26. Juni 2024

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Globale Unternehmensverantwortung: Zwischen Ökonomie, Ethik und ökologischen Herausforderungen

Globale Unternehmensverantwortung: Zwischen Ökonomie, Ethik und ökologischen Herausforderungen

Die Herausforderungen für Unternehmen sind heute vielschichtiger denn je: Globalisierung und politische Spannungen erzeugen ein dynamisches Umfeld, während ökologische Veränderungen eine nachhaltige Wirtschaftsgestaltung unumgänglich machen. Der Fokus muss auf umfassender Verantwortung liegen, die wirtschaftliche, soziale, und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Antonio Hautle, Executive Director bei UN Global Compact Network Switzerland & Liechtenstein, zeigt seine Perspektive auf diese Entwicklungen auf und spricht über seinen Einsatz für ein ethisch fundiertes und zukunftsfähiges Wirtschaftssystem.

Antonio Hautle, Executive Director bei UN Global Compact Network Switzerland & Liechtenstein

Was ist dein Hauptanliegen im Kontext der Globalen Governance von Unternehmen?

Unternehmen stehen vermehrt in einem spannungsvollen Umfeld. Die Globalisierung stösst politisch an Grenzen und die Tendenzen zu Marktabschottungen sind unverkennbar. Ich frage mich, ob dies nur kurzfristige Veränderungen sind oder ein geistesgeschichtlicher Wendepunkt. Die ökologischen Veränderungen hingegen sind unübersehbar geworden. Schon in den 1980er Jahren war klar, dass wir bzw. unsere Kinder und Kindeskinder vor Herausforderungen stehen werden, die wir ihnen aufbürden. Vor diesem Hintergrund beschäftige ich mich seit Jahren mit der ethischen Verantwortung von Unternehmen, Investoren, insbesondere aber auch von Managern.

Eine kurzfristige und einseitige Sicht auf ROI, Profitabilität und Wachstum ist in meiner Wahrnehmung eine der grössten Herausforderungen der regionalen und globalen Wirtschaft und damit auch der politischen Akteure. Wachstum wie in den vergangenen 250 Jahren ist zwar für uns «Reiche» vielversprechend und bequem. Wir wissen aber, dass dies nicht nachhaltig ist und wir in immer schnellerem Tempo die Grundlagen übernutzen und damit zerstören, die uns Menschen ein menschenwürdiges Dasein auf diesem Planeten erlauben. Die Erde braucht uns nicht, aber wir brauchen die Erde.

Keine nachhaltige Zukunft und Entwicklung ohne umfassende ökonomisch-politisch-kulturelle Verantwortung. Wirkliche Verantwortung ist ökologisch-ökonomisch-sozial-kulturell nachhaltig. Aus diesem Grund greift für mich der «Nachhaltigkeitsdiskurs» zu kurz – Verantwortung für umfassende, mehrfache Verantwortung ist Ziel und Auftrag an uns, zum Wohl unserer Urgrosskinder.

Prinzipienbasiertes, verantwortliches Management sowie politische Regierung werden über die Zukunft wesentlich mitentscheiden. Dazu braucht es den Blick aufs Ganze.

Global Governance ist nicht nur herausfordernd und wichtig, sie wird wesentlich mitentscheiden, wie die lokale, regionale und globale Entwicklung des Planeten und des Ökosystems vonstattengehen wird. Wichtig dabei: der Mensch ist Teil dieses Ökosystems, darum spreche ich lieber von Mitwelt, nicht von Umwelt – wir sind definitiv nicht das Zentrum des Universums, sondern nur ein Staubkorn.

Welche Stationen haben zu deiner jetzigen Rolle als Excecutive Director bei UNGC geführt?

Ich habe mich schon als Jugendlicher für Kultur, Religion und für die Frage der Gerechtigkeit interessiert. In meinem Theologiestudium in Fribourg, Jerusalem und Rom und in meinem späteren beruflichen Engagement in Südamerika, Afrika und Südostasien bin ich immer wieder auf die Frage gestossen: Wie können wir ein Wirtschaftssystem entwickeln, das dem Menschen dient, das Gerechtigkeit und Friede ermöglicht und dabei die Mitwelt (aus theologischer Perspektive die Schöpfung) nicht ausbeutet und zerstört.

Die ökonomischen Studien in St. Gallen und Genf haben mich in die Welt der politischen Ökonomie und des Managements eingeführt. Als Chef des Fastenopfers habe ich mich dann intensiv mit Entwicklungsökonomie beschäftigt. Und da ich mit gut fünfzig Jahren noch etwas Neues tun wollte, war die Stelle als Geschäftsführer des UN Global Compact Networks Schweiz & Liechtenstein ein Geschenk. Schon in meiner Lizentiatsarbeit beschäftigte ich mit der Verantwortung von Unternehmen. Heute habe ich das Privileg, Firmen in ihren Bemühungen zu mehr Verantwortung und Nachhaltigkeit zu unterstützen, sie aber auch zu hinterfragen und oft auch zu coachen.

Das UN Global Compact-Umfeld ist für mich produktiv – wir sind als Country Network eine selbständige Wirtschaftsvereinigung mit einem Vertrag mit dem UN Global Compact New York und daher viel weniger bürokratisch. Das gibt uns die Möglichkeit, zusammen mit unseren Mitgliedern (mehrheitlich Firmen aller Grössen) nach innovativen Wegen zu suchen, um nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Welches sind aus Deiner Sicht die grössten Herausforderungen für Unternehmen im aktuellen und zukünftigen globalen Umfeld?

Die Anforderungen steigen durch die Regulierungen markant. Das ist an sich gut, wir müssen aber schauen, dass wir die Regulierung nicht überschiessen, weil sie dann innovationshemmend wirken kann. CSRD, CSDDD etc. stellen hohe Anforderungen und gerade Mittelständler werden sich nun rasch bewegen müssen.

Zudem werden die politischen Verwerfungen immer stärker in den Märkten spürbar und Unternehmen müssen damit umgehen. Die Schweizer Unternehmen haben sich bisher immer als sehr agil und anpassungsfähig gezeigt und ich bin zuversichtlich, dass das auch in Zukunft so sein wird – wenn wir uns anstrengen und nicht zu bequem werden.

Auch die ökologischen Veränderungen nehmen exponentiell zu, Stichworte Klimawandel und Biodiversitätsverlust. Die wirtschaftliche Tätigkeit ist dabei ein wesentlicher Treiber. Hier sind wir alle sehr gefordert, aber auch betroffen. Wasser wird eine der ganz grossen Ressourcenfragen wegen, neben Ressourcenhunger, den die Anpassung an eine nachhaltige Infrastruktur etc. hervorruft (vgl. Kupfer für Elektromobilität) aber auch der Energieverbrauch – Stichwort AI / Internet etc., die einen exponentiellen Energieverbrauch verursachen.

Welche Botschaft möchtest du an der Integrity Europe 2024 vermitteln?

Wir Menschen können Verantwortung übernehmen und unseren Beitrag für eine gute, menschenwürdige Zukunft der nächsten Generationen leisten. Die Real- und Finanzwirtschaft sind mitunter die grössten Wertschöpfer und tragen somit eine wesentliche Verantwortung. Aber wir können das nur gemeinsam leisten – so let’s do it!

Wir freuen uns, Antonio Hautle als Keynote Speaker der Integrity Europe 2024 begrüssen zu dürfen. Diskutieren Sie mit ihm über nachhaltige Unternehmensverantwortung und die zukünftigen Herausforderungen in der globalen Wirtschaft.

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