19. Dezember 2019
von Christian Bitterli, Dozent für Financial Accounting am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ
Käufe von Beteiligungen an einem Unternehmen müssen nicht immer in Form einer einzigen Transaktion erfolgen. Vielmehr ist auch ein schrittweiser Erwerb möglich. Interessant aus Sicht der Konsolidierungstechnik sind dabei all jene schrittweisen Erwerbe, welche «kritische» Schwellen überschreiten. Gemeint ist dabei z. B. der Übergang von der Finanzanlage zur assoziierten Gesellschaft. Damit verbunden ist der Gewinn an massgeblichem Einfluss auf die betreffende Gesellschaft. Diese muss in der Konzernbilanz dann als Beteiligung an assoziierter Gesellschaft geführt und mittels sog. Equity Accounting bewertetet werden. Der Übergang von der assoziierten Gesellschaft zur Tochtergesellschaft stellt eine weitere «kritische» Schwelle dar und ist entsprechend konsolidierungstechnisch interessant. In diesem Fall wird Kontrolle über das Unternehmen erlangt, entsprechend wird dieses Unternehmen zukünftig mittels Vollkonsolidierung in den Konzernabschluss einbezogen.
Aber auch eine Erhöhung der Beteiligungsquote an einer (bereits kontrollierten) Tochtergesellschaft kann interessante konsolidierungstechnische Aspekte enthalten. Ändert die Beteiligungsquote in einem Mutter-Tochterverhältnis und bleibt die Kontrolle über das Tochterunternehmen bestehen, so gilt dies grundsätzlich als Eigenkapitaltransaktion des Konzerns bzw. als eine Transaktion unter Aktionären. Diese Regelung zeigt, wie konsequent IFRS 10 die Einheitstheorie in der Konzernrechnungslegung umsetzt. Wird beim Kauf einer zusätzlichen Tranche ein Aufpreis (Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem abgehenden Minderheitenanteil) bezahlt, so erfolgt diese Verbuchung erfolgsneutral über die Kapitalreserven (Minderung). Damit ist der Vorgang – vergleichbar mit dem Erwerb eigener Aktien – als Kapitalrückzahlung zu interpretieren. Eine Verminderung der Beteiligungsquote (bei Beibehaltung der Kontrolle) mit einem Aufpreis (Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem zusätzlichen Minderheitenanteil) wird in die Kapitalreserven eingebucht und damit – vergleichbar der Ausgabe eigener Aktien – als Agio und somit als Aufnahme von neuem Eigenkapital interpretiert.
Die beiden ersten Fälle («Finanzanlage zu assoziierter Gesellschaft» und «assoziierte Gesellschaft zu Tochtergesellschaft») sind grundsätzlich unter IFRS 3 (und IFRS 9) geregelt. Für den dritten Fall (Erhöhung der Beteiligungsquote an einer Tochtergesellschaft) findet man die entsprechenden Vorschriften unter IFRS 10 (10.23), da dieser Vorgang nur bei einem Mutter-Tochter-Verhältnis möglich ist.
Als wichtiges Learning aus den obigen kurzen Ausführungen ist festzuhalten: Eine Beteiligungsquote an einem anderen Unternehmen sollte nicht ohne genaue Analyse der möglichen konsolidierungstechnischen Konsequenzen geändert werden. Unter Umständen kann eine Veränderung der Beteiligungsquote eine Änderung der Konsolidierungsmethode mit sich ziehen. Dies wiederum kann möglicherweise eine ganze Reihe verschiedener zeit- und arbeitsintensiver Schritte zur Folge haben. Die Ausführungen haben aber auch gezeigt, dass mit der Veränderung der Beteiligungsquote in einem Mutter-Tochter-Verhältnis bilanzanalytische Auswirkungen verknüpft sein können. Eine Erhöhung der Beteiligungsquote (die als Eigenkapitalrückzahlung angeschaut und entsprechend verbucht wird) kann die Eigenkapitalquote des Konzerns senken, was sich möglicherweise negativ auf das Rating der Unternehmensgruppe auswirken kann.
Im Artikel «Stufenweiser Erwerb nach IFRS» in der Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung (Heft-Nr. 12) werden die angesprochenen Sachverhalte diskutiert und mit gut verständlichen Rechenbeispielen erläutert. Wer also mehr darüber erfahren möchte, findet dort alles Wissenswerte.
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen ein Unternehmen aus dem Konsolidierungskreis eines Konzerns ausscheidet. In diesem Fall spricht man von einer Entkonsolidierung. Was die Anlässe solcher Entkonsolidierungen sind, per wann sie zu erfolgen haben und wie das Konzernergebnis aus der Entkonsolidierung zu ermitteln ist, ist eines der Themen an der nächsten «Konferenz Konzernrechnung 2020». Nebst dem Thema der Entkonsolidierung werden an der Veranstaltung weitere aktuelle Herausforderungen im Rahmen der Konsolidierung und Konzernberichterstattung präsentiert und diskutiert.
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