13. September 2023
Reputationsverlust, beträchtliche Bussgeldsummen oder hohe Schadensersatzforderungen: Compliance-Verstösse können folgenschwere Auswirkungen für Unternehmen haben. Insbesondere bei grenzüberschreitenden konzerninternen Untersuchungen ist es eine besondere thematische und ebenso organisatorische Herausforderung für alle Beteiligten im Unternehmen, darauf angemessen zu reagieren und die erforderlichen diesbezüglichen Aktivitäten zu koordinieren. Das Thema Investigations ist dabei ein integraler Bestandteil eines wirksamen Compliance-Management-Systems, um Fehlverhalten frühzeitig zu erkennen, aufarbeiten und unverzüglich beenden zu können, bevor es zu gravierenden Konsequenzen für das Unternehmen kommen kann. Über das Handling interner Cross-Border Compliance Investigations wird Dr. Regina Hörmanseder, Expertin für Corporate Compliance, im Zuge der Integrity Europe Konferenz referieren.
In erster Linie möchte ich die Komplexität einer solchen Cross-Border Investigation aufzeigen – das geht von der Pflicht zur Aufklärung von Verdachtsfällen, über Whistleblower-Schutz/Unschuldsvermutung, bis hin zu arbeitsrechtlichen Folgen und Kommunikation sowie Reaktionsmöglichkeiten und interner Prävention – und auf die damit einhergehenden möglichen Fallstricke hinweisen. Im gleichen Atemzug muss natürlich auch auf die Relevanz eines Whistleblower-Systems und mögliche Handlungsempfehlungen eingegangen werden.
Bei internen Untersuchungen ist es essenziell, eine sichere Umgebung und Vertrauensbasis zu schaffen. Das gilt sowohl bei Ermittlungen, die persönlich vor Ort stattfinden, als auch bei solchen, die mithilfe von digitalen Besprechungstools und zur Verfügung stehenden lokalen, internen und externen Ressourcen remote durchgeführt werden (müssen) – ganz speziell im Hinblick auf eine auditsichere Dokumentation sowie unter Berücksichtigung aller datenschutzrechtlichen Erfordernisse.
Bei einer Untersuchung handelt es sich in erster Linie um einen Fact-Finding-Prozess. Es muss vollständig und glaubwürdig ermittelt werden, was in Bezug auf einen bestimmten Vorfall passiert ist, ob ein verdächtiges Verhalten stattgefunden hat, wie die Umstände waren, wer beteiligt war, ob ein Verstoss gegen Unternehmensrichtlinien oder Gesetze vorliegt (Selbstanzeigepflicht). Eine Untersuchung muss als gründlich, unabhängig und analytisch wahrgenommen werden. Zudem ist ein wesentlicher Aspekt interner grenzüberschreitender Befragungen die Berücksichtigung etwaiger kultureller Unterschiede, denn jeder Interviewpartner bringt seine eigene, einzigartige kulturelle Perspektive und Interpretation der Fakten in ein Interview ein.
Indem wir den kulturellen Hintergrund aller Befragten respektvoll und verständnisvoll berücksichtigen und auf sie eingehen, können wir sicherstellen, dass sie vollständig verstanden werden, die Interviews produktiver und fairer sind und zu einer effektiveren Sachverhaltsermittlung führen.
Die grössten Fallstricke für Geschäftsverantwortliche und für die mit den Untersuchungen betrauten Mitarbeitenden sind, dass die arbeits- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden.
Demzufolge ist meine Empfehlung, bei Unsicherheiten, lokale Fachanwälte zu konsultieren.
Die Komplexität von Compliance Investigations steigt, sobald die Untersuchung über Ländergrenzen hinaus geht. Daher ist es von Vorteil, einen standardisierten bzw. schriftlich definierten Investigationsprozess in einer Organisation zu implementieren. Mit einem definierten Fahrplan kann diese Komplexität erfasst und eventuell daraus resultierende Risiken minimiert werden, insbesondere wenn in einem Unternehmen mehrere Personen auf zentraler und dezentraler Ebene Untersuchungen durchführen.
Dr. Regina Hörmanseder, LL. M., ist als Global Compliance Officer & Head of Compliance bei Primetals Technologies (ein Konzernunternehmen von Mitsubishi Heavy Industries) tätig und arbeitet seit 2008 im Bereich Compliance. Sie hat Rechts- und Wirtschaftswissenschaften studiert und absolvierte einen Masterlehrgang Compliance. Sie hat langjährige Erfahrung mit der praktischen Umsetzung von Compliance-Management-Systemen in Europa, Asien, Nord- und Südamerika. Wesentliche Bereiche sind dabei Durchführung von Risikoanalysen, Schulungen, Kontrollen, Audits, Due Diligence in M&A bzw. bei Geschäftspartnern, interne Untersuchungen, Entwicklung von Compliance-Kultur und Compliance-Kommunikation.
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