13. September 2013

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IFZ in den Medien

Twitter goes public

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von Prof. Dr. Maurice Pedergnana
Dozent und Studienleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

Twitter plant seinen Börsengang. Der amerikanische Kurznachrichtendienst reichte gestern bei der Börsenaufsicht SEC einen vertraulichen Antrag auf Neuemission ein. Für die Technologiebranche bedeutet dies wohl das wichtigste Ereignis seit dem Börsengang von Facebook. Twitter hat sich rund um den Globus zu einem häufig eingesetzten Kommunikationsmittel entwickelt.  Twitter wird von Privatpersonen, Organisationen, Unternehmen und Massenmedien als Plattform zur Verbreitung von kurzen Textnachrichten (Tweets) im Internet genutzt. Private Investoren bewerten Twitter mit mehr als USD 10 Mrd.

Prof. Dr. Maurice Pedergnana erläutert im Interview mit dem Tagesanzeiger online, wie ein Debakel wie beim Facebook-Börsengang verhindert werden kann und wieviel die Banken verdienen werden.

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Tagesanzeiger: Twitter will jetzt auch an die Börse. Ist das Umfeld für Börsengänge momentan besonders gut?

Ja. Viele amerikanische Kunden haben bislang ein überraschend gutes Börsenjahr erfahren. Die Bewertungen liegen hoch, insbesondere für Unternehmen, die eine ganze Branche aufwühlen könnten. Dazu zählen nicht nur Amazon und Facebook, deren Bewertungen astronomisch sind. Das gilt auch für andere Unternehmen wie Gilead, ein Biotechkonzern, oder Tesla Motors, den jungen Elektroautomobilhersteller, der immer noch Verluste schreibt. Aufgrund von hohen Zukunftserwartungen erfahren solche Firmen eine unglaublich hohe Bewertung.

Tagesanzeiger: Über einen Börsengang von Twitter wurde schon länger spekuliert. Wieso geht Twitter gerade jetzt an die Börse?

Eine wichtige Rolle spielen die bisherigen Eigentümer, wie etwa die Beteiligungsgesellschaft Black Rock. Diese Firmen sind auf regelmässige Börsengänge ihrer Beteiligungen angewiesen, um eine entsprechende Rendite zu erzielen. Lukrativ ist der Börsengang zudem für die Investmentbanken. Ihnen kommt ein Börsengang stark entgegen, weil ein solcher sehr einträglich ist. Je nachdem, wie viele Aktien Twitter an die Börse bringt, rechne ich mit Einnahmen für die beteiligten Banken zwischen 50 und 250 Millionen Dollar.

Tagesanzeiger: Gelingt der Börsengang von Twitter, ist dann mit einer Welle weiterer IPOs im Technologiesektor zu rechnen?

Das wäre sicher ein positives Signal für viele Jungunternehmen. Allerdings müssen sich diese auch immer die Frage stellen, ob für sie der Verkauf an ein grösseres Unternehmen oder ein Börsengang der bessere Weg ist. Denn an Käufern fehlt es nicht. Viele Technologiekonzerne wie Google, Microsoft oder Cisco tätigen jährlich 30 bis 60 Übernahmen, darunter sind viele Jungunternehmen. Rund 90 Prozent der Start-ups werden übernommen und gehen nicht an die Börse.

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Tagesanzeiger: Der Facebook-Börsengang geriet zu einem Debakel, was muss Twitter tun, um dies zu verhindern?

Facebook hat im Vorfeld des Börsengangs zu grosse Versprechungen gemacht. Twitter sollte deshalb bei der Bewertung des Unternehmens zurückhaltender sein. Wichtig wäre auch, dass sich das Management und wichtige Aktionäre verpflichten, mit einem gewissen Teil einige Jahre weiterhin investiert zu bleiben. Das wäre ein starkes Signal, um zu zeigen, dass die Unternehmensleitung und wichtige Investoren an den langfristigen Erfolg der Firma glauben.

Tagesanzeiger: Twitter hat bei der Börsenaufsicht SEC einen vertraulichen Antrag für den Börsengang eingereicht. Was ist der Vorteil dieses Vorgehens?

Twitter muss so in einem ersten Schritt keine konkreten Zahlen wie Umsatz oder Gewinnprognosen vorlegen. Dies wird erst drei Wochen vor dem Börsengang nötig. So kann man mit wichtigen Anlegern wie Pensionskassen vertrauliche Gespräche führen, und damit das Interesse an einem Börsengang besser abschätzen. Würde Twitter feststellen, dass das Interesse gering ist, liesse sich der Börsengang auch absagen.

Tagesanzeiger: Was könnte denn bis zum Börsengang noch passieren, dass dieser noch abgesagt wird?

Wenn es in den nächsten Monaten nicht zu einem markanter Konjunktureinbruch kommt, sehe ich eigentlich keine Hürden für Twitter. Die Investorengemeinde für solche Firmen ist gross genug. Viele Fonds, die in Jungunternehmen investieren, können gar keine neuen Kunden mehr aufnehmen. Diesen bleibt dann nur die Möglichkeit, beim IPO oder gleich danach in fantasievolle Jungunternehmen zu investieren.

Tagesanzeiger: Rechnen Sie mit einem ähnlichen Ansturm wie bei Facebook?

Ich rechne insgesamt mit einer tieferen Nachfrage, vor allem ausserhalb der USA. Das Geschäftsmodell von Twitter ist etwas anspruchsvoller, der Zusammenbruch nach dem Börsengang von Facebook hat auch einige Anleger erschreckt.

 

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