchschnittsniveau bewegt, weisen mittelgrosse Unternehmen eine um mehr als zehn Prozentpunkte tiefere Zustimmungsrate von 46.2 % auf.
Weshalb mehr als die Hälfte der Unternehmen in dieser Grössenkategorie erwähnenswerte Verbesserungen in der Risikoreaktion identifiziert, ist schwierig zu beurteilen. Neben fehlenden fachlichen und methodischen Kenntnissen könnte es durchaus sein, dass in mittelgrossen Unternehmen, wo eher wenige Ressourcen für Risk Management-Aufgaben zur Verfügung stehen, sich niemand für digitale Transformationsrisiken verantwortlich fühlt.
Kritisch muss die Transformationsbereitschaft in der Hinsicht beurteilt werden, dass nur gerade ein Drittel der Teilnehmenden angibt, dass die Mitarbeitenden die Zielsetzungen des eigenen Unternehmens in Bezug zur digitalen Transformation gut bzw. sehr gut kennen. Dies überrascht angesichts der hohen Relevanz der digitalen Transformation seitens der Unternehmensführung und kann ein Anzeichen für noch nicht konkret definierte Zielsetzungen und Umsetzungspläne darstellen. Genauso ist es denkbar, dass viele Unternehmen erst eine abwartende Rolle einnehmen, indem sie den Markt und Mitbewerber beobachten.
Dennoch lassen die obigen Ergebnisse auf eine relativ hohe Relevanz und Aktualität der Thematik innerhalb der Unternehmen schliessen. Insofern ist es wichtig, die vom Umfeld gestellten Herausforderungen aktiv anzugehen, um in Zukunft nicht mit gravierenden Konsequenzen in Form von eingetretenen Risiken konfrontiert zu werden.
Die obigen Ausführungen basieren auf dem ERM Report 2018 «Risiken der digitalen Transformation in Schweizer Unternehmen». Dieser kann hier kostenlos heruntergeladen werden. Weitere Ergebnisse mit interaktiven Filtermöglichkeiten stehen Ihnen über die folgende Seite zur Verfügung.
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