14. Februar 2019
Business Intelligence / Analytics,
von Prof. Dr. Stefan Hunziker, Professor für Enterprise Risk Management und Internal Control, und Marcel Fallegger, Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ
Fokussiert sich Ihr Unternehmen auf die richtigen Risiken? Und schätzen Ihre Entscheidungsträger diese so ein, wie sie in Wirklichkeit sind? Diese Fragen gehören zum modernen Enterprise Risk Management (ERM). Dessen Aktivitäten sind nämlich anfällig für kognitive und gruppenspezifische Verzerrungseffekte. Welche dieser Verzerrungen Risk Manager verstehen müssen und wie sich diese in der Praxis effektiv reduzieren lassen, diskutiert eine zehnteilige Blogserie.
Entscheidungsträger stützen sich bei Risikoabwägungen oft auf eine Kombination aus Daten, Wissen und Erfahrung. Ob bewusst oder nicht, verlässt sich unser Gehirn dabei auf unbewusste psychologische Vorurteile. Letztere beeinflussen die Risikobeurteilung und haben damit wesentliche Auswirkungen auf die Erstellung und Abschätzung von Risikoszenarien. Verzerrte Szenarien können dazu führen, dass suboptimale oder gar fatale Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden.
In der heutigen VUCA-Welt stellen solche Verzerrungseffekte, wenn sie nicht aktiv gesteuert werden, selbst ein Risiko für Unternehmen dar. Im Rahmen dieser Blogserie stellen wir 10 für das ERM zentrale kognitive und gruppenspezifische Verzerrungen dar. Im ersten Teil geht es um den Bestätigungsfehler.
Was wird unter dem Bestätigungsfehler verstanden?
Der Bestätigungsfehler, eine häufige kognitive Verzerrung, beschreibt die Neigung, Informationen auf der Grundlage einer früheren Annahme zu interpretieren, anstatt Daten für sich selbst sprechen zu lassen. Dies führt dazu, vor allem (Risiko-)Informationen auszuwählen und einzubeziehen, die bestehende Annahmen und Einschätzungen bestätigen. Die Verzerrung kann in unterschiedlicher Ausprägung und in verschiedenen Phasen des ERM-Prozesses auftreten.
Bei der Risikoidentifikation besteht die Gefahr, dass nur Faktoren berücksichtigt werden, die eine erste Vorauswahl bestätigen. So können z. B. Cyberrisiken aufgrund der hohen Medienpräsenz eine übergeordnete Relevanz einnehmen. Und das, obwohl gewisse Unternehmen nahezu keine Online-Präsenz haben und im Umgang mit dem Internet bereits gut geschult sind. Der Bestätigungsfehler kann aber auch bei der Risikoanalyse und -quantifizierung auftreten. Beispielsweise werden nach einer ersten Bewertung vornehmlich Informationen zusammengetragen, die diese belegen. Eine aktive Suche nach Daten oder Expertenmeinungen, die gegen unsere erste Bewertung sprechen könnten, bleibt aus.
Wie lässt sich dem Bestätigungsfehler entgegenwirken?
Grundsätzlich ist es zu empfehlen, sich für wichtige Entscheidungen Zeit zu nehmen. Dabei hilft auch die Frage, was passieren könnte, wenn eine entgegengesetzte Entscheidung getroffen wird. Ein weiterer Ansatz besteht darin, bewusst Daten zu sammeln, die eine alternative Sichtweise auf spezifische Risikoszenarien stützen und sie dann mit den bestehenden Risikodaten zu vergleichen. Anschliessend können Risk Manager die Entscheidung anhand der umfassenderen Datengrundlage objektiv neu bewerten bzw. alternative Szenarien entwickeln.
Um die Bestätigungsverzerrung weiter zu reduzieren, sollten bei der Entscheidung über Risiken verschiedene Fachexperten zum gleichen Thema einbezogen werden. Beispielsweise lohnt es sich, für Wahrscheinlichkeitseinschätzungen das gleiche Risikoszenario von mehreren Experten unabhängig voneinander bewerten zu lassen. Auch ist es ratsam, den Zeitdruck von Teambesprechungen zu nehmen und sich intensiv mit Chance-Risiko-Entscheidungen zu befassen, die erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensziele haben.
Wo finde ich weitere Informationen zum Bestätigungsfehler?
Eine umfassende Auseinandersetzung mit den wichtigsten Verzerrungseffekten im Risk Management wird zudem im Lehrbuch Enterprise Risk Management – Balancing Risk and Reward von Prof. Dr. Stefan Hunziker im Herbst 2019 bei Springer Gabler erscheinen.
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